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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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gebräuchlichen Sprachen sprechen und verstehen kann. Mach dir keine Sorgen, wir werden dich mit dem Notwendigsten ausstatten: mit Kleidern, Medizin, Essen und einem Bett. Du hast eine etwas üppigere Figur als ich, aber ich denke, ich habe ein paar Sachen, die dir passen könnten. Saber hat seit meiner Ankunft versucht, mich zu mästen.«
    »Das ist sehr nett von dir«, murmelte Alys dankbar. Sie mochte die Frau, auch wenn sie etwas selbstbewusster auftrat, als Alys es gewohnt war. Ihr Onkel hatte ein solches Verhalten bei seinen Dienstmägden nie geduldet; nach dem Tod seiner Frau hatte er nicht wieder geheiratet, und danach hatte er alle Menschen, auch Alys, wie Dienerschaft behandelt.
    Nach ihrer Bemerkung hörte Alys jedoch mehr als einen der Brüder vor unterdrücktem Lachen prusten. Sie verrenkte sich den Hals und blickte über ihre Schulter. Einige von ihnen hatten sich umgedreht und die Hände vor den Mund geschlagen. Nur einer lachte nicht. Ein Paar goldener Wolfsaugen ruhte unverwandt auf ihr, schien sie zu verschlingen.
    Die Glut, die in diesem Blick lag, erinnerte sie an die Hitze, die sie durchströmt hatte, als sie auf Wolfers Pferderücken am Strand entlanggaloppiert war.
     
    »Mmm. Einfach himmlisch.«
    »Ja, nicht wahr?« Kelly betrachtete die etwas jüngere Frau, die bis zur Nasenspitze im dampfenden Badewasser versunken war. Sie befanden sich im Westflügel, nicht weit von Wolfers Gemächern entfernt. Während der letzten Tage hatte Kelly ihrem Mann sämtliche Strophen des ˒Liedes der Söhne des Schicksals˓ entlockt. Sein Vers hatte sich weitgehend erfüllt, also blieben noch sieben Strophen übrig. Wenn das Alter maßgeblich war, war Wolfer als Nächster an der Reihe, einer Frau zu verfallen. Und wenn sie den Blick, den er der Frau in der Badewanne zugeworfen hatte, und sein Grollen angesichts der Umarmung, mit der sie seinen jüngsten Bruder bedacht hatte, richtig deutete … ja, Wolfer war eindeutig der Nächste, der sich verlieben würde.
    Oder vielleicht hat er das schon getan , dachte Kelly mit einem Anflug von Belustigung.
    Diese spezielle Raumflucht verfügte über eine kleine Kammer, in der man baden und sich umkleiden konnte und an deren Wänden sich Regale entlangzogen, eine weitere Tür führte zu einer Art Badezimmer mit fließendem Wasser, das die Kataner als ˒Abtrittkammer˓ bezeichneten. Ferner gab es eine Schlafkammer, die ein Bett, eine gepolsterte, geschnitzte Couch, einen Tisch, eine Garderobe und ein paar Bücherregale enthielt. Letztere waren momentan mit Krimskrams gefüllt, für den sie keinen besseren Platz gefunden hatte und die sie in einem anderen Raum der Burg würde unterbringen müssen, falls die neue Bewohnerin dieser Kammer keine Verwendung dafür hatte.
    »Erzähl mir doch, wie du die Brüder kennengelernt hast, Alys.«
    Alys tauchte lächelnd weit genug auf, um sprechen zu können. »Ich war drei Jahre alt. Meine Eltern sind von unserem Familienbesitz fortgezogen, weil mein ältester Onkel Broger – der, bei dem ich nach dem Tod meiner Eltern vor zehn Jahren leben musste – dort wohnte, und mein Vater kam mit ihm nicht aus, er mochte ihn nicht. Also zogen wir auf ein Freisassengut in der Nähe der Corvis-Ländereien, und eines Tages hatten meine Eltern mit dem Grafen und der Gräfin etwas Geschäftliches zu besprechen. Ich erinnere mich noch daran, dass ich im Hof herumgelaufen bin und mir alles angeschaut habe. Irgendwann einmal fiel ich hin, schlug mir das Knie auf und fing an zu weinen. Wolfer – er muss ungefähr acht gewesen sein – kam zufällig vorbei, hob mich auf, umarmte mich und ließ mich huckepack auf seinem Rücken reiten, um mich zu trösten. Und da wir so nah beieinander wohnten, zwei Meilen durch Wald und Wiesen, wenn man die Abkürzung nahm, und zehn Meilen über die Straßen, habe ich meine Eltern immer angebettelt, mich dorthin zu bringen, damit ich mit den Jungen spielen konnte, bis …«
    »Bis deine Eltern starben und du bei deinem Onkel leben musstest«, beendete Kelly ihren letzten Satz. Nachdem Alys genickt hatte, reichte sie ihr ein Töpfchen mit weicher Seife und ein kleines Frotteetuch.
    Alys beäugte den knubbeligen Stoff argwöhnisch, quiekte dann aber vor Entzücken, als sie sich damit abrieb.
    Kelly rechnete derweilen rasch nach. »Wenn Saber und Wolfer neunundzwanzig sind, dann bist du also vierundzwanzig?« Als Alys wiederum nickte, erwiderte Kelly: »Aha. Ich bin siebenundzwanzig, und ich sollte dich warnen. Ich lege

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