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Der lächelnde Henker

Der lächelnde Henker

Titel: Der lächelnde Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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ich war sicher, daß sich der Dunst gegen Abend zu einer dicken Suppe verdichten würde.
    Suko saß entspannt neben mir. Hin und wieder schaute er aus dem Fenster, um sich die Landschaft anzusehen.
    Ashdown Forest liegt südlich von London. Es war zwar nicht allzu weit entfernt, aber wir mußten schon mit einer Fahrzeit von zwei Stunden rechnen.
    »Ich frage mich nur«, sagte Suko, »was der schwarze Henker in dem Forest treibt.«
    »Das weiß ich auch nicht.«
    »Ob er dich dahin locken will?«
    »Möglich.«
    »Überzeugt bist du nicht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, da bin ich ehrlich. Der hat irgend etwas anderes vor, Suko.«
    »Werden wir ja sehen.«
    Die Straße wand sich in zahlreichen Kurven durch eine Landschaft, die man als Sumpfgelände bezeichnen konnte. Es war zwar kein direktes Moor, aber rechts und links der grauen Fahrbahn lagen einige Feuchtgebiete. Dichter Nebel hüllte Bäume und Sträucher ein. Lindfield war ein kleiner Ort wie aus dem Bilderbuch. Da es so gut wie keine Industrie in der Nähe gab, konnte man das Umfeld des Dorfs noch als in Ordnung bezeichnen. Auch die Häuser sahen sauber aus. Hier legte jeder mit Hand an und fegte auch mal die Straße. Die Polizeistation war in einem Haus untergebracht, bei dem uns die weiß gestrichenen Fensterrahmen sofort ins Auge stachen. Sie glänzten sehr hell, und das Schild an der Tür war frisch poliert. Ein Wagen mit wippender Antenne stand vor der Tür. Ich parkte meinen Bentley dahinter.
    Als wir ausstiegen, wischte ein kläffender Terrier aus der Eingangstür. Ihm folgte der Polizist.
    Himmel, war der Mann dick. Ich wunderte mich, daß er überhaupt durch die Tür paßte. In einen Bus konnte er sicherlich nur quer einsteigen. Die Uniformjacke trug er offen, und auf seinem Kopf standen die blonden Haare wie die Borsten einer Bürste.
    »Der Besuch aus London!« rief er mit einer dröhnenden Stimme und wischte sich über den Mund, weil dort noch einige Essensreste klebten.
    »Ihr seid ja schnell gekommen, Freunde.«
    »Das gehört zu unserem Job«, erwiderte ich.
    »Wartet, ihr braucht gar nicht erst in die Bude zu kommen. Wir gehen sofort zu Curry.«
    »Ist das der Zeuge?« fragte Suko.
    »Genau. Wir nennen ihn nur Curry, weil er mal in einer Gewürzmühle gearbeitet hat.« Der Polizist grinste, »Bin gleich wieder da.« Er drehte sich um und verschwand.
    Suko schaute mich an. »Das ist noch ein wahrer Genießer und toller Zeitgenosse.«
    »Der Dorfsheriff.«
    »Aber nicht unsympathisch.«
    »Auf keinen Fall.« Ich wußte, daß der Mann Emmet Long hieß und seinen Dienst schon über 30 Jahre versah. Diese Informationen hatte uns Sir James noch mitgegeben.
    »So!« rief Emmet Long. »Da bin ich wieder.« Er schloß die Tür ab.
    »Wenn jetzt einer einbricht, dann hat er's gut, die Polizei ist nicht zu Hause.« Er lachte dröhnend und stellte sich vor. Als er uns die Hand gab, hatte ich das Gefühl, die meine wäre unter ein Auto gekommen. So kräftig drückte er zu.
    Dann gingen wir durch das Dorf.
    Es war zwar kein Spießrutenlaufen, aber wir kamen uns vor wie Aussätzige. Nur Emmet Long wurde gegrüßt. Und er genoß es richtig, uns zeigen zu können, wie bekannt und beliebt er war. Entweder nickte er zurück oder winkte jovial, je nachdem, wie gut er die Leute kannte.
    »Hier kann man sich noch auf den anderen verlassen«, erklärte er uns.
    »Hoffentlich auch auf Curry.«
    »Wieso?« fragte ich.
    »Der hat so einen Schreck bekommen, als er die Gestalt sah, daß er sicherlich einen gesoffen hat.«
    »Dann könnte er schon wieder nüchtern sein«, hoffte ich.
    Emmet Long winkte ab. »Nein, nein, so einfach ist das nicht. Wenn Curry anfängt, dauert das immer drei Tage, bis er wieder stehen kann. Er ist eben extrem.«
    Curry war tatsächlich extrem. Vielleicht auch im Trinken, aber das konnten wir nicht feststellen, denn er war nüchtern. Nur im Vergleich zu Emmet Long wirkte er so, denn Curry war das glatte Gegenteil. Spindeldürr, fast mager. Daß er als Holzfäller arbeitete, wollte mir nicht in den Sinn. Er wohnte bei seiner Mutter, einem zänkischen alten Weib, das ihn herumkommandierte wie einen kleinen Jungen. Später erfuhren wir, daß er nicht als Holzfäller arbeitete, sondern Zugmaschinen fuhr, die die Holzwagen zogen.
    Curry konnte seine Nervosität nicht verbergen. Er erzählte alles zweimal, verhaspelte sich, und wir mußten schon genau hinhören, um ihn zu verstehen.
    Anschließend filterten wir seine Aussagen. Wenn die Angaben

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