Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele
Einzelheiten, der Verlag bekommt nur die Rechnungen und bezahlt sie, weil man nicht fragen möchte. Sie haben halt das Gefühl, sie bewegen sich auf sichererem Gelände, wenn sie nicht Bescheid wissen. Besonders über die Hühner.«
»Hühner?« fragte Dirk. »Was denn für Hühner?«
»Tja, offensichtlich«, sagte Kate, senkte die Stimme und lehnte sich etwas vor, »läßt er sich ständig lebende Hühner in sein Hotelzimmer bringen.«
Dirk zog die Stirn kraus. »Wofür denn das um alles in der Welt?« sagte er.
»Das weiß niemand. Kein Mensch weiß, was mit ihnen passiert. Niemand sieht sie jemals wieder. Nicht«, sie lehnte sich noch weiter vor und ließ die Stimme noch etwas sinken, »eine einzige Feder.«
Dirk überlegte, ob er hoffnungslos naiv und weltfremd sei.
»Und was denkt man, was er damit macht?« fragte er.
»Niemand«, antwortete Kate, »hat die leiseste Idee. Sie möchten nicht einmal die leiseste Idee haben. Sie wissen es einfach nicht.«
Sie zuckte die Achseln und griff selber zu dem Buch.
»Das andere, was David - das ist mein Bruder - über ihn sagt, ist, daß er den absolut perfekten Bestsellernamen hat.«
»Wirklich?« sagte Dirk. »Inwiefern denn?«
»David sagt, das ist das erste, worauf jeder Verleger bei einem neuen Autor hofft. Nicht: ›Taugt sein Zeug was?‹ oder: ›Taugt sein Zeug was, wenn man alle Adjektive rausgestrichen hat?‹, sondern: ›Ist sein Familienname hübsch kurz und sein Vorname ein kleines Stückchen länger?‹ Verstehen Sie? Das ›Bell‹ wird in riesigen Silberbuchstaben gedruckt, und das ›Howard‹ paßt in etwas schmäleren genau darüber. Sofortiges Markenzeichen. Das ist Verlagsmagie. Hat man erst mal so einen Namen, dann ist, ob man wirklich schreiben kann oder nicht, gar nicht mehr so wichtig. Was nun in Howard Beils Fall ein bedeutender Bonus ist. Aber es ist ein ganz gewöhnlicher Name, wenn man ihn normal hinschreibt, so wie hier, sehen Sie?«
»Was?« sagte Dirk.
»Hier auf Ihrem Umschlag.«
»Wo? Lassen Sie mal sehen.«
»Das hier ist doch sein Name, nein? Durchgestrichen.«
»Großer Gott, Sie haben recht«, sagte Dirk und besah sich den Umschlag näher. »Ich habe ihn wohl ohne sein Markenzeichenäußeres einfach nicht erkannt.«
»Hat dies hier denn irgendwas mit ihm zu tun?« fragte Kate, die nach dem Umschlag griff und ihn sich ansah.
»Ich weiß nicht genau, was es ist«, sagte Dirk. »Es hat was mit einem Vertrag zu tun, und vielleicht hat es auch was mit einer Schallplatte zu tun.«
»Daß es was mit einer Schallplatte zu tun haben könnte, sehe ich.«
»Woran sehen Sie das denn?« fragte Dirk scharf zurück.
»Also, dieser Name hier heißt doch Dennis Hutch, oder? Sehen Sie?«
»O ja. Ja, das stimmt«, sagte Dirk, der es selbst überprüfte. »Äh, sollte ich diesen Namen kennen?«
»Tja«, sagte Kate langsam, »das hängt vermutlich davon ab, ob Sie 'n Draht dafür haben oder nicht. Er ist der Chef der Aries Rising Record Group. Nicht so berühmt wie der Papst, das gebe ich zu, aber vom Papst haben Sie schon mal gehört, nehme ich an?«
»Ja, ja«, sagte Dirk ungeduldig, »so 'n weißhaariger Typ.«
»Das ist er. Er scheint so ungefähr der einzige Prominente zu sein, an den dieser Umschlag nicht irgendwann mal adressiert worden ist. Da steht Stan Dubcek, das ist der Chef von Dubcek, Danton, Heidegger und Drayton. Ich weiß, daß sie für ARRGH! die Bücher führen.«
»Für...?«
»ARRGH! Aries Rising Record Group Holdings. Als sie deren Bücher übernahmen, war das Glück der Kanzlei gemacht.«
Sie sah Dirk an.
»Sie sehen aus«, stellte sie fest, »wie jemand, der von der Plattenbranche oder vom Werbegeschäft wenig Ahnung hat.«
»Ich habe die Ehre«, antwortete Dirk und neigte graziös seinen Kopf.
»Und was machen Sie hiermit?«
»Das werde ich wissen, wenn ich ihn aufgekriegt habe«, sagte Dirk. »Haben Sie ein Messer bei sich?«
Kate schüttelte den Kopf.
»Wer ist denn Geoffrey Anstey?« fragte sie. »Das ist der einzige Name, der nicht durchgekreuzt ist. 'n Freund von Ihnen?«
Dirk wurde ein bißchen blaß und antwortete nicht gleich. Dann sagte er: »Dieser sonderbare Mensch, von dem Sie sprachen, diese ›Etwas Ekelhaftes in Woodshead‹-Kreatur. Sagen Sie mir noch mal, was er zu Ihnen gesagt hat?«
»Er sagte: ›Auch ich bin Ihnen um einiges voraus, Miss Schechter.‹« Kate versuchte, mit den Achseln zu zucken.
Einen Moment lang wägte Dirk seine Gedanken unsicher ab.
»Ich meine, es ist
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