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Der Kuss

Der Kuss

Titel: Der Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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Fäusten gegen die Matratze.
    „Jetzt!“, befahl seine Mutter, und setzte dabei irgendwie einen Automatismus in Gang.
    Murrend und betont umständlich kroch Michael aus dem Bett, stampfte beim Marsch durch die Wohnung laut auf, und klaubte rasch und demonstrativ widerwillig die Kleidung vom Boden. Mit mehr Kraft als nötig wuchtete er sie in den Wäschekorb und stellte die Müslischüssel so geräuschvoll in den Geschirrspüler, wie ohne Scherben möglich. Michaels Mutter beobachtete ihn und schüttelte leicht amüsiert den Kopf. Sie keines Blickes würdigend, schritt Michael ebenso rasch wie entschlossen zurück in sein Zimmer, krallte sich die Decke, ließ sich aufs Bett fallen und verkroch sich darin.
    „Bist du noch immer sauer wegen dem, was ich über unseren Nachbarn gesagt habe?“, riet seine Mutter und setzte sich auf die Bettkante. Michael blökte und rollte sich auf die andere Seite, kehrte ihr den Rücken zu, wickelte die Decke fest um seinen Kopf.
    „Ich habe mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt“, räumte sie ein, „Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass mit dem Jungen etwas nicht stimmt. Da wirst du mir doch recht geben, oder?“ Sie tätschelte die Decke und erwischte dabei seine Wade. Mit einem ungehaltenen Fluch zog Michael das Bein weg.
    „Ist
er
schuld an deinem Liebeskummer?“, fragte sie leise und nach einer langen, schweigsamen Pause. Michael wurde es heiß, und das nicht nur, weil es bei diesen hochsommerlichen Temperaturen zu warm war um unter einer Decke zu liegen. Hatte sie ihn ertappt? Er wagte nicht, zu atmen.
    „Ich hab doch mitbekommen, dass da was war, zwischen euch.“, fuhr sie fort. Michael biss ins Kopfkissen und presste die Augen zu. Ihm wurde schlecht und er fürchtete, gleich würde er sich ins Bett übergeben müssen. Dennoch rührte er sich keinen Millimeter.
    „Erst klebt ihr jeden Tag zusammen, dann, von einem auf den anderen Tag redet ihr kein Wort mehr miteinander, und schließlich kommst du auch noch mit der geschwollenen Lippe an. Es hat dich wirklich richtig erwischt, oder?“
    Sie sagte das so abgeklärt, regelrecht verständnisvoll, dass Michael die Decke zur Seite schlug und sie argwöhnisch musterte. Sie wusste von ihm und Lukas und hatte noch keine Arie der Schande, der vergeblichen stundenlangen Geburtswehen abgesondert? Kein tränenreiches Händeringen, dass sie, und nur sie, schuld an seiner Homosexualität sei, weil sie das Schwangerschaftsturnen an diesem verregneten Donnerstag im Mai, wegen Migräne ausfallen hatte lassen?
    „Ich hab schon drauf gewartet, dass du es mir endlich erzählst. Du hättest ruhig früher zu mir kommen können. Du kannst mit mir doch über
alles
reden, hm?“ Sie lächelte so freundlich und lieb, dass er eine todbringende Falle witterte. Michael musterte seine Mutter. Sie ging wirklich erstaunlich gelassen damit um, dass ihr Sohn schwul war und – einen
Asozialen
liebte. Irgendetwas an dem Bild stimmte nicht, konnte nicht stimmen. Hatte er seine Mutter wirklich so falsch eingeschätzt?
    „Du weißt von Lukas … und mir?“, fragte Michael ungläubig. Sie nickte lächelnd. Es war ein erschütternd ehrliches Lächeln. Sie hatte entweder das beste Pokerface der Welt, oder war um Welten cooler als er sich je hatte erträumen lassen.
    „Aber es ist ohnehin – vorbei!“, seufzte Michael schließlich erstickt und zog wieder die Decke über den Kopf, um seine Tränen zu verbergen.
    „So ein
Arsch!“,
fluchte Michaels Mutter. Hatte sie eben …
Arsch
gesagt? Sie hatte dieses Wort noch nie benutzt. Nicht vor ihm, – sie nannte es
'dieses Wort'
wenn es ihm herausrutschte. Sag
'dieses Wort'
nie wieder!
'Dieses Wort'
sagt man nicht! Nun hatte sie
'dieses Wort'
selbst hervorgestoßen. Weil der Freund ihres Sohnes ihm das Herz gebrochen hatte. Was sagte man dazu? Michael ließ alle Vorsicht fallen, rollte sich in seinem Bett so lange herum, bis er – zwar immer noch unter dem Wulst der Decke verborgen – ihre Hand ergreifen konnte.
    „Sie hat dich nicht verdient!“, sagte seine Mutter hart. Michael lugte unter der Decke hervor.
    „Sie?“
    „Lu, deine …
Freundin.
Wenn sie dich für so einen wie Lukas stehen lässt, kann sie kein besonders tolles Mädchen sein. Sei froh, dass du sie los bist“, ließ sie ihrer Lebenserfahrung freien Lauf und tätschelte Michaels Hand.
„Ludmilla
… bei so einem Namen
kann
nichts Gutes herauskommen.“
    Oh Mann. Michael versuchte, die Hand wieder weg zu ziehen, aber

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