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Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Adams
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Vorausgesetzt natürlich, es war derselbe Adler. Aber das war nicht zuviel vorausgesetzt. Die Anzahl goldener Adler, die sich zu irgendeinem beliebigen Zeitpunkt in Nordlondon herumtrieben, veranschlagte Dirk als ziemlich niedrig.
    Oder vielleicht ruhte er sich nur ganz zufällig auf seiner Schwelle aus und gönnte sich bloß eine kurze Verschnaufpause, bevor er sich zu einem neuen Sturzflug durch die Lüfte aufmachte, auf der Jagd nach was auch immer, dem Adler durch den Himmel hinterhersausen.
    Wie die Erklärung auch lauten mochte, jetzt, das wurde Dirk klar, war die Zeit gekommen, wo er einfach seine Chance nutzen mußte. Er straffte sich, holte tief Luft und tauchte hinter dem Renault auf wie ein Geist aus der Versenkung.
    Der Adler sah gerade in die andere Richtung, und es dauerte einen kurzen Moment, bis er wieder nach vorn guckte und ihn sah, worauf er laut kreischte und ein, zwei Zentimeter zurückwich, eine Reaktion, die Dirk ein bißchen verwirrte. Darauf zwinkerte der Adler schnell ein paarmal hintereinander und bekam was Keckes ins Gesicht, aber was Dirk davon halten sollte, davon hatte er nicht die leiseste Ahnung.
    Er wartete ein paar Sekunden, bis er meinte, die Lage hätte sich nach der ersten Aufregung wieder beruhigt, dann trat er um die Vorderseite des Renault herum zögernd vor. Eine Reihe leiser, fragender Krächzgeräusche schien unsicher durch die Luft zu schweben, und dann wurde Dirk nach einer Weile klar, daß er sie selbst produzierte, und blieb stehen. Es war schließlich ein Adler, womit er es zu tun hatte, kein Wellensittich.
    Genau in diesem Moment beging er einen Fehler.
    Während seine Gedanken völlig auf Adler konzentriert waren, auf die möglichen Absichten von Adlern und die vielen Beziehungen, in denen Adler sich wahrscheinlich von jungen Kätzchen unterschieden, konzentrierte er sich nicht genug auf das, was er tat, als er von der Straße auf den Bürgersteig trat, der von dem frischen Nieselregen glitschig war. Als er den zweiten Fuß vorsetzte, blieb er an der Stoßstange des Wagens hängen; Dirk wankte, rutschte und tat schließlich das, was man einem mächtigen Adler von ungewisser Stimmung nie antun sollte, nämlich sich mit ausgestreckten Armen kopfüber auf ihn zu stürzen.
    Der Adler reagierte sofort.
    Ohne eine Sekunde zu zögern, hüpfte er geschickt zur Seite und machte Dirk den Platz, den er brauchte, um mit voller Wucht auf seine eigene Schwelle zu knallen. Dann äugte er mit einem Hohn auf ihn herab, der auch einen Geringeren vernichtet hätte, zumindest einen, der in dem Moment nach oben geguckt hätte.
    Dirk stöhnte.
    Er hatte von der Stufenkante einen Schlag gegen die Schläfe abgekriegt, und das war ein Schlag, hatte er das Gefühl, auf den er an diesem Abend auch mit Leichtigkeit hätte verzichten können. Keuchend lag er eine Weile da, dann wälzte er sich schwerfällig herum, hielt sich mit einer Hand die Stirn und mit der anderen die Nase und blickte, Böses ahnend, zu dem mächtigen Vogel auf, während er voll Bitterkeit über die Bedingungen nachsann, unter denen man von ihm zu arbeiten verlangte.
    Als ihm klar wurde, daß er für den Augenblick offenbar nichts von dem Adler zu befürchten hatte, der ihn nur mit einer Art spöttischer und verwunderter Skepsis betrachtete, setzte er sich auf; und schließlich rappelte er sich langsam wieder auf die Beine und wischte und klopfte sich den Dreck von seinem Mantel. Er durchwühlte die Taschen nach seinen Schlüsseln und schloß die Haustür auf, die ihm etwas locker in den Angeln zu hängen schien. Er wartete ab, was der Adler als nächstes tun würde.
    Unter leisem Rascheln seiner Schwingen hüpfte er über die Schwelle in Dirks Diele. Er blickte sich um und schien, was er sah, mit leichtem Abscheu zu betrachten. Dirk wußte nicht, was Adler von menschlichen Eingangsdielen erwarteten, mußte sich aber eingestehen, daß es nicht nur der Adler war, der so reagierte. Die Unordnung war nicht allzu groß, aber sie hatte was Verbissenes, das dazu neigte, sich wie ein Leichentuch über Besucher zu legen, und der Adler war gegen diese Wirkung offensichtlich nicht immun.
    Dirk hob einen großen flachen Umschlag von seinem Abtreter auf, guckte hinein, um zu sehen, ob es das war, was er erwartete, und dann bemerkte er, daß an der Wand ein Bild fehlte. Es war kein besonders schönes Bild, bloß ein kleiner japanischer Druck, den er in der Camden Passage gefunden hatte und ganz gern mochte, aber der springende Punkt

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