Der Kuss Im Kristall
in der Tat sehr gut.
Was Aletheas eigene Aussichten anbetraf, so gab es da Sir Martin und – nein. Lord Glenross war keine Aussicht. Vermutlich würde sie ihn lieben können, trotz seiner Verletzung, doch sie wusste, dass ein Mann wie er sich nie mit einer halben Sache zufriedengeben würde. Und er würde nie eine blasse Kopie seiner geliebten ersten Ehefrau heiraten. Und Alethea wäre niemals damit zufrieden, in Lady Maeves Schatten zu leben.
Über den Raum hinweg begegnete sie Glenross’ aufmerksamem Blick, und ein Schauer durchlief sie. Er nickte ihr zu – nicht mehr als höflich – doch der Ausdruck in seinen grauen Augen war so durchdringend, dass sie das Gefühl hatte, vor ihm entkleidet zu werden. Sie hob die Hand an die Reihe kleiner Glasknöpfe, die von ihrem Ausschnitt bis zum Saum ihres Kleides reichten. Sie erinnerte sich an seine letzten Worte, die ihr seither immer wieder in den Sinn gekommen waren: Ich werde nicht betteln. Nein, so etwas würde sie niemals denken. Sie war die Bettlerin.
Bei Tisch gab es keine Möglichkeit, ein Wort miteinander zu wechseln. Glenross hatte einen Platz recht weit oben an der Tafel, während sie und Dianthe weiter unten beim Fußvolk saßen. Aber Alethea hatte bemerkt, wie er drei- oder viermal in ihre Richtung blickte, während sie ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit angesehen hatte. Die Frau zu seiner Linken, Lady Enright, und er hatten die Köpfe zusammengesteckt, um sich im Flüsterton miteinander zu unterhalten. Es freute sie für Lady Enright, dass ihre Differenzen offensichtlich beigelegt waren.
„Ein Penny für Ihre Gedanken, Miss Lovejoy“, flüsterte ihr jemand ins Ohr.
Sie errötete. „Dieser Preis wäre zu hoch, Sir Martin“, erwiderte sie. In diesem Moment wandte sich McHugh zu ihr um, und ein Anflug von Ärger zeigte sich auf seinem Gesicht. Alethea reagierte, indem sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Sir Martin richtete und ihm ein strahlendes Lächeln schenkte. „Aber es wäre mir ein Vergnügen, Sie damit zu Tode zu langweilen, wenn Sie es wünschen.“
„Sie können mich niemals langweilen, Miss Lovejoy. Prüfen Sie mich“, entgegnete er überaus galant.
Sie nahm seinen Arm und ließ sich von ihm zu dem großen vorderen Salon führen, wo sich die Gäste versammelten, um Scharaden zu spielen. Sie hoffte, McHugh beobachtete, wie sehr sie mit seinem Freund beschäftigt war. Er sollte nicht glauben, dass sie sich vor Sehnsucht nach ihm verzehrte.
Sie warf Sir Martin einen Seitenblick zu, um festzustellen, ob er es ernst meinte. „Unterbrechen Sie mich, wenn Sie genug gehört haben, Mylord. Ich dachte daran, dass Dianthe vermutlich bald einen Antrag bekommen wird. Dann überlegte ich, wer wohl um sie anhalten würde und welches Angebot wohl das beste sein würde. Dabei fragte ich mich, ob Dianthe möglicherweise einen Favoriten hat und ob ich mit ihrer Wahl einverstanden wäre oder bereit, mit ihr zu streiten. Dann beschäftigte ich mich mit dem Zeitpunkt für die Hochzeit und hoffte, dass es mir gelingen würde, einen verliebten jungen Mann bis zum Herbst zu vertrösten, was mir am liebsten wäre, um eine Hochzeitsfeier in Little Upton auszurichten.“
„Ah.“ Sir Martin nickte. „Wichtige Themen, in der Tat. Es ist immer wieder faszinierend, einen Einblick in die Gedankengänge einer Frau gewährt zu bekommen. Aber Sie müssen sich nicht so viele Sorgen machen. Wenn Miss Dianthe bis zur Fastenzeit noch nicht verlobt ist, dann muss sie eben bis nach Ostern in London bleiben. Die Frühlingssaison ist die beste Zeit für die Jagd nach einem Ehemann.“
Alethea lachte über seinen hilfreichen Rat. „Woher wissen Sie das, Sir Martin?“
„Ich bin zu dieser Erkenntnis gelangt anhand der aussagekräftigen Anzahl von Einladungen, die ich zu dieser Jahreszeit erhalte. Ich würde sagen, dass die Jagd auf mich im Frühling heftiger ist als zu jeder anderen Jahreszeit. Sie haben doch nicht vergessen, dass ich als außerordentlich gute Partie gelte, oder?“
Sie lächelte. „Natürlich nicht.“
„Ausgezeichnet! Dann sind Sie vielleicht damit einverstanden, meine Partnerin bei der Scharade zu sein?“
Sie blickte sich um und bemerkte, wie McHugh eine hübsche Brünette zum Salon begleitete. „Nicht, wenn Sie gewinnen möchten, Sir Martin.“
„Hm, darüber werde ich nachdenken müssen.“ Er tat, als überlegte er. „Nein. Ich glaube, ich würde lieber mit Ihnen zusammen verlieren als allein gewinnen.“
„Nun gut, Sir Martin.
Weitere Kostenlose Bücher