Der Kuss Im Kristall
an. Sir Martin besaß ebenfalls welche.“
„Verdammt!“, fluchte Lord Barrington.
„Lassen Sie ihn frei, Mylord. Ich bin bereit, vor jedem Gericht zu seinen Gunsten auszusagen, in aller Öffentlichkeit.“
„Ich werde sehen, was ich tun kann“, meinte er.
„Heute noch“, beharrte sie.
„Aber, aber! Das ist etwas plötzlich.“
„Ronald“, wandte sich Grace schmeichelnd an Barrington, „mir zu Gefallen?“
Er seufzte ergeben, aber in seinem Blick lag neuer Respekt. „Sie sind eine tapfere junge Frau, meine Liebe, und eine sehr dickköpfige“, sagte er zu Alethea. „Für Sie und für Ihre Tante würde ich Berge versetzen.“
20. KAPITEL
Nachdem sie Dianthe angewiesen hatte, in Sichtweite von Grace zu bleiben und im Ballsaal sich vor allem vor Douglas McHugh und Sir Martin Seymour in Acht zu nehmen, schickte Alethea sie zum Maskenball in Reginald Hunters Herrenhaus. Lord Barrington hatte versprochen, Nachricht zu schicken, sobald McHugh freigelassen wurde, und Alethea beschloss, zu Hause darauf zu warten. McHugh würde nicht zu ihr kommen. Er hatte gesagt, dass er sie nicht mehr sehen wollte.
Vor dem vorderen Fenster lief sie hin und her und ersehnte einen Boten oder Lord Barrington selbst. Dann schrieb sie erschöpft einen Brief an Bennett, um ihn auf den bevorstehenden Skandal vorzubereiten, und an den Direktor in Eton, um Bennett vom Unterricht zu befreien und es zu ermöglichen, dass er seine Sachen packte, ehe das neue Schuljahr begann. Bennetts Stolz würde Schaden nehmen, wenn er seinen Freunden gegenübertreten musste, nachdem bekannt geworden war, was seine Schwester getan hatte …
Alethea adressierte die Briefe und nahm ihre Wanderung wieder auf. Die Vorstellung, wie Dianthe und Bennett ihretwegen leiden mussten, um ihretwillen Lächerlichkeit und Missachtung preisgegeben würden, trieb ihr die Tränen in die Augen. Wie hatte sie bei dem Versuch, die Familie zu schützen und zu bewahren, nur so katastrophal scheitern können? Nächste Woche um diese Zeit würden die Lovejoys wieder in Little Upton sein, gedemütigt und unauffällig, und würden nur nach London zurückkehren, wenn Alethea aufgefordert wurde, wegen McHugh auszusagen. Die Zukunft bot ein zu schreckliches Bild, um noch länger darüber nachzugrübeln.
Ihr wurde übel, wenn sie sich vorstellte, wie Rob die Nacht in der engen Zelle in Newgate zubrachte, aber sie hatte alle Hoffnung in den Wind geschlagen, dass er noch an diesem Abend freikam. Bestimmt hätte sie dann eine Nachricht erhalten. Sie musste wissen, dass er frei und in Sicherheit war, auch wenn er verärgert sein würde, dass sie seine Forderung, Stillschweigen zu wahren, nicht erfüllt hatte. Und das war noch das Wenigste.
Er vertraute seinem Bruder so sehr, dass er glaubte, Alethea hätte ihn an Lord Barrington verraten. Und warum auch nicht? War sie nicht die Betrügerin, die er in ihr gesehen hatte – die dem ton das Geld abknüpfte? Wie würde er sie dafür bestrafen?
Irgendwo schlug eine Uhr neunmal. Himmel! Dianthe und Grace waren erst vor einer halben Stunde zu dem Fest aufgebrochen, und Alethea erschien es wie ein halber Tag. Erschöpft hob sie die Hände und eilte zur Tür. Es hatte keinen Sinn, sich in Selbstvorwürfen zu ergehen oder einen Pfad in Graces kostbaren türkischen Teppich zu laufen. Genauso gut könnte sie Zoes Salon aufsuchen und den kleinen Terminkalender vernichten mitsamt allen Notizen, die sie gemacht hatte. Dann würde sie zu Ende packen.
McHugh lief schnellen Schrittes auf Bloomsbury und das Haus von Grace Forbush zu, wobei er sich wunderte, wie es kam, dass er Alethea gleichzeitig verdammen und segnen wollte. Erstaunlicherweise hatte sie es geschafft, dafür zu sorgen, dass man ihn auf freien Fuß setzte, auch wenn Barrington ihm gesagt hatte, dass er nur freigelassen wurde – nicht freigesprochen. Sollte sich auch nur ein einziger weiterer Beweis gegen ihn finden, dann wäre er bei Tagesanbruch wieder in Newgate. Barrington hatte ihm ebenfalls mitgeteilt, wer seinen Aufenthaltsort verraten hatte. Rob war nicht überrascht gewesen.
Nachdem er Barrington erklärt hatte, dass er Alethea von seiner Freilassung berichten würde, war er in sein Hotel gegangen, hatte seine Kleidung ins Feuer geworfen, ein heißes Bad mit sehr viel Seife genommen und sich rasiert. Nachdem er wieder ordentlich gekleidet war, fand er seinen alten Dolch und schob ihn in seinen Stiefel. Der andere, der fehlte, würde vermutlich demnächst auftauchen,
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