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Der Kuss des Morgenlichts

Der Kuss des Morgenlichts

Titel: Der Kuss des Morgenlichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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es mir gedacht hatte.
    Die Stimme war undeutlich. Zunächst hörte ich nur, dass er redete, nicht, was genau er sagte, nach etwa 45 Sekunden gab es wieder ein Rauschen, dann nichts mehr – entweder, weil ich zu diesem Zeitpunkt zurückgekommen oder der Speicher des Handys voll gewesen war.
    Ich spielte die Aufnahme wieder und wieder ab, versuchte mich auf jedes Wort zu konzentrieren, kramte schließlich im Handschuhfach nach einem Kugelschreiber, um die wenigen Worte, die ich verstand, auf der Rückseite eines alten, zerknüllten Kassenbons, der zufällig im Auto lag, aufzuschreiben. Nach dreimaligem Hören glaubte ich den Inhalt des Gesprächs zumindest in groben Zügen erfasst zu haben.
    »Natürlich … sie gehen lassen. Was … denn … sollen? Aufhalten? Alles sagen müssen … nein, nein, … nicht begleiten … glaube ich nicht!«
    Nachdenklich las ich wieder und wieder mein eigenes Gekritzel. Offenbar hatte Cara – ich war mir sicher, dass es nur sie sein konnte, mit der er sprach – ihn zur Rede gestellt, warum er mich einfach hatte gehen lassen.
    Dann kam ein Satz, den ich ganz verstand. »Er wird ihr noch nichts tun.«
    Meinte er Caspar von Kranichstein? War es möglich, dass er es auf mich abgesehen hatte?
    Mehrmals sah ich angestrengt aus dem Auto. Einmal hatte ich das Gefühl, dass jemand darum herumschleichen würde, aber als ich die Scheinwerfer anmachte, sah ich nur eine Katze vorbeihuschen und mich mit ihren gelben Augen verschreckt anstarren.
    Wieder hörte ich mir das Gespräch an und konzentrierte mich diesmal auf die drei undeutlichen Sätze, bevor es abrupt abriss.
    »Kann … nicht sagen … nicht wissen … wer … sind … Felim … « Bei diesem letzten Wort atmete er heftig aus. Wahrscheinlich hätte ich es auch dann kaum verstanden, wenn das Rauschen der Aufnahme nicht so störend gewesen wäre. Es musste ein bedeutungsvolles Wort sein, dachte ich, sonst würde er nicht so tief seufzen.
    Felim. Vielleicht auch Filim.
    Ich hörte mir das Ende der Aufnahme noch drei Mal an, aber wurde nicht klüger daraus. Was meinte er? Vielleicht waren das die Sätze, die er hatte sagen wollen: Ich kann ihr die Wahrheit nicht sagen. Sie darf nicht wissen, wer wir sind. Wir sind Felim.
    Aber was bedeutete das Wort Felim?
    Schließlich legte ich das Handy auf den Beifahrersitz und fuhr zurück zur Villa.

    Als ich nach Hause kam, lag die Villa im Dunkeln. Nur durch das Küchenfenster drang ein schwacher Lichtschein. Cara hatte Aurora ins Bett gebracht und dort auf mich gewartet. Eine Teetasse stand vor ihr, doch sie war noch randvoll. Nervös rührte sie darin, als ich in die Küche trat. Ich konnte die drängenden Fragen beinahe hören, die ihr auf den Lippen brannten, aber sie beherrschte sich, und ich sagte nur knapp: »Du kannst jetzt gehen.«
    Sie erhob sich rasch. Als sie an mir vorbeiging, wich ich instinktiv vor ihr zurück. Ein mitfühlender Ausdruck trat in ihr Gesicht.
    »Sophie … «
    »Bitte! Geh einfach!«
    Sie gab nach. Ich hörte, wie sich ihre Schritte entfernten, dann, wie die Haustür zuschlug und der Motor ihres Autos aufheulte. Auch als es wieder völlig still war, blieb ich noch in der Küchentür stehen. Ich weiß nicht, wie lange ich dort verharrte, bevor ich kurz an Auroras Zimmertür lauschte und schließlich hoch ins Arbeitszimmer stieg. Ich machte kein Licht im Flur, um Aurora nicht aufzuwecken. Mit jedem Schritt, mit dem ich mich durch die Dunkelheit tastete, verstärkte sich das Gefühl, etwas Heimliches, Verbotenes zu tun.
    Als ich das Arbeitszimmer erreicht hatte, schloss ich die Tür hinter mir und schaltete den Laptop ein. Das Flimmern des Bildschirms schmerzte in meinen Augen. Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Modem mit lautem Knacken eine Verbindung zum Internet hergestellt hatte. Diese Verbindung hatte sich in den letzten Wochen als höchst wankelmütig erwiesen – manchmal konnte ich problemlos surfen und E-Mails verschicken, dann wieder konnte ich stundenlang keinen Kontakt zum World Wide Web bekommen.
    Heute funktionierte es tadellos. Ich öffnete die Startseite von Google und tippte zuerst das Wort Filim ein, dann, als ich auf kein aussagekräftiges Ergebnis stieß, Felim. Ich fand heraus, dass das ein Vorname war, jedoch nichts, was Nathans Worte irgendwie erklärte.
    Ich stützte mein Kinn auf die Hände und starrte nachdenklich auf den Bildschirm. Nach welchen Alternativen könnte ich suchen? Sollte ich mir die Aufnahme auf dem Handy noch einmal

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