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Der Lambertimord

Der Lambertimord

Titel: Der Lambertimord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnold Kuesters
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Statt dessen stand er auf und zog seine Jacke über. »Bis nachher.«
    »Wo willst du hin?«
    Schon in der Tür hob Frank nur kurz die rechte Hand und verschwand. Eckis »Mach’s gut, alter Mann«, hatte er nicht mehr gehört.
    Mit einem entschlossenen Seufzer langte Ecki zum Stapel mit den Telefonbüchern und zog die Mönchengladbacher Ausgabe zu sich. Dabei fiel der Rest des Stapels um. Ecki fluchte leise und schob sie achtlos beiseite. Er hatte eine wichtige Aufgabe zu erledigen.

XII.
    Sie lag vor ihm. Halb auf dem Rücken. Unschuldig wie ein kleines Kind. Wehrlos. Sie schlief. Sie mußte schlafen. Dafür hatte er gesorgt. Er hörte gebannt auf ihr Atmen. Faszinierend, diese fast lautlosen, aber gleichmäßigen Züge. Schön. Ihr Kopf ruhte auf dem hellen Kissen, den linken Arm hatte sie untergeschoben. Diese Ruhe. Sie hatte sich selbst dann nicht bewegt, als er ihr vorsichtig die Jeans und den knappen weißen, mit feinen Spitzen besetzten Slip bis zu den Knöcheln heruntergezogen hatte. Seine Hände waren feucht. Begierig hatte er ihr schließlich das bauchfreie T-Shirt über den Kopf gestreift. Ohne den Blick von ihr wenden, hatte er das Hemd achtlos neben das Bett auf den Boden fallen lassen. Ihre weißen Brüste lagen klein und fest und warm in seinen großen rauhen Händen.
    Im Haus war es ruhig. Keine Schritte, kein Wasserrauschen, kein Türenschlagen, nirgendwo Gespräche. Kein Flüstern. Kein Laut. Absolute Stille. Die rechte Zeit für seinen Besuch. Wie schön sie doch war. Er schüttete aus der Bierflasche sein Glas nach. Langsam! Er konzentrierte sich auf jede seiner Bewegungen. Jede Bewegung, jede Handlung war heilig. Das war er sich schuldig. Und ihr. Respekt, Respekt. Vorsichtig. Langsam nahm er einen winzigen, einen fast unbedeutend kleinen Schluck und zog dabei ein wenig Luft mit ein. Nur ganz wenig. Lange behielt er den Hauch herbe Flüssigkeit im Mund, bevor er schluckte. Dann trank er Schluck für Schluck, immer schneller. Den Rhythmus diktierte das Pochen in seinen Ohren. Mit dem Handrücken wischte er den Schaum vom Mund. Und wieder goß er sich nach. Die weißen Bläschen krochen fast über den Rand des Glases. Wie schön. Nur fast, nur fast. Er beobachtete, wie sich Schäumchen für Schäumchen auflöste. Langsam, ganz langsam. Er hob das Glas an sein Ohr und horchte. Ruhe. Jedes noch so leise Knistern gehörte zu einem Bläschen, das sich an der Luft auflösen mußte. Jedes Bläschen eine kleine Frist, die bald zerplatzte. Wie schnell sich doch die Welt verändert. Nichts bleibt. Eben noch war der Schaum eine ordnungslose Ansammlung weiß umränderter Luftbläschen, stabil und kräftig. Cremig und ewig schön. Und in jedem Bläschen steckt ein ganzes Universum. Die Weltkugel als perfektes Schaumgebilde! Schön. Wie schön. Und im nächsten Augenblick schon begann der Zerfall. Kaum merklich. Wie grotesk. Wie schön. Wieder nahm er das Glas in die Hand und drehte es gegen das weiße Licht der Deckenlampe. Wie grotesk, so grotesk. Wie die biologische Zellteilung unter einem großen Mikroskop. Erst war es nur ein Bläschen. Winzig. Und mit jeder Sekunde, mit jedem Anstieg der Flüssigkeit im Glas, wurden es mehr. Gefangen im Glas. Millionen fragiler Luftbläschen wurden zu riesigen Schaumgebirgen. Unbezwingbar und mächtig. Mächtig. Und doch sanken sie mit jeder weiteren Sekunde in sich zusammen. Unweigerlich. Am Ende blieb nur noch der See. Der See aus schalem Bier. Tote Flüssigkeit, die nur noch übel roch. Und wieder erst ein kleiner Schluck. Dann mehr und mehr, schneller, schneller, Rhythmus, Rhythmus, Pochen im Kopf, Pochen im Kopf. Müde stellte er das Glas ab. Wie schön sie war, weiße feste Haut. Wie lieb. Ein unschuldiges Lamm. Wehrlos. Wehrlos. Feuchte Hände. Warum tust du das? Warum tust du das? Das war er sich schuldig. Schuldig.
    »Du kannst mich nicht zerstören. Ich laß mich von dir nicht kaputtmachen. Von dir nicht! Nicht von dir!« Mit einem dumpfen Schlag sauste der Baseballschläger auf ihren Kopf. Sie reagierte nicht. Er holte weit aus. Der zweite Schlag traf sie wieder mit voller Kraft. Durch ihren Körper bewegten sich eigenartige Wellen, als könnten ihre Muskeln die Wucht der Schläge ableiten. Er mochte es nicht glauben. Rhythmus? Rhythmus. Rote Bläschen, Schaumgebirge, Zellteilung. Das hatte er noch nicht gesehen. Faszinierend. Um glauben zu können, was er sah, faßte er den Schläger fester zwischen seine Hände und schlug erneut zu. Da! Dieser Rhythmus. Die

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