Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
begegnete dem ihren und hielt ihm stand. »Und wie ergreifen wir die Kontrolle?«
»Indem wir miteinander schlafen.«
Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Die Hitze, die zwischen ihnen knisterte, hätte Metall schmelzen können. Dennoch schüttelte er den Kopf. »Das begreife ich nicht. Du willst Sex haben, damit wir keinen Sex mehr haben?«
»Ich will Sex haben – und zwar will ich es sein, die Zeit und Ort bestimmt. Ich will die Macht des Stabes über uns brechen.«
Wenn sie also keine vollkommene Unabhängigkeit erreichen konnte, dann wollte sie wenigstens ein gewisses Maß an Kontrolle bekommen. Tatsächlich mochte er ihren Vorschlag – wie sollte es auch anders sein, da er doch der Nutznießer war? Aber er wusste auch, dass es Konsequenzen haben würde, wenn er ihrer Idee folgte.
Zunächst waren ihre Erinnerungen immer nur nachträglich – also nach dem Sex – in ihm aufgekommen. Doch nein, die letzte war ja aus dem Blauen heraus erschienen. Er fürchtete, dass die körperlichen Intimitäten das geistige Band zwischen ihnen festigten.
All die Berührungen hatten es ihm immer schwerer gemacht, Vivianne aus seinen Gedanken zu verbannen. Wenn er bei ihr war, dann war das wie ein Spiel mit dem Feuer. Und er konnte es sich auf keinen Fall leisten, verbrannt zu werden.
Jordan wählte seine Worte mit Bedacht: »Wir haben keine Garantie dafür, dass unsere Handlungen die Auswirkungen des Stabes auf uns verändern werden. Ich könnte dich jetzt stundenlang lieben, und fünf Minuten danach ist seine Macht möglicherweise trotzdem schon wieder da.«
Sie stemmte die Fäuste in die Hüften und hob das Kinn. »Ich bin bereit, meine Theorie auf die Probe zu stellen. Vielleicht stellt sich der Stab in einer Krise nicht mehr gegen uns, wenn wir vollkommen befriedigt sind.«
Die Vorstellung, sich Zeit zu lassen, sie zu küssen, ihre Haut sanft zu erforschen, zu liebkosen und sie überall zu streicheln, besaß eine unleugbare Anziehungskraft.
Eine gefährliche Anziehungskraft.
Er sollte unbeteiligt bleiben. Er hatte zwar eine jahrhundertelange Übung darin, seine Gefühle zu unterdrücken, aber Vivianne war gewiss verletzbarer. Und er schätzte sie zu sehr, um mit ihr zu spielen.
Also sagte er mit einer unbeteiligten, harten und kalten Stimme: »Mit den Gefühlen kann ich mich nicht an dich binden.«
»Kannst du es nicht? Oder willst du es nicht?« Vivianne setzte sich auf den Boden neben ihn und überkreuzte die Beine. Neugier lag in ihrem Blick.
»Solange irgendwo da draußen der Gral ist, muss ich auch nach ihm suchen. Und deshalb habe ich keine Zeit für … dich.«
»Und?«, fragte sie weiter.
Er schuldete ihr die Wahrheit. »Ich habe dir schon gesagt, dass die Stämme fallen werden, wenn der Heilige Gral und der Ehrwürdige Stab vereinigt sind. Den alten Mythen zufolge entspricht jeder einer Hälfte des Ganzen. Wenn sie sich miteinander verbinden, werden sie etwas Neues schaffen.«
»Na und?«, bedrängte sie ihn.
»Wenn ich den Stab und den Gral zusammenbringe, werde ich meine Verbindung zu dem Stab verlieren. Ich werde sterben.«
Entsetzen und Angst verschatteten ihren Blick. »Aber das ist doch nur eine Legende.«
»Das ist meine Bestimmung.«
Ihr Blick wurde sanfter. »Mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe. Du hast also keine Zeit für mich, während du dich auf deiner Mission befindest. Und wenn du damit fertig bist, wirst du sterben?«
Er nickte. »Wenn du also nur jemanden für die Nacht suchst, dann bin ich dein Mann. Aber … am Ende werde ich nicht bei dir sein.«
Ihre Augen füllten sich wieder mit Schatten. »Danke, dass du so ehrlich zu mir bist.«
»Also, du hast meine Erlaubnis, beeindruckt zu sein.«
Trauer kroch in ihren Blick. »Wie kannst du nur mit einer solchen Hoffnungslosigkeit umgehen?«
»Alkohol, Drogen und wilde Frauen.« Er brauchte ihr Mitgefühl nicht.
»Ja, du bist ein richtiger Partylöwe.« Sie sah ihn nachdenklich an. »In Ordnung, ich betrachte mich also als vorgewarnt. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich werde mich nicht in dich verlieben.« Sie streckte die Hand aus. »Gehst du jetzt mit mir in die Kabine oder nicht?«
Er grinste und ergriff ihre Hand. »Das war eine Einladung?«
»Ja.«
Er legte seine freie Hand vor das Herz. »Ich glaube, ich habe einen plötzlichen Herzanfall.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Soweit ich weiß, geht das schnell vorbei.«
Er geleitete sie den Gang entlang, und endlich war das Schicksal einmal auf ihrer Seite.
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