Der Kuss des Verfemten
Bitterkeit angesammelt hatte. Doch jetzt brauchte er nichts mehr zu verstecken, nichts mehr zurückzuhalten. Mit ungeduldigen Fingern befreite er sie von dem letzten Hauch Stoff. Seine Blicke, seine Hände glitten über die sanfte Landschaft ihres Körpers. Dann regnete eine Flut schneller Küsse auf sie herab. Ihr Körper wand sich unter seinen Liebkosungen. Seine Lippen waren überall, und Isabella stieß eine Folge kleiner, lustvoller Schreie aus. Dann senkte er seine Lippen zwischen ihre Schenkel, und er hörte, wie sie scharf die Luft durch die Zähne sog. Sie fand es verwerflich – und herrlich! Nun war ihr auch klar, warum die Nonnen so ängstlich darum bemüht gewesen waren, die Berührungen an dieser Stelle als etwas Sündhaftes darzustellen. Nichts war so erregend und lustvoll, als seine Zunge dort zu spüren. Sie hatte ihre Beine um seinen Hals geschlungen, und der überraschte Laut, den sie eben noch von sich gegeben hatte, wandelte sich in ein leidenschaftliches, genussvolles Stöhnen.
Um seine Beherrschung war es endgültig geschehen. Seine Zunge wurde immer kühner und fordernder. Mein Gott, war sie ein lodernder Vulkan, bereit für ihn und all seine unstillbare Leidenschaft. Ihr Körper bäumte sich unter dieser süßen Folter auf. Seine Lippen wanderten wieder an ihrem Körper herauf, und als sich ihre Lippen vereinigten, vereinigten sich auch ihre Körper.
Isabellas tiefes, kehliges Aufstöhnen entfachte seine wilde Lust noch stärker, und er hielt sich nicht mehr zurück. Jetzt war er keineswegs mehr vorsichtig und behutsam. Ihre Hände krallten sich in seine Schultern und forderten ihn zu ekstatischer Erlösung, die nur er ihr schenken konnte. Als das großartige Gefühl der Erfüllung sie überrollte, schwanden ihr die Sinne. Er hielt sie umfangen und gab ihr den Schutz, den sie in diesem völlig schutzlosen Augenblick benötigte. Sie spürte aus einer weiten Ferne diese kraftvolle Umarmung und glaubte, sterben zu müssen. Eine weiche Wolke umhüllte sie, umschlungen stürzten beide durch die Unendlichkeit.
Martin fühlte eine warme Schwere durch seinen Körper fließen. Mit einem erlösten Keuchen fiel er zur Seite. Alle Kraft, aller Wille, alle Energie war aus seinem Körper geströmt und hatte sich in ihr ergossen. Für einen kurzen Augenblick sah er sich wieder durch den seltsamen Wald reiten, der nicht in dieser Welt war, und glaubte das Murmeln des Baches zu vernehmen. Alles in ihm strebte dem klaren Quell, dem heilenden Licht zu, und er sehnte sich nach den ihn berührenden Händen. Doch dann schwanden auch ihm die Sinne. Erschöpft fielen sie beide gleichzeitig in den Schlaf.
*
Lautlos öffneten sich die Türflügel, und eine dunkle Gestalt blieb im Türrahmen stehen. Tiefe Stille lag über der Burg, nur die regelmäßigen Atemzüge der beiden Jungvermählten waren zu hören.
De Cazeville betrachtete die Gesichter von Martin und Isabella. Eine sanfte Röte lag über ihrer Haut, ihre Züge waren entspannt und zufrieden. Eine geraume Weile blieb er neben dem Bett stehen. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, aber seine Augen registrierten jedes Detail. Für einen Moment beugte er sich über Martin und betrachtete die frischen Wunden unter den verrutschten Verbänden. Sie waren nicht gefährlich, und Martins gestärkter Körper würde sich selbst heilen.
De Cazeville richtete sich wieder auf, und sein Blick fiel auf Isabella. Ihr blondes Haar floss wie ein goldener Wasserfall über das seidene Kissen, ihre Lippen hielt sie leicht geöffnet, und sie lächelte im Schlaf. Er griff unter den Umhang und zog seinen Dolch hervor. Ihr Hals war schlank und schneeweiß wie bei einem Schwan. Er musste lächeln bei diesem Vergleich. Einen Schwan würde er niemals töten.
Isabella bewegte sich und schob dabei die leichte Decke von ihrem Körper. De Cazeville verharrte regungslos, doch Isabella schlief weiter. Er betrachtete ihren hell schimmernden Körper, die sanften Rundungen, die lässig verschlungenen Beine. Für einen Augenblick sah er eine andere Frau dort liegen, mit schwarzem Haar, verführerischen Kurven, pfirsichfarbener Haut. Er unterdrückte seinen harten Herzschlag und biss sich auf die Lippen. Ärgerlich über sich selbst packte er den Dolch fester und beugte sich zu Isabella herab. Etwas irritiert suchte er an ihrem Hals nach dem Schlüssel. Er war nicht mehr da!
Über einem Stuhl lagen ihre Kleider, in Eile darübergeworfen. Er riss den feinen Stoff hoch und tastete ihn durch. Doch
Weitere Kostenlose Bücher