Der Kuss des Satyrs
zögerte, was ihn neugierig werden ließ.
»Mein Vater behauptet, dass Frauen besser unwissend bleiben sollen«, erklärte sie. »Er glaubt, dass zu viel Wissen unseren Geist überfordert und unseren Körper unfruchtbar macht.«
Nick lehnte sich in seinem Sessel zurück, ein mitleidiges Lächeln umspielte seine hübschen Lippen. »Ich habe hinreichend Vertrauen in meine Fähigkeit, Kinder zu zeugen. Du hast freien Zugriff auf meine Bibliothek.«
Jane kämpfte gegen das schlechte Gewissen an, das sich immer dann einstellte, wenn das Gespräch auf Kinder kam, von denen sie wusste, dass sie sie nicht empfangen würde.
»Danke. Andere Ehemänner wären mit ihren Büchern nicht so freigebig.«
»Du kannst dich später richtig dafür bedanken«, sagte er. »Als Vorbereitung kannst du dir meine Sammlung von Erotika zu Gemüte führen.«
»Zu freundlich von dir«, sagte Jane, die sich weigerte zu erröten. »Aber ich glaube, ich halte mich erst einmal an deine Bände zur Botanik.«
»Vielleicht hättest du Interesse an meinen botanischen Erotika?«, schlug er vor.
Sie schaute überrascht. »So etwas gibt es?«
Er trat zur ihr und holte über ihrem Kopf ein schmales Bändchen aus dem Regal. »Sébastien Vaillant,
Sermo de structura florum
« stand in vergoldeten Lettern auf dem Buchrücken.
»Vaillants frühe Vergleiche zwischen der sexuellen Reproduktion von Pflanzen und der der menschlichen Spezies sollen Carl von Linné dazu gebracht haben, später genauere Vergleiche anzustellen«, erzählte er.
»Mir sind Linnés Theorien bekannt.«
»Dann weißt du auch, dass er Blumen sehr intim erforschte«, fuhr Nick fort. »Er hat sich Tausende von ihnen vorgenommen, um ihre Methoden, sich zu vermehren, herauszufinden. Er untersuchte ihre Sexualorgane – sowohl Stigmata als auch Stamen – und zog daraus Schlüsse über ihre sexuelle Vermehrung, die seine Zeitgenossen schockierten und anwiderten. Er behauptete sogar, dass harmlose Ringelblumen sich Konkubinen und Ehefrauen hielten.«
»Linnés Werk hat mich schon immer interessiert, aber ich gebe zu, dass mich überrascht, wie gut du dich damit auskennst. Sag, überfliegst du den Text auf der Suche nach anregenden sexuellen Hinweisen, oder widmest du dich ihm intensiv zum Wohl deiner Weinstöcke?«
Er grinste und legte das Buch beiseite. »Beides, um die Wahrheit zu sagen. Ich kann jedoch nicht das ganze Lob über den Inhalt meiner Bibliothek für mich reklamieren. Wie die meisten meiner Sammlungen wurde auch sie von meinen Vorfahren begonnen. Ich setze ihr Werk nur fort und füge, wenn ich kann, Stücke hinzu, die mich interessieren.«
»Aus familiärem Pflichtgefühl?«
»Das mag am Anfang eine Rolle gespielt haben, aber inzwischen ist das Sammeln zu einer Leidenschaft geworden.«
»Deine Sammelleidenschaft erstreckt sich auf viele verschiedene Gebiete. Glas, Töpferwaren, Kunstobjekte, Schwerter, Bücher.«
Er strich ihr liebkosend mit der Hand über den Rücken. »Ich genieße es, schöne und bemerkenswerte Dinge zu besitzen. Und ich habe das Glück, reich genug zu sein, um meinen Launen nachgehen zu können.«
Jane verschränkte die Arme über dem Buch und presste es an ihre Brust. »Hast du mich deshalb geheiratet? Um mich deiner Sammlung hinzuzufügen?«
Seine Hände hielten inne. »Wie bitte?«
»Ich habe den Eindruck, dass du einen freien Platz in deinem Museum hattest, den du mit der Aufschrift ›Ehefrau‹ versehen hast. Und dann bist du losgezogen, um ihn zu besetzen.«
»Auf eine gewisse Weise hast du recht. Aber nicht jede Frau hätte diesen Platz so überaus zufriedenstellend eingenommen. Von allen Dingen in meiner Sammlung bereitest du mir am meisten Lust.«
Warme Finger krabbelten ihre Wirbelsäule hinauf und spielten mit ihrem Haar.
Sie legte den Kopf schief und musterte ihn neugierig. »Lust. Du verwendest das Wort, um dich selbst vor jeglicher Gefühlsregung zu bewahren.«
Er ließ sie los. »Du wirst sentimental.«
»Und du bleibst bewusst distanziert.«
»Ich erinnere mich daran, dass wir uns in deinem Schlafzimmer regelmäßig sehr nahe kommen. Wir könnten uns sofort dorthin zurückziehen, falls ich deiner Erinnerung auf die Sprünge helfen soll.«
»Du versuchst, unser Liebesspiel als Sport zu deklarieren oder als irgendeine bedeutungslose körperliche Funktion, die dein Herz nicht berühren kann.«
Er warf ihr einen Blick zu, der ihre Gedanken bagatellisieren sollte. »Zwei Menschen können sich Lust verschaffen, ohne
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