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Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Wolfes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Johnson
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… wie bin ich hierhergekommen? Warum liege ich auf dem Boden?«
    Flammende Röte stieg in Alys’ Wangen, ihre Augen weiteten sich, aber diesmal nicht aus Sorge. Einen Moment später wurden sie zu schmalen Schlitzen – sie wusste genau, wann ein Mann ihr etwas vormachte. Er hatte sie soeben zum ersten Mal geküsst, seit sie neugierige zwölf Jahre alt und er siebzehn gewesen war, und das war nur eine einzige flüchtige Berührung der Lippen gewesen – und jetzt leugnete er zu wissen, was er gerade eben getan hatte? »Du … ooh !«
    Sie versetzte ihm einen Stoß gegen die Brust, sodass er wieder rücklings zu Boden fiel, stand auf und stapfte buchstäblich über seinen Brustharnisch hinweg. Die Locken, die sich aus dem Zopf, den Wolfer während ihres kleinen Zwischenfalls in Unordnung gebracht hatte, gelöst hatten, tanzten erbost auf und ab.
    »Das hast du gut gemacht«, stellte Evanor gedehnt fest. Die fünf Worte bewirkten, dass sich Wolfer noch mehr wie ein Narr vorkam. »Keiner Frau gefällt es, so gekränkt zu werden. Wolfer – du hast keine Ahnung, wie man einer Frau den Hof macht, nicht wahr?«
    Wolfer setzte sich beschämt auf. »Ich mache ihr nicht den Hof!«
    Evanor kauerte sich neben ihn und hakte einen Finger unter das Armband, das zwischen Armschiene und Handschuh hervorlugte. »Warum hast du das dann die ganze Zeit hindurch getragen? Man könnte es als ˒Seidenschnur˓ interpretieren...«
    Wolfer fletschte grollend die Zähne. Evanor, der seinen Bruder kannte, zog die Hand rasch zurück. Wolfer umfasste sein Handgelenk und das Armband und starrte finster darauf hinab. »Das ist keine Seide! Und es ist keine Schnur! Nur geflochtenes Haar, das sie sich abgeschnitten und mir geschenkt hat. Als Freundin .«
    »Sie hat deinen Kuss aber nicht wie eine Freundin erwidert«, gab sein blonder Bruder zurück, dabei hockte er sich mit auf die Knie gestützten Unterarmen vor ihn hin. »Sie sieht dich auch ganz anders an als den Rest von uns. Und du siehst sie an, wie ich nie einen Freund eine Freundin habe ansehen sehen.«
    Evanor erhob sich und schaute auf ihn hinab. »Ihr beide seht euch an wie ein Mann und eine Frau, die sich füreinander interessieren. Schicksal ist Schicksal, Bruder. Und du bist als Nächster an der Reihe.«
    Ich hasse es, wenn er recht hat. Stöhnend sank Wolfer auf den Boden zurück und schloss die Augen. So entging ihm das kleine Lächeln, das um Evanors Mundwinkel spielte, das erste echte Lächeln seit der Entführung seines Zwillings. Wolfer blieb, wo er war, während sein Bruder über ihn hinwegtrat, die Halle durchquerte und sich dabei bei Jinga fragte, wie sein Leben so kompliziert hatte werden können.
     
    Während des Abendessens war Alys noch immer wütend auf Wolfer und blickte nicht ein Mal in seine Richtung. Sie lächelte sogar Rydan zu, der nur grunzte und sein Bestes tat, sie nicht zu beachten, während der Rest der Brüder auf ihren scheuen Charme reagierte. Aber ihn nahm sie einfach nicht zur Kenntnis. Und da er Spüldienst hatte, konnte Wolfer ihr nicht folgen, als sie direkt nach der Mahlzeit aufstand und den Raum verließ.
    Während er die Töpfe, Pfannen und Teller unsanft in das seifige, durch einen Zauber schneller reinigende Wasser in der größten Spüle tauchte, knurrte Wolfer vor sich hin. Koranen, der an der Reihe war, ihm zu helfen, hielt sich strikt in der Küche, räumte auf und betrat den Spülraum nur, wenn er seinem Bruder schmutzige Teller bringen musste. Wolfer war ganz offensichtlich nicht nach Gesellschaft zumute, da empfahl es sich, sich von ihm fernzuhalten.
    Der gläserne Wasserkrug zerbrach, als er ihn achtlos in die Spüle fallen ließ. Fluchend schloss Wolfer die Augen, konzentrierte sich und murmelte den Glas zusammensetzenden Spruch, den sie auf Geheiß ihrer Mutter alle hatten lernen müssen, als sie magische Fähigkeiten zu entwickeln begannen. Die Scherben sprangen aus dem Wasser heraus und fügten sich von selbst wieder zusammen, als der Zauber zu wirken begann.
    Lady Annia hatte selbst ein kleines Maß an Magie beherrscht, hauptsächlich haushaltsorientierte Fertigkeiten, aber sie hatte sich geweigert, sie einzusetzen, um Gegenstände zu reparieren, die ihre Söhne in Corvis Castle zerbrochen hatten, sondern ihre Söhne angelernt, sowie der älteste der Zwillinge erste magische Fähigkeiten erkennen ließ. Das hatte dazu geführt, dass nach und nach alle Brüder für das verantwortlich geworden waren, was sie angerichtet hatten. Als der

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