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Der Kuss

Der Kuss

Titel: Der Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kooky Rooster
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jungen Dame umarmt wurde. Sie bemerkte sofort, dass diese schwanger war – und zwar, in den Augen einer Mutter, unübersehbar!
    Wer auch immer dieses Fräulein war, es war ihr auf der Stelle unsympathisch. Jungs im Alter ihres Sohnes hatten noch zehn Jahre von jeder Form fremder, hübscher, junger, schwangerer Frauen entfernt zu sein. Eine Umarmung wie jene, die Michaels Mutter eben mitansehen musste, ließen einen Genozid in Afrika zu einer lachhaften Lappalie verkommen. Was hatte
ihr Soh
n mit
so eine
r
zu schaffen?
    „Wie geht’s dir mit dem Scheißkerl?“, fragte Lu so indiskret, wie nur irgend möglich.
    „Pssst, nicht jetzt!“, zischte Michael und blickte gehetzt zu seiner Mutter hinunter. Hoffentlich hatte sie das nicht mitbekommen!
    „Ach ja, deine Mutter weiß es ja noch nicht“, flüsterte Lu so auffällig und penetrant verschwörerisch, dass sie gleich hätte eine Leuchtreklame installieren und mit einem Signalhorn darauf hinweisen können, dass Michaels Mutter noch nicht wusste, dass ihr Sohn schwul war. Michael konnte nichts dagegen unternehmen so rot zu werden, dass er als Warnblinkanlage hätte durchgehen können – das blendende Beispiel eines Schuldeingeständnisses – für – was auch immer. Wie das Amen im Gebet, oder die Antwort aller Fragen, öffnete sich in dieser Sekunde die Tür des Nachbarn und Lukas trat heraus.
    „Lu, warte auf mich …“, rief er, mit immer schwächer werdender phonetischer Intensität, als er Michael erblickte. Beim Namen
Lu
zuckte Michaels Mutter heftig und blickte, immer bleicher werdend, zwischen Michael, Lukas und Lu – oder besser gesagt – Lus' Bauch hin und her. Sie musste sich am Gelände festhalten, um nicht rückwärts die Treppe hinab zu kullern.
    Für wenige Sekunden vergaß Michael alles um sich, bis auf Lukas natürlich. Die Zeit blieb stehen, und er vernahm nichts weiter, als das heftige Pochen seines Herzens. Die Knie wurden weich, die Finger kalt und zittrig, und er musste gegen den Drang ankämpfen, Lu beiseite zu stoßen und sich Lukas in die Arme zu schmeißen. Egal wie sehr er sich vorgenommen hatte, dass dieser Vollidiot ihm für immer gleichgültig sein würde, in diesen Sekunden wusste er, dass er keine Chance hatte, er war rettungslos in diesen Scheißkerl verliebt.
    Im nächsten Moment stand seine Mutter neben Michael, klimperte mit dem Schlüssel am Türschloss herum und riss ihn damit unsanft aus seiner Liebestrance.
    „Hallo, Michael!“, grüßte Lukas leise, mindestens ebenso vom Donner gerührt.
    „Arschloch!“, gab Michael den Gruß zurück, wobei ihm dabei fast die Stimme versagte. Lu blickte zwischen den beiden Jungs hin und her, und bekam große Augen. Ihr Mund klappte auf und sie schlug sich mit beiden Händen darauf, als wolle sie einen Schrei unterdrücken.
    „Michael!“, drang die Stimme seiner Mutter streng an sein Ohr. Dieser folgte ihr in die Wohnung, doch ehe er hinter sich abschloss sah er noch einmal zu Lukas. Ihre Blicke trafen sich und es war, als würden sie eine ganze Stadt erbauen – und wieder abreißen. Mit rasendem Herzen schlug Michael seine Stirn gegen die Tür, drückte die Handflächen dagegen und wünschte sich nichts mehr, als sofort wieder raus zu stürmen und Lukas zu umarmen, ihn zu küssen.
    „Junger Mann, ich glaube, wir haben etwas zu besprechen!“, sagte Michaels Mutter in einem so kalten, fremden Tonfall, dass ihrem Sohn eine Gänsehaut über den Rücken lief. Er spürte seine Füße nicht als er in die Küche tapste und sich auf einen Stuhl fallen ließ.
    Seine Mutter räumte hektisch – verdächtig betriebsam – den Einkauf weg. Sie forderte ihn nicht einmal auf zu helfen, was nur bedeuten konnte, dass Michael wirklich am Arsch war, auch wenn er noch nicht wusste, weswegen genau. Aus Lus Andeutung würde sie doch schwerlich geschlossen haben, dass er schwul war, oder?
    „Ich höre!“, formulierte sie hart, presste die Lippen zusammen und ihre Stirn kräuselte sich zornig, während sie die Lebensmittel mit ungesunder Wucht in den Kühlschrank pfefferte.
    „Ich weiß nicht, was …“, murmelte Michael und rollte das Tischtuch zwischen seinen Fingern.
    „Wie wäre es mit der Wahrheit?“, schlug sie bitter vor, und Michael konnte sehen, wie sehr sie sich anstrengen musste nicht zu schreien. Sein Kopf schwirrte, als habe sich darin ein Bienenvolk eingenistet. Ahnte sie es?
Wenn
sie es ahnte, warum spielte sie dann mit ihm Inquisition?
    „Du weißt es?“, fragte Michael

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