Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
schickt Trendonis weitere Wachleute her, die das Gelände überprüfen sollen?«, fragte Vivianne, während sich in ihrem Bauch ein Knoten aus Angst bildete.
Jordan half ihr, aus dem Fenster zu klettern. »Er muss Verdacht geschöpft haben. Er schickt ganze acht Schwadronen.«
Vivianne brach der Schweiß aus, als sie den hinteren Garten durchquerten. »Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
»Nicht viel. Vielleicht fünf Minuten.«
Vivianne zerbiss einen Fluch. »Wo entlang?«
»Ich weiß nicht. Ich kann nicht Gedanken lesen, wenn wir so schnell rennen. Komm weiter.«
Vivianne wandte sich nach rechts und hastete den Bürgersteig entlang. Ihre eigenen Schritte klangen ungeheuer laut in ihren Ohren. Ein Vorhang bewegte sich im zweiten Stock eines der Häuser, und jemand sah hinaus.
Hier draußen waren sie einfach zu verwundbar. »Wir müssen von der Straße wegkommen.«
»Ich weiß«, stimmte ihr Jordan zu.
Sie erreichten den Park und liefen weiter. Ein Pärchen, das Hand in Hand ging, blieb verblüfft stehen. Vivianne war sicher, dass sich die beiden an sie erinnern und die Wachleute hinter ihnen herschicken würden. Wenn sie nur kehrtmachen könnten! In dem Häuserblock gab es jedoch kein Versteck für sie.
»Können wir auf eine andere Ebene fliehen?«, fragte sie, während ihr Atem stoßweise ging – weniger aus Erschöpfung als aus Angst. Wenn Trendonis sie jetzt erwischte, war der Gral für sie verloren.
»Halt nach einer Liftstation Ausschau.«
Sie suchte nach den breiten Toren, durch die die Bewohner auf die gigantischen Plattformen treten konnten.
In ihrer Seite stach und brannte es, ihre Beine schmerzten ebenfalls, die Muskeln wollten sich nicht mehr entkrampfen.
Gib bloß nicht auf .
Hinter ihr drängten sie Sirenen und Suchscheinwerfer zu einem noch schnelleren Lauf. Aber sie lag hinter Jordan zurück.
»Nur noch ein wenig«, spornte er sie an.
Sie befanden sich in der Mitte dieses Sektors. Möglicherweise hatten sie noch viele Meilen vor sich. Vivianne warf einen Blick nach rechts über die Schulter. Die orangefarbenen Lichter der Jagdfahrzeuge hinter ihnen wurden mit jeder Sekunde greller.
»Jordan, wir müssen uns verstecken. Sofort.«
»Gib mir etwas geistige Kraft.«
Sie konzentrierte sich ganz auf ihre Angst. Wir müssen uns verstecken . Sie öffnete den Verschluss ihrer Angst und ließ sich von ihr durchspülen. Sie spürte, wie Jordan sie absaugte.
»Noch einen Block. Das zweite Haus auf der rechten Seite. Es steht leer.«
Gott sei Dank! Sie war so müde, dass sie kaum noch einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Sie schwang die Arme und zwang sich weiterzulaufen. Noch einen Schritt. Und dann noch einen. Und noch einen. Sie sang es sich vor. Jedes Mal, wenn sie langsamer werden wollte, sagte sie sich: Noch einen Schritt.
»Hier.« Jordan hastete einen Pfad entlang und eilte dann geradewegs auf die Hintertür zu.
»Alarmsystem?«, keuchte sie.
»Ausgeschaltet.«
Jordan hob die Faust und wollte ein Fenster einschlagen.
»Nicht.«
Sie rang nach Luft, holte ihr Vielzweckwerkzeug aus dem Handkommunikator und öffnete das Schloss. Jordan drückte die Tür auf.
Sie eilten nach drinnen und sanken auf den Boden, gerade in dem Augenblick, als das Fahrzeug in die Straße einbog. Langsam rollte es auf sie zu; seine Lichter hoben die Umrisse des Hauses hervor.
»Glaubst du, sie haben uns gesehen?«, fragte sie keuchend.
»Offenbar nicht.« Jordan streckte sich und spähte aus dem Fenster.
Offenbar nicht? Jordan klang so, als sei er sich nicht sicher.
»Warum kannst du ihre Gedanken nicht lesen?«, wollte sie wissen.
»Ich habe keine Ahnung.« Er rieb sich die Schläfen. »Aber ich bin wieder blockiert.«
Das war gar nicht gut. »Vielleicht brauchst du etwas Ruhe.«
»Vielleicht, ja.« Er klang angespannt und verärgert.
Sie befanden sich in einem Wohnzimmer. Obwohl hier noch ein durchgesessenes Sofa, ein klappriger Tisch und mehrere Lampen standen, wirkte das Haus verlassen. Hinter dem Hauptraum sah sie die Küche. Ihr Magen knurrte und erinnerte sie daran, dass sie seit Stunden nichts mehr gegessen hatten.
Gerade wollte sie auf die Suche nach etwas Essbarem gehen, als sie doch noch einen raschen Blick zu Jordan hinüberwarf. Er lehnte gegen die Wand, sein Kinn war auf die Brust gesackt.
»Jordan?« Sie hastete zu ihm und stellte fest, dass er zitterte. »Was ist los?«
»Weiß nicht.« Er sprach wieder mit der angespannten Stimme von vorhin.
Sie schlang den Arm um seine
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