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Der Kuss

Der Kuss

Titel: Der Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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trotzte Michael, „Außer dir weiß es noch keiner!“ Sie blickte ihn irritiert, fast belustigt, an.
    „Echt jetzt? … Na gut“, ließ sie sich mit einem gespielten Seufzer erweichen: „Du erhältst den Gaybonus: Du bekommst die Exklusivinformationen: Tadaaaa! Trommelwirbel! Nein, es war
nicht
gewollt.“
    „Und warum hast du es nicht …
wegmachen
lassen?“, rutschte es Michael raus. Lu stoppte abrupt das Schaukeln, diesmal aber nicht um zu erbrechen, sondern um Michael enttäuscht anzustarren.
    „Das ist was genetisches, oder? Wieso denkt ihr Kerle immer gleich ans
wegmachen lassen?“
    „Sorry“, murmelte Michael schuldbewusst. Jetzt wusste er, an wen ihn Lu erinnerte. An seine Mutter!
    „Scheißkerl!“, schimpfte Lu. Michael scharrte betroffen im Kies. „Der Vater von dem Baby – er ist ein Arschloch!“, fluchte sie vor sich hin. Irgendwie hatte Michael das Gefühl, er müsse etwas gut machen, also wandte er ihr seine ganze Aufmerksamkeit zu.
    „Was hat er denn …
gemacht?“,
fragte er geduldig.
    „Frag lieber, was er
nicht
gemacht hat!“, gab sie verärgert von sich, doch sie wartete nicht ab, dass er das fragte. „Als ich ihm gesagt habe, dass ich schwanger bin, hat er nur so
'aha' – 'mhm'
gemacht und tauchte am nächsten Tag unter. Drei Monate hab ich keinen Mucks von ihm gehört, gar nichts! Meine Lenkdrachen-Schwiegermutter hat mir erst gestern verraten, wo ich ihn finde. Und, halt dich fest: Als er erfuhr, dass ich
noch immer
von ihm schwanger bin, fuhr er mich an, so:
'Ich dachte, du hast es wegmachen lassen.'
Der Arsch. Heult dann rum von wegen, das käme gerade total
ungelegen
und er fühle sich dazu noch nicht
bereit.“
    „Oh“, machte Michael und wusste nicht so recht, was er darauf sagen sollte. Die Schilderungen erinnerten ihn frappierend an das, was man ihm von seinem Vater erzählt hatte.
    „Wenn ich den Scheißkerl nicht so lieben würde!“, quengelte sie. „Weißt du, der ist genauso wie
dein
Scheißkerl. Heute
ja
– morgen
nein,
wir können Spaß haben, aber bitte nichts Ernstes!“ Woher wusste sie …? Waren wirklich
alle
Kerle gleich, oder hatten sich hier nur zufällig zwei Menschen gefunden, die auf denselben Typus Mann standen?
    „Ich verstehe
genau
was du meinst“, seufzte Michael schwermütig. Jetzt, da er ihr zugehört hatte, fühlte er sich bereit auch von sich zu erzählen. Es tat gut, einen Leidensgenossen, oder auch eine
Leidensgenossin
zu haben. Er wollte eben seinen Mund aufmachen um von seinem Kummer zu sprechen, da sprang Lu unerwartet und mit einem erschreckenden Quietschen von der Schaukel. Mit weit ausgestreckten Armen stürmte sie auf den Hauseingang zu. Michael sah ihr verwirrt nach und erstarrte.
    „Luuukaaas!“, kreischte sie so laut, dass das Echo von der Mauer widerhallte. Dieser blickte furchtsam drein, als er sie sah, wirkte, als wolle er rasch wieder ins Haus zurück flüchten. Da hatte sie ihn schon erreicht und die Arme um ihn geschlagen, drückte sich an ihn ran. Als hätte er hochexplosives Dynamit um den Hals, klopfte Lukas ganz vorsichtig auf ihren Rücken.
    Er blickte gequält über ihre Schulter hinweg zum Spielplatz und entdeckte Michael. Entsetzen sprang in sein Gesicht, wechselte zu einem Bedauern und schließlich fixierte er seinen Freund vielversprechend.
     

Antilärm
     
    Michael lief mit zwei schweren Einkaufstaschen die Treppen hoch. Seine Mutter folgte in einigem Abstand. Sie hatte bereits das biblische Alter von beinahe fünfunddreißig Jahren erreicht und war nicht mehr so fit wie ihr, vor jugendlicher Energie strotzender, Sohn.
    Als er das siebte – also
sein
– Stockwerk erreicht hatte, öffnete sich Lukas' Tür und Lu trat heraus.
    „Michael!“, rief sie aus, als wäre er ein lang verschollener Freund und nicht der eigentlich wildfremde, depressive Typ, der ihr vor zwei Tagen beim Kotzen zugesehen hatte. Sie schlang die Arme um ihn und er konnte ihren festen Bauch an seinem spüren. Unwillkürlich musste er sich fragen, ob er hier indirekt auch Lukas' Kind umarmte. Michael konnte nichts sagen, ließ den stürmischen Gruß über sich ergehen wie einen unverhofften Mairegen. Es war nicht unangenehm, aber es
musste
nicht sein.
    Als Lu sich von ihm löste, bog eben seine Mutter um die Ecke, den letzten Abschnitt der Treppe in Angriff nehmend. Sie registrierte in Bruchteilen von Sekunden alles – oder besser, alles für eine besorgte Mutter relevante. Sie sah, dass ihr unschuldiger Sohn von einer reiferen

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