Der Kuss des Zeitreisenden (German Edition)
an. Eine Tür wurde geöffnet und sein Vater kam herein. Jordan hatte die breiten Schultern und das dunkle Haar von ihm geerbt. Der Mann nahm seine Frau in die Arme und küsste sie. Dann klopfte er Jordan auf die Schulter und stellte ein Geschenk neben seinen Teller.
»Na los, öffne es«, drängte sein Vater.
Es konnte nicht den geringsten Zweifel an der Liebe geben, die diesen Raum beherrschte, während beide Eltern auf ihren Sohn herablächelten. Seine Finger machten kurzen Prozess mit der Verpackung. In der Schachtel lag ein mechanisches Gerät.
Vor Aufregung erhellten sich Jordans Augen. »Der Computerkern. Wo hast du ihn gefunden?«
Sein Vater kicherte. »Ich habe eben Mittel und Wege.«
Die Erinnerung löste sich auf. Vivianne sah Jordan an, der noch immer auf dem Bett lag. Leise sagte er: »Der Kern war das letzte Ausrüstungsstück, das ich noch gebraucht hatte, um die Asteroiden um Dominus herum zu erforschen. Am nächsten Tag bin ich dann aufgebrochen.« Er schluckte schwer. »Meine Eltern habe ich nie wiedergesehen.«
Es schnürte ihr die Kehle zu, und Fragen flogen ihr durch das Gehirn. Wie war es ihm gelungen, ihr diese Erinnerung einzupflanzen? Und warum hatte er ausgerechnet diese Szene ausgewählt? Aber als sie den Schmerz in seinem Blick sah, wollte sie ihn nur noch umarmen und seine Qualen vertreiben.
Vivianne legte den Kopf an seine Schulter. Sie hatte ihre Eltern verloren, als sie viel jünger gewesen war als er, aber obwohl sie gesehen hatte, wie Trendonis den Planetensprenger abgefeuert hatte, konnte sie sich nicht richtig vorstellen, wie es sich anfühlen mochte, eine ganze Welt zu verlieren. Und trotzdem weiterzukämpfen. Er war der Letzte seiner Art.
Sie kuschelte sich an ihn. »Befürchtest du, ich könnte meine Welt genauso verlieren wie du die deine, wenn du mich mit nach Pentar nimmst?«
»Weißt du, wie oft ich mich gefragt habe, warum ich nicht zusammen mit ihnen gestorben bin?«, erwiderte er mit schmerzerfüllter, zitternder Stimme.
»Deine Eltern wären froh, wenn sie wüssten, dass du überlebt hast.«
»Wirklich? Wären sie stolz auf einen Sohn, der nur für die Rache lebt? Für den Krieg hatten wir nie etwas übrig. Wir waren ein friedliebendes Volk. Es war eine alte Welt mit stolzen Traditionen.«
Zwar spürte sie seinen Schmerz, aber verstehen konnte sie ihn ganz und gar nicht. Sie setzte sich auf, um ihm in die Augen sehen zu können. »Willst du damit sagen, dass du dem Gral nicht länger nachjagen willst?«
Er schüttelte den Kopf. Die Qualen, die sich in seinem Blick zeigten, ängstigten sie. »Es ist mein Schicksal, den Gral und den Stab zu vereinigen, und erst dann werde ich endlich Ruhe finden. Aber ich mache mir Sorgen um dich … und auch darum, wie es mit dir weitergehen soll, wenn ich nicht mehr lebe.«
»Du machst dir Sorgen um mich?« Es traf sie wie ein Faustschlag in den Bauch: Er wollte ihr den Schmerz des Verlustes ersparen. Er glaubte, dass es besser wäre, wenn sie zusammen mit ihrer eigenen Welt unterginge, falls die Erde an die Stämme verloren war.
Aber in Wahrheit würde sie ihn auf alle Fälle verlieren, ob sie nun bei ihm blieb oder nicht. Es würde so schwer für sie sein, dass sie auf keinen Fall an den furchtbaren Moment denken wollte, wenn er nicht mehr bei ihr war.
»Vertrau mir.« Er atmete tief ein und stieß die Luft langsam wieder aus. »Es ist besser, wenn du bei deinem eigenen Volk bist. Lass mich meine Mission so beenden, wie ich sie begonnen habe. Allein.«
30
Ach! Die Liebe einer Frau! Sie ist als ein liebliches und fürchtenswertes Ding bekannt .
König Rion Jaqard
Vivianne schüttelte den Kopf. »Ich will aber lieber, dass wir in der Zeit, die dir noch bleibt, zusammen sind.«
Jordan runzelte die Stirn. »Aber …«
»Ich wünsche mir weitere Erinnerungen.«
Seine Stimme wurde sanft. »Diese Erinnerungen, um die du mich bittest, werden sehr schmerzhaft für dich sein. Sie werden an dir nagen. Werden dich nachts wach halten. Mir blieb keine andere Wahl, aber du weißt, was kommt.«
Sein Tod.
»Glaubst du, dass du mir egal bist?« Sie ballte die Hände zu Fäusten und zwang sich, tief durchzuatmen und ihre Spannung langsam abzubauen. Sie durfte ihn nicht gehen lassen. Noch nicht. Sie hatten beide noch einen Teil ihres gemeinsamen Lebens vor sich. Außerdem war sie hoffnungslos verliebt in ihn, und der Schmerz würde immer derselbe sein, egal ob er sie heute oder morgen oder im nächsten Monat
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