Der Kuss
denn gesagt?“, fragte sie arglos und ein wenig ungehalten.
Michael hob die geballte Faust, streckte drohend den Zeigefinger aus und zischte:
„Rede. Nie. Wieder. So. Über. Lukas! Nie wieder!“,
dabei traten ihm vor Wut Tränen in die Augen. Michael presste seine Lippen aufeinander, zitterte vor Zorn, starrte seine Mutter grimmig und tief verletzt an.
Schließlich stürzte er aus der Küche, stürmte in sein Zimmer und knallte die Tür lautstark zu.
Pfadfinderkekse
Als Michael erwachte, war es beinahe Mittag. Seine Mutter war nicht daheim – vermutlich auf der Arbeit. Es zog ihn nur in eine einzige Richtung: Zur Tür raus, über den Gang, hin zu seinem Nachbarn. Er musste aber vorher etwas essen – und duschen. Am besten gleichzeitig – nur keine Zeit verlieren!
Die Sehnsucht nach Lukas brachte Michaels Multitaskingfähigkeiten zum Vorschein. Während er sich eine Porzellanschale aus dem Schrank holte, streifte er sein Shirt ab. Mit der einen Hand schüttete er Cornflakes in die Schüssel, die andere zerrte an seiner Hose. Als er die Milch aus dem Kühlschrank holte, fischte er zugleich einen Löffel aus der Schublade. Die weiße, kalte Flüssigkeit über die knacksenden Flakes schüttend, streifte er seine Socken mit Hilfe des jeweils anderen Fußes ab.
Er löffelte rasch und stopfte sich den Inhalt der halben Schüssel bereits auf dem Weg ins Bad in den Mund – den Rest aß er unter der Dusche, was sich als eine eher weniger gute Idee erwies. Das Müsli war bald eklig warm und verwässert. Er stellte es weg.
Er hatte ohnehin keinen richtigen Appetit – der Gedanke daran, gleich Lukas in die Arme zu schließen, machte ihn nervös. Unanständige Bilder schossen ihm durch den Kopf. Ob Lukas auch gerade duschte? Man könnte ja auch mal gemeinsam duschen. Ein höchst erregender Gedanke. Ob sie es heute wieder so richtig treiben würden? Michael war kurz davor sich einen runter zu holen, ließ es aber sein. In wenigen Minuten sollte sich Lukas darum kümmern.
Bei diesem Gedanken musste er verwegen grinsen – und konnte einfach nicht mehr damit aufhören. Rasch noch die Haare gestylt und in Schale geworfen, dann konnte es los gehen! Ein Schlachtfeld – überall in der Wohnung verstreute Schmutzwäsche, Milchkleckse, Cornflakes-Bröseln, geöffnete Tuben von Zahnpasta bis Haargel hinterlassend, stürmte er aus der Wohnung und knallte die Tür hinter sich zu.
Endlich! Gleich würde er Lukas in die Arme schließen!
Mit weichen Knien betätigte er die Glocke. Sein Herz raste vor Vorfreude, es tat fast weh. Am liebsten wäre er, wie die Superhelden in Filmen, einfach so durch die Tür marschiert als wäre sie Pappe, um schneller bei seinem Liebsten zu sein. Wenn er blinzelte, sah er sich bereits mit Lukas nackt über den Teppich rollen. Die Hose wurde ihm zu eng. In Erwartung des ersten Kusses für heute, spürte er ein leichtes Prickeln auf den Lippen. Er konnte Lukas förmlich riechen und seine Handflächen glitten in Gedanken über die heiße Haut …
Da hörte er endlich den Schlüssel im Schloss, die Klinke, die herabgedrückt wurde, die Tür sprang auf und Lukas stand da, mit nacktem, verschwitztem Oberkörper und nur in Jeans. Michael ließ sich nach vorn kippen, wollte Lukas umschlingen und küssend in die Wohnung bugsieren, doch der blickte ihn seltsam gehetzt an und versteifte sich.
„Was tust
du
denn hier?“, fragte er in mürrischem Tonfall und musterte Michael von Kopf bis Fuß. Nur ein winzig kleines Aufblitzen in seinem Gesicht verriet, dass ihm gefiel was er sah. Er wirkte gereizt.
„Kann ich reinkommen?“, bat Michael leise und legte dabei eine Hand auf Lukas' nackten Bauch. Dieser packte ihn sofort am Handgelenk, schob sie grob von sich und sog heftig Luft durch seine Zähne.
„Nein, das geht jetzt nicht!“, zischte er. Er hatte ein ungeduldiges Drängen in der Stimme, hielt Michael dabei allerdings immer noch fest, streichelt über den Handrücken, zärtlich, langsam, bis zu den Fingerspitzen hinab.
„Aber ich dachte …“, stammelte Michael. Diese Berührung war sehr aufregend, doch die Enttäuschung über Lukas' abweisendes Verhalten machte ihn beinahe taub. Er hatte gedacht, er wäre willkommen und Lukas würde sich freuen ihn zu sehen. Sie wollten doch den ganzen Nachmittag bumsen.
„Wer ist das?“, hörte Michael eine Männerstimme aus der Tiefe der Wohnung.
„Niemand!“, rief Lukas dieser Person zu, und ließ rasch Michaels Hand los.
„Geh!“,
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