Der Kuss des Werwolfs - 1
Daphne« nannte. Sie hatte eine Unmenge feiner Löckchen gedreht und sie am Hinterkopf hochgesteckt. Ein Wasserfall blonder Locken ergoss sich über ihr Haupt.
Die beiden Frauen ließen Nola allein, als Kleid und Frisur perfekt saßen. Sie zupfte am Rock, der ihr fast bis zu den Füßen reichte. Bei der Arbeit im Savoy trug sie Röcke, die die Knie umspielten, privat überwiegend Hosen. Sie kam sich verkleidet vor, als sie sich im Spiegel betrachtete, musste aber zugeben, dass der hellblaue Stoff hervorragend mit ihrem blassen Teint harmonierte. Sie sah aus wie eine Prinzessin aus einem Märchen — wenn ihr als Kind jemand gesagt hätte, dass sie eines Tages ein solches Kleid tragen würde, hätte sie vor Freude gejuchzt. Bei Kostümfeiern hatte sie immer Prinzessin sein wollen, und ihre Mutter hatte ihr lange Kleider aus billigem Stoff und Flitter genäht. Gewaltsam schob sie den Gedanken an ihre Mutter beiseite, davon würde sie nur wieder verzweifeln. Lieber drehte sie sich, sodass der Rock sich wie eine Glocke um ihre Beine bauschte.
»Perfekt«, murmelte sie und drehte sich weiter und weiter, bis ihr schwindelig wurde. Schließlich ließ sie sich atemlos in einen der Sessel vor dem Kamin fallen.
Nola suchte Rhodry und fand ihn im Frühstückszimmer, wo er eine dicke Scheibe Braten verzehrte. Eugene saß ihm am Tisch gegenüber, ebenfalls mit einer Fleischportion beschäftigt. Sie begrüßte die beiden und wandte sich mit fester Stimme an den Earl of Shavick: »Rhodry, wir müssen reden.«
»Ich lasse euch allein.« Eugene stand auf.
Es kam ihr so vor, als zwinkerten er und Rhodry sich zu.
»Willst du nicht erst essen?«, fragte der Earl, als sie allein waren. »Das Kleid steht dir übrigens fantastisch, die Farbe passt sehr gut zu deinen Augen.«
»Das Kleid ist eines der Dinge, über die wir reden müssen. Fangen wir damit an. Amelia Hillier sagt, das sei das Kleid einer Lady, ich glaube aber, dass sie mir eines ihrer eigenen Kleider gebracht hat.«
»Wenn du mit ihr geredet hast wie jetzt mit mir, muss das arme Ding sich vor Verlegenheit gewunden haben.«
Nola fiel auf, dass er über die Sache mit dem Kleid kein Wort verloren hatte.
»Was ist mit dem Kleid?« Sie war nicht bereit, sich das Gespräch aus der Hand nehmen zu lassen.
Rhodry seufzte, als hätte sie ihn bei einer geheimen Schwäche ertappt. »Es ist für dich. Dalton hat bei mir die Erlaubnis eingeholt, aus deinen Räumen eines heraussuchen zu dürfen. Wahrscheinlich hat er es dann seine Tochter tun lassen. Sie als Frau weiß bestimmt besser als er, was dir steht.«
»Was heißt in meinen >Räumen« Nola war verblüfft, und das ließ sie ihren Vorsatz vergessen.
»Die Räume meiner Seelenpartnerin. Dort gibt es ein Ankleidezimmer voll damit. Kleider für jeden Anlass, in verschiedenen Farben und Moden.«
»Für mich? Meine Räume?« Ihre Verblüffung hielt an. »Wieso für mich?«
»Für meine Seelenpartnerin«, wiederholte er geduldig. »In den letzten zweihundert Jahren habe ich sie mir jeden Tag an meine Seite gewünscht. Ich habe immer gewusst, dass ich sie finden werde, und dass sie ihr Gepäck verloren haben wird. Alles sollte für sie vorbereitet sein.«
»Auf eine vage Idee hin hast du ein Zimmer voller Kleider angeschafft?«
»Zuerst waren es drei oder vier, vielleicht fünf, aber die Frauenmoden wechseln schneller als eine Katze Junge bekommt. Deshalb kamen im Laufe der Zeit immer mehr dazu.«
Das musste ihn ein Vermögen gekostet und Ähnlichkeit mit einem Kostümverleih haben. Sie würde ihre Räume und die Kleider gern sehen, vorher wollte sie aber andere Dinge geklärt haben. »Wenn ich angeblich deine Seelenpartnerin bin, warum hast du mich nicht in meinen Räumen untergebracht?«
»Dalton und Amelia haben dich ohne Bewusstsein gefunden und in ein Zimmer für Hausgäste gebracht. Sie wussten nicht, wer du bist. Ich hatte bisher keine Gelegenheit, dir deine Räume zu zeigen.« Er wandte ihr das Gesicht voll zu und zeigte ihr ein weiches, zärtliches Lächeln, das sie dahinschmelzen ließ. »Wenn du dich erinnerst: Du hast mich gestern aus dem Zimmer getrieben, bevor ich dir einen Rundgang durch Shavick Castle anbieten und dir die Räume der Hausherrin zeigen konnte. Beides können wir jetzt nachholen.« Er streckte ihr über dem Tisch die Hand hin.
Nola griff nicht zu. Sie wollte es gerne, aber eine Sache brannte in ihren Gedanken. Enttäuscht zog Rhodry die Hand zurück.
»Was ist zwischen dir und
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