Der lächelnde Henker
die Geräte der Waldarbeiter. Werkzeuge, die man brauchte. Auch zwei Äxte sah ich.
Noch hatten wir Tag, und im Restlicht, das durch die blattlosen Kronen der Bäume fiel, schaute ich mir die Umgebung genau an. Eigentlich hatte es keinen Sinn mehr, nach Spuren zu suchen, ich aber wollte nichts unversucht lassen. Ein negatives Ergebnis. Schulterzuckend kehrte ich zu Suko und Curry zurück.
»Da finden Sie nichts mehr, Sir«, sagte der Waldarbeiter.
»Aber Sie haben ihn genau gesehen?«
»Ja.«
»Und wie war das? Er ist doch weggelaufen, oder irre ich mich da?«
»Nein, Sir, der ist verschwunden. Urplötzlich machte er kehrt und rannte davon.«
»Wo war das genau?«
»Da wo er auch hergekommen ist. Er lief schräg in den Wald hinein. Einfach weg.«
Ich runzelte die Stirn und dachte ein paar Sekunden nach. »Wo kommt man denn da hin, wenn man den Weg nimmt?«
»In den Wald, Sir!«
Die Antwort hätte mir auch einer geben können, der seine Hose mit der Kneifzange anzog. »Das kann ich mir denken, aber gibt es ein Ziel, wenn ich in diese Richtung weiterlaufe?«
»Eigentlich nicht, Sir.«
»Was heißt eigentlich?« wollte Suko wissen.
»Na ja, Sir, ein Ziel ist es nicht direkt. Aber Sie kommen dann irgendwann zu dem Teich.«
»Einem Fischteich?«
Curry lachte glucksend und schüttelte den Kopf, auf dem das rotblonde Haar wie Wildwachs wuchs. »Kein Fischteich, obwohl sicherlich Fische darin leben. Aber wichtiger ist die Insel im See oder Teich. Da steht ein altes Wasserschloß.«
»Das noch erhalten ist?«
Curry schaute Suko an.
»Auf keinen Fall, dafür ist es viel zu alt. Nein, erhalten ist das Ding nicht mehr. Die Zeiten haben schwer an ihm genagt, ein Teil ist eingestürzt. Leben kann da niemand mehr.«
»Aber sich verstecken?«
»Ja, Sir.«
Suko nickte mir zu. »Sollen wir uns das komische Schloß mal aus der Nähe anschauen?«
Ich hatte nichts dagegen und erkundigte mich bei Curry, wie weit wir zu laufen hätten.
»Das kommt ganz darauf an, wie schnell Sie sind. Aber eine halbe Stunde brauchen Sie schon. Sie müssen ja quer durch den Wald gehen, wissen Sie.«
»Dies ist uns klar.« Ich hatte auch keine weiteren Fragen mehr an Curry. Dabei überlegte ich, ob er uns begleiten sollte, kam jedoch von dem Gedanken ab und fragte statt dessen: »Komme ich denn mit dem Wagen nicht bis an den Teich.«
»Doch.«
»Warum sagen Sie das denn nicht gleich?«
Er schaute mir erstaunt und aus großen Augen ins Gesicht. »Sie haben mich ja nicht danach gefragt.«
O Himmel, war der Knabe naiv. Es wurde Zeit, daß er von seiner Mutter wegkam, aber das war nicht mein Problem.
»Außerdem ist es ein Umweg, wenn Sie mit dem Auto fahren.«
»Brauchen wir denn länger?«
»Weiß ich nicht.«
Ich deutete auf den Silbergrauen. »Okay, Suko, wir nehmen den Wagen. Und Sie, Curry, erklären uns den Weg, wenn wir uns trennen, denn zuerst müssen wir sicherlich zurück.«
»Klar.«
Suko und ich stiegen ein. Eigentlich hätten wir uns die Fahrt in den Wald sparen können. Manchmal ist es auch wie verhext. Da gelangt man leider erst auf Umwegen an sein Ziel. Obwohl noch längst nicht klar war, daß sich der schwarze Henker auf dieser Insel und dem Schloß befand…
***
Das Wasser lag in einer nahezu gespenstisch anmutenden Stille unter dem grauen Dunst. Es schien leicht vor sich hin zu kochen, so jedenfalls sah es aus, als die Schwaden träge über die Oberfläche glitten. Vom Ufer aus, war die Insel mit dem Burggemäuer nur schwach zu sehen. Der Dunst hielt den Bau umhüllt wie ein großes Paket aus grauer Watte. Geräusche waren kaum noch zu hören. Selbst das Krächzen der schwarzen Vögel klang irgendwie dünn und verloren, der Nebel schluckte alles. Die Zweige der Trauerweiden schienen sich noch tiefer dem Wasser entgegenzubeugen und verschwanden zum Teil wie lange, dünne Arme.
Eine unheimliche, beklemmende Stimmung lag über dem See und auch dem alten Schloß. Die Insel verfiel in eine Lethargie des Schweigens, sie steckte auch die Umgebung mit an, und die Natur geriet in den langsamen Tod, um erst im Frühling wieder zu erwachen. Hier und da raschelte es, wenn das Schilf gegeneinanderschabte. Der Wind oder kleine Wellen, die ans Ufer liefen, verursachten die Geräusche.
Manchmal wechselten auch die Vögel ihre Standplätze, lösten sich von den Zweigen oder Ästen, um andere anzufliegen, die sie mit ein paar schnellen Schlägen ihrer Flügel erreichten.
Es schien eine ruhige Gegend zu sein. Eine Gegend
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