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Der Kuss des Verfemten

Der Kuss des Verfemten

Titel: Der Kuss des Verfemten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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öffentlich! Dralle Mägde zeigten ihr üppiges Fleisch, klemmten sich in die für wesentlich zartere Körper genähten Kleider und Röcke.
    »Was ist denn das für ein seltsames Kleid?«, rief eine Magd und hielt lachend ein Unterhemd hoch.
    Martin nahm es ihr aus der Hand. »Da bekommst du deinen strammen Busen sowieso nicht hinein! Es ist ein Unterkleid, das man unter das Überkleid zieht.«
    »So ein Unsinn! Wieso soll man denn zwei Kleider anziehen? Es ist ja so dünn, dass es gar nicht wärmt!«
    »Das verstehst du nicht, Marthe! Das ist etwas für feine Damen, die aus Scham und Anstand etwas länger brauchen, um sich auszuziehen.«
    Die Magd lachte mit Martin um die Wette, bevor sie weiter in den Körben und Truhen wühlte.
    »Räumt dann alles in den Speicher«, befahl Martin und setzte sich auf die unterste Stufe der Stiege. Rudolf gesellte sich zu ihm. Er betrachtete sinnend das Unterkleid, das Martin immer noch in der Hand hielt.
    »Ich glaube, es waren doch zwei adlige Mädchen, diese angeblichen Nonnen.«
    »Weißt du etwas über sie?«, wollte Martin wissen.
    Rudolf hob die Schultern. »Nicht viel mehr als du. Die Blonde müsste etwa sechzehn Jahre alt gewesen sein, die andere vielleicht ein oder zwei Jahre älter.«
    »Ob es doch die Tochter des Herzogs war? Sie hätte das richtige Alter, um verheiratet zu werden.«
    »Das wäre möglich«, bestätigte Rudolf.
    »Und wenn es so ist, müsste auf der Burg des Herzogs bald ein großes Fest ausgerichtet werden.«
    Rudolf blickte seinen Freund durchdringend an. »Und? Was willst du damit andeuten?«
    Martin senkte den Kopf und starrte das Unterkleid an. »Nichts, gar nichts.«
    »Schlag es dir aus dem Kopf!«, rief Rudolf erregt. »Wenn dich nur eine der Wachen erkennt, bist du des Todes!«
    Martin erhob sich seufzend. »Du denkst weiter als ich, mein Freund. Glaubst du wirklich, eine Frau würde es schaffen, mir derart den Kopf zu verdrehen, dass ich ihn ganz verliere?« Er lachte spöttisch.
    Rudolf blieb ernst. »Für einen Augenblick habe ich es wirklich geglaubt«, erwiderte er.
    Martin knüllte das Hemd zusammen und warf es auf den Haufen zu den anderen Kleidungsstücken. Er klatschte in die Hände. »Räumt das Zeug weg, und dann lasst uns essen! Mal sehen, was Mutter Agnes gezaubert hat!«
    Die Küche befand sich in einer Ecke des Hofes unter einem provisorisch geflickten Schilfdach. Die Lebensmittel hatte Mutter Agnes in einen kleinen Raum nebenan eingeschlossen. Sie wusste, dass alle Hunger litten. Ein leerer Magen macht charakterlos.
    Martin hielt schnuppernd seine Nase über den Kessel, der über einer offenen Feuerstelle an einem eisernen Dreibein hing. »Das ist Klosterkost«, sagte er beiläufig.
    Mutter Agnes bekreuzigte sich. »Dafür leben sie aber ganz gut«, meinte sie. »Jedenfalls besser als wir.«
    Martin legte den Arm um die rundliche Bauersfrau. »Eines Tages werden auch wir wieder besser leben, Agnes. Das verspreche ich dir.«
    »Das braucht Ihr mir nicht zu versprechen, ich glaube daran. Mein Gunther soll nicht umsonst gestorben sein.« Für einen Augenblick wurde ihr Gesicht starr. Doch dann rührte sie wieder emsig in der Hafergrütze. »Sogar Leinöl war dabei«, sagte sie mit Stolz in der Stimme. »Probiert einmal die Honigplätzchen!« Sie schob eines der süßen Gebäckstücke in Martins Mund.
    »Hm, himmlisch!«, schwärmte Martin kauend.
    Sie begaben sich in das Haupthaus der Burg, das ebenerdig aus Lehm und Fachwerk gebaut und dessen Schilfdach löchrig wie ein Sieb war. Der Saal war ein schmuckloser, länglicher Raum, in dem sich nur eine grob gezimmerte lange Tafel mit Bänken befand. Die wenigen Stühle standen am Kopf der Tafel, der für die höherrangigen Bewohner reserviert war. Ansonsten war nicht genau ersichtlich, wer welchen Rang einnahm, da fast alle Männer in irgendwelche Lumpen und Rüstungsteile gekleidet waren, bunt zusammengewürfelt wie bei den Zigeunern. Lediglich Martin und Rudolf legten einen gewissen Wert auf ihre Kleidung, wenngleich auch diese bescheiden genug ausfiel. Es wurde getragen, was gerade erbeutet worden war.
    Die beiden Ritter und ihr wüster Haufe nahmen an der Tafel Platz, Mägde brachten das Essen herein und schenkten verdünnten Wein und Sauerbier in die Becher und Trinkhörner. Dann setzten auch sie sich, und alle stürzten sich wie gierige Wölfe auf die Köstlichkeiten.
    Martin spürte etwas zwischen seinen Beinen. Er stutzte. Hatte sich hier ein Hund eingeschlichen? Für faule

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