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Der Kuss

Der Kuss

Titel: Der Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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begutachtete seufzend die fünf Shirts, die er auf dem Bett ausgebreitet hatte. Überhaupt seufzte er den ganzen Tag schon auffällig oft und überforderte seine Mutter mit seiner blendenden Laune.
    „Ein Jagdbomber?“, wiederholte sie ungläubig.
    „Ja, das ist ein Flugzeug, das Bomben abwirft.“
    „Bomben? Das sieht eher aus wie – Tropfen. Ich hab das für eine Spritzpistole gehalten“, murmelte sie. „Warum solltest du ein Flugzeug aufhängen, das Bomben abwirft?“
    „Warum sollte ich eine Spritzpistole aufhängen, die Wasser schießt?“,
oder einen Pimmel der ejakuliert, oder ein verdrehtes Kreuz, das Patronen wegschleudert?
    „Nimm das Blaue, das betont deine Augen so schön“, schlug seine Mutter vor, als sie das Entscheidungsdilemma ihres Sohnes erkannte.
    „Es soll nicht meine Augen betonen, sondern mich
männlicher
aussehen lassen“, platzte es aus Michael raus. Er starrte seine Mutter mit hochrotem Kopf an. Sie grinste bis hinter beide Ohren.
    „Schatz, du siehst doch schon
sehr
männlich aus“, erklärte sie, grölte dabei das
'sehr',
als spräche sie mit einem Gorilla und musterte seinen nackten Oberkörper.
    „Ja, weil du mich mit einem Baby vergleichst“, maulte Michael, „Aber wenn man mich von der anderen Seite her betrachtet …“
    „Mädchen stehen mehr auf schöne Augen und gute Manieren, statt auf Muskelprotze“, seine Mutter zwinkerte, „Nimm das Blaue, damit wirst du ihr gefallen.“ Michael griff nach einem Olivgrünen, das über die Brust einen fetten, dunklen Balken hatte – damit würde er breiter wirken. Und olivgrün, das erinnerte doch an Militär und so – strotzende Männlichkeit. Dabei warf er seiner Mutter einen vernichtenden Blick zu und kämpfte mit glühenden Ohren.
    „Darf ich fragen, wie sie heißt?“, fragte sie neugierig und begutachtete Michaels Versuch, sich zu stylen. Privatsphäre war so ein Ding, das seine Mutter noch nicht richtig drauf hatte. Zudem war Michael mit einem enormen Mitteilungsbedürfnis aufgewacht, was sie nun dazu anstiftete zu glauben, er habe sie ins Vertrauen gezogen und sie wäre nun so etwas wie seine beste Freundin.
    Zwar hatte er jedes Wort über Lukas vermieden, und darüber, dass sie letzte Nacht eine Stunde lang im Treppenhaus herumgeknutscht hatten, aber er plauderte die ganze Zeit irgendwelches Zeug aus.
    Seine Mutter hatte keine drei Sekunden gebraucht um zu begreifen, dass sich ihr Sohn verknallt hatte.
    Nun, das völlig kopflose, unbeherrschte Verhalten in den letzten Tagen, die Stimmungsschwankungen und die Heulerei; stundenlang in voller Lautstärke immer nur ein und dasselbe Lied – sie ahnte es wohl schon etwas länger. Vermutlich ging sie wegen seiner geplatzten Lippe sogar davon aus, er habe sich um das Mädel geprügelt, das ihm angeblich das Herz geraubt hatte. Ihre Fragerei verriet, dass seine Mutter offenbar noch keinen Verdacht hegte, in welche Richtung ihr Sohn in Liebesdingen unterwegs war. Das würde also noch ein Projekt werden, ihr das beizubringen – aber nicht jetzt!
    „Ich weiß nicht, wen du meinst“, knurrte Michael wahrheitsgetreu, „Könntest du mich jetzt allein lassen?“ Offenbar hatte seine Mutter seit siebzehn Jahren darauf gewartet, dass sich ihr Kind verliebte – sie würde sich nun
keinesfalls
vertreiben lassen. Statt das Zimmer zu verlassen ging sie auch noch zu Michael hin und begann, an seinem Haar herumzuzupfen.
    „Schon gut, du musst es deiner Mutter nicht sagen. Ich hab dich zwar geboren, großgezogen und sorge dafür, dass du gesund und selbständig bist, aber welches Recht hätte ich schon, zu erfahren, wer die Ernte meiner harten Arbeit einfahren darf.“ Beinahe wäre Michael damit herausgeplatzt, wer es war, der – die
Ernte
einfuhr – nur, um sie zu schockieren, stattdessen prustete er empört.
    „Lass mich!“ Er entwand sich ihren flinken Händen. Sie ließ tatsächlich von ihm ab, musterte ihn aber weiterhin eindringlich.
    „Ist sie hübsch?
Sicher
ist sie das, was frage ich! … Werde ich sie kennen lernen? Wann willst du sie mir vorstellen?“
    Michael seufzte genervt, aber er war zu aufgeregt, zu gut drauf, um den notwendigen Grad an Gemeinheit aufzubringen, seine Mutter wegzustoßen. Ja, irgendwie liebte er die ganze Welt, und das schloss unpraktischer Weise seine Mutter mit ein.
    „Geh mir aus dem Spiegel!“, forderte er, statt auf ihre Fragen einzugehen. Plötzlich wurde sie blass, machte einen Schritt zurück und setzte sich aufs Bett. Dieser

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