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Der Kuss des Satyrs

Der Kuss des Satyrs

Titel: Der Kuss des Satyrs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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erzählte.
    Zum ersten Mal kam ihm der Gedanke, was es wirklich für sein Leben bedeuten würde, wenn er Kinder hätte. Bisher war der Gedanke an einen Erben etwas sehr Abstraktes geblieben. Jetzt wurde ihm bewusst, dass Kinder ihn anders fordern würden – als Vater. Er würde seinen Nachwuchs in einfachen Dingen leiten, so wie er jetzt Emma von dem wegführte, was ihr Angst bereitete. Und er würde seine Kinder auch in komplexeren Bereichen ihres Lebens unterstützen. Es war eine Aufgabe, auf die er sich freute.
    Als Emma Platz genommen hatte, kniete er sich vor sie.
    »Und jetzt erzähl noch einmal genau, was passiert ist.«
    »Ich hab ein Gespenst gesehen – das mit der Tiara.«
    Nick hockte sich ungläubig auf die Fersen. Das Kind hatte sich ganz offensichtlich von Lyons Geschichten Angst machen lassen.
    »Ich … ich hab’s gesehen«, jammerte Emma. »Es trug eine Halskette aus Rinde und eine Tiara aus Blättern im Haar.«
    Nick erstarrte. Sie beschrieb eine der Nachtdienstboten. Aber das war unmöglich! Sie konnte sie nicht sehen, wenn sie nicht auch einen Tropfen Blut aus der Anderwelt in den Adern hatte. Er musterte sie genau, konnte aber kein Anzeichen von Feenhaftigkeit an ihr erkennen. Hatte es unter ihren Vorfahren noch eine andere Verbindung zwischen den Welten gegeben?
    In diesem Augenblick trat Jane aus ihrem Zimmer. Ihre Wangen waren noch vom Schlaf gerötet, aber sie hatte sich einen Morgenmantel über das Nachthemd geworfen. Als sie Nick und Emma erblickte, eilte sie zu ihnen.
    Sie musterte ihn und bemerkte, dass er noch die Kleidung vom Vorabend trug. Er erkannte ihre Neugierde, wusste aber auch, dass sie es für anmaßend hielt, ihn nach seinem nächtlichen Verbleib zu fragen. Und er bot ihr keine Erklärung an.
    Emma sprang auf und rannte auf ihre Schwester zu, wollte sich ihr in die Arme werfen. Jane wich zurück.
    »Ich habe ein Gespenst gesehen, Jane. Erst dachte ich, es wäre Lyons kopflose Großmutter!« Emma schaute sich um, als wollte sie sichergehen, dass die Luft rein war, dann flüsterte sie: »Aber wenn sie es war, dann muss ich ihm erzählen, dass sie ihren Kopf gefunden hat!«
    »Ach, Emma. Könnte es vielleicht ein Traum gewesen sein?«
    »Nein, es war echt«, antwortete Emma. Sie kratzte sich am Knie. »Wenigstens hat es so ausgesehen.«
    Jane strich ihrer Schwester übers Haar und steckte ihre kastanienbraunen Locken, die sich aus dem Zopf gelöst hatten, hinters Ohr. »Könnte es vielleicht nur an Lyons Geschichten gelegen haben?«
    Emma zuckte zweifelnd mit den Schultern, dann erschauerte sie.
    »Komm, dir ist kalt. Du schläfst jetzt bei mir, ich beschütze dich vor allen Gespenstern«, sagte Jane. Sie erinnerte sich an Nick und fügte schnell hinzu: »Nur bis zum Aufstehen, meine ich.«
    Nick brachte sie zu Janes Zimmer, verabschiedete sich von den Schwestern, ging in sein eigenes Zimmer und nahm ein Bad. Er brauchte keinen Schlaf. Ein Satyr schöpfte Kraft durch die Ereignisse der Vollmondnacht.
    Während die anderen weiterschliefen, drehte er eine Runde über seinen Besitz. Am späten Vormittag kehrte er zurück; die Gäste seiner Frau waren im Aufbruch begriffen.
    »Aber ich habe gedacht, ihr wolltet ein paar Tage bleiben«, sagte Jane gerade zu Izabel. »Und Emma hierlassen, wenn ihr zu eurer Villa weiterreist.«
    »Das hast du versprochen!«, heulte Emma.
    »Und ich werde mein Versprechen halten, wenn die Zeit dafür gekommen ist.« Izabel zog sich Handschuhe über. »Aber ich wage nicht, dich hier zu lassen, solange du nicht etwas älter bist. Also wirklich! Lyons Gerede über Gespenster hat dich schon nach einer Nacht unter diesem Dach zu Tode geängstigt.«
    »Ich hatte keine Angst!«, protestierte Emma.
    »Sei still!«, schimpfte Izabel. »Such deine Sachen zusammen und steig in die Kutsche.«
    »Was ist der wahre Grund, weshalb du Emma nicht hierlässt?«, fragte Jane, als Emma gegangen war.
    Izabel schaute verstohlen. »Ein Mädchen ihres zarten Alters unter so vielen Junggesellen? Ihr Ruf muss tadellos sein, wenn sie eine gute Partie werden soll.«
    Jane zupfte Nick am Ärmel, als wollte sie ihn damit zum Sprechen bringen. Er legte eine Hand auf ihre und sah Janes Vater an. Signore Cova trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Nüchtern war er ein schwacher Mann. Die Tante war ganz offensichtlich diejenige, mit der die Angelegenheit zu verhandeln war.
    »Lasst Emma hier bei uns, und mein Reichtum wird dafür sorgen, dass sie eine gute Partie

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