Der Kuss Im Kristall
jemand ihre Kehle umfasste und eine männliche Stimme flüsterte: „Ein Fehler zu viel, Zoe.“
Alethea umklammerte diese Hände, doch der Angreifer trug dicke Lederhandschuhe. Er drückte fester zu, presste ihr die Luft ab. Sie wand und wehrte sich, versuchte, den Griff zu lösen, doch der Mann gab nicht nach.
Sie hatte die Tür nicht aufgeschlossen, aber in Erwartung von Lady Enrights Ankunft den Riegel zurückgeschoben. Hatte er das Schloss aufgebrochen? Sie wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus.
„Sie hätten alles haben können“, höhnte die heisere Stimme.
Noch einmal versuchte sie, den Glockenstrang zu erreichen, wohl wissend, dass es um ihr Leben ging, und sie hoffte, dass die Glocke tatsächlich in der Wohnung nebenan zu hören war. Denn es war ihre letzte, ihre einzige Chance. Die Verzweiflung verlieh ihr ungeahnte Kräfte, und es gelang ihr, die Finger des Mannes zu lösen. Hustend und nach Luft ringend reckte sie sich nach der Schnur.
Ehe sie sie erreichen konnte, rang der Fremde sie nieder. Es tat weh, wie er sie mit sich zu Boden riss, die Arme um ihre Knie geschlungen. Ihre beiden Körper stürzten zu Boden, und die Teetassen auf dem Holztisch klapperten. Als der Angreifer ein Bein ausstreckte, kippte ein Stuhl um.
Alethea drehte sich zur Seite, um das Gesicht des Mannes zu sehen, der sie umbringen wollte, doch der Schleier rutschte ihr wieder über die Augen. Verzweifelt bemühte sie sich, ihre Arme zu befreien, um etwas erkennen zu können.
„Was, zum Teufel!“, ertönte plötzlich eine Stimme von der Tür her. Hatte Mr. Renquist den Lärm gehört und war gekommen, um nach ihr zu gucken?
Plötzlich fühlte sie, wie ihre Beine losgelassen wurden, dann nahm sie Geräusche eines heftigen Kampfes wahr: Der Tisch fiel um und Glas zerbrach. Sie setzte sich auf. Kurz darauf hörte sie Schritte und ein Poltern auf der Treppe. Es dauerte einen Moment, bis sie wieder ruhig atmen konnte. Mr. Renquist. Er war hier, um sie zu retten, Gott segne ihn!
Jemand lief aus dem Gang auf sie zu. „Sind Sie verletzt, Madame ?“
Diese Stimme – McHugh! Konnte sie noch mehr Pech haben? Sie schüttelte den Kopf und versuchte immer noch, durch den Schleier etwas zu erkennen. „ Oui “, krächzte sie mit schmerzender Kehle.
Er umfasste ihre Ellenbogen und half ihr beim Aufstehen. Dann ließ er sie an die Wand gelehnt stehen, als er zur Tür ging, um abzuschließen und zu verriegeln. „Ich glaube nicht, dass dieser verdammte – Schurke zurückkehren wird, aber falls er es doch tut, sollten wir es ihm nicht zu einfach machen, oder?“
„Nein“, keuchte sie. Woher kam er? Was machte er hier? Hatte er sie beobachtet, seit er vergangenen Abend Tante Graces Fest verlassen hatte?
„Verdammt“, fluchte er und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Ich hätte ihn verfolgt, aber ich fürchtete, Sie …“
„… könnten fliehen?“, vollendete sie den Satz an seiner Stelle.
„Würden Hilfe brauchen.“ Er trat zu ihr und griff nach ihrem Arm. „Lassen Sie mich einmal sehen.“
Sie wandte sich ab und wich zum Kamin zurück. Ihre Haut glühte wieder, und das wurde verursacht von nichts Geringerem als der Berührung seiner Hand und dem Klang seiner Stimme. Ach, was war denn nur los mit ihr? Sie suchte Zuflucht in ihrem Zorn und fragte: „Warum sollte es Sie interessieren, was aus mir wird, Monsieur ? Bei unserem letzten Treffen erklärten Sie, dass Sie meinen Ruin wünschten, oder?“
„Ja“, gab er zu. „Und das will ich noch immer. Aber ich würde es lieber selber tun.“
Sie wich einen weiteren Schritt zurück. „Jetzt haben Sie die Gelegenheit. Wir sind hier, allein. Die Tür ist verschlossen, und niemand wird uns hören. Fangen Sie also an.“
Er runzelte die Stirn. „Führen Sie mich nicht in Versuchung, Madame . Es würde nicht lange dauern. Ein kleiner Druck auf Ihre Luftröhre. Eine kleine Drehung Ihres Halses. Oder vielleicht …“ Er beugte sich vor und zog einen gefährlich aussehenden Dolch aus seinem Stiefel. „… ein kleiner Schnitt an der richtigen Stelle.“
Sie wusste, sie sollte Angst haben, aber merkwürdigerweise spürte sie nichts weiter als Müdigkeit. „ Oui . Und warum, Monsieur ? Ich bedaure Ihren Verlust, aber die Entscheidung traf Ihre Frau, nicht? Und sie nahm Ihren Sohn mit sich. Es war die Schuld Ihrer Frau, nicht Ihre, und ganz gewiss nicht meine.“
„Doch, Madame , es ist Ihre Schuld. Und ich mache Sie auch für den Treuebruch der Verlobten
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