Der lange Traum vom Glück
sogar, das Äußerste aus zweitklassigen Melodien herauszuholen. Zu all dem bin ich bereit. Aber ich bin nicht bereit, mir hässliche Bemerkungen, Beleidigungen oder gar Drohungen anzuhören“.
Seine Augen glitzerten jetzt. Zu einem anderen Zeitpunkt hätte sie vielleicht die goldenen Einsprengsel in dem Grün bewundert. „Niemand droht dir, lass dir das gesagt sein. So, und wenn du dich jetzt beruhigt hast, können wir ja wieder an die Arbeit gehen“.
Sie boxte ihm ihren Ellenbogen in die Rippen, wobei sie seinen Rat beherzigte, die ganze Körperkraft in einen solchen Stoß zu legen. Er schwankte noch, als sie die Tür aufriss.
„Scher dich zum Teufel, du blöder Idiot!“, zischte sie fuchsteufelswild und knallte ihm beinahe die Tür ins Gesicht.
Er wäre fast, um ein Haar, hinter ihr hergerannt. Aber er war sich todsicher, dass er sie dann entweder erwürgen oder ins Bett zerren würde. Beides wäre ein Fehler gewesen.
Was ist bloß in sie gefahren?, rätselte er, während er sich seine schmerzenden Rippen rieb und wieder zum Klavier zurückging. Das Mädchen, das er gekannt hatte, war immer leicht lenkbar, fast ein bisschen scheu gewesen und so sanft wie ein Sonnenaufgang.
Das zeigte wieder einmal, was passierte, wenn aus kleinen Mädchen Frauen wurden. Ein bisschen konstruktive Kritik reichte aus, um sie zu Furien werden zu lassen.
Verdammt, der Refrain musste überarbeitet werden. Der Text entsprach nicht ihrem üblichen Niveau. Und er war der Erste, der bereit war zuzugeben, dass ihr Niveau erstaunlich hoch war.
Gedankenverloren strich er mit der Hand über die Kante des Klaviers. Nun ja, vielleicht hatte er das bisher noch nicht zugegeben. Nicht richtig jedenfalls. Aber schließlich wusste sie doch, wie er dachte. Sie musste es einfach wissen.
Übellaunig versuchte er sich den Kopfschmerz wegzumassieren, der sich hinter seiner Stirn einzunisten begann. Vielleicht war er ja ein bisschen hart mit ihr umgesprungen, aber sie brauchte ab und zu eine feste Hand. Schließlich war sie ihr ganzes Leben verhätschelt worden, oder etwa nicht? Dies zeigte sich schon allein darin, wie sie ohne mit der Wimper zu zucken ihre Prioritäten verlagerte.
Wie lange brauchte man, um sich in einer neuen Wohnung einzurichten? Wie viele Möbel musste man sich anschaffen? Nach Rachels und Zacks Auszug hatte er sich innerhalb von ein paar Stunden hier heimisch gemacht.
Nick runzelte die Stirn, drehte sich um und ließ seinen Blick durch das Zimmer schweifen. Also schön, es war vielleicht ein bisschen unordentlich, aber er fühlte sich wohl.
Nein, diese Wohnung war ein Saustall. Er hatte ja vorgehabt aufzuräumen, doch wozu der Aufwand, wenn es ohnehin wieder unordentlich wurde? Und er hatte geplant, die Wände zu weißeln und vielleicht irgendwann diesen Stuhl mit dem abgebrochenen Bein rauszuschmeißen.
Es war keine große Sache, er konnte es an einem Wochenende schaffen. Er brauchte nicht so einen Palast, wie Freddie ihn sich ein paar Häuserblocks weiter hinstellte. Er konnte überall arbeiten.
Es war nur ärgerlich, dass, je mehr Zeit sie in diesen Räumen verbrachte, diese Räume ihm umso vergammelter vorkamen. Aber das ging nur ihn etwas an, und er brauchte ihre spitzen Bemerkungen über die Art, wie er lebte, nicht.
Entschlossen, sie aus seinen Gedanken zu verbannen, begann er wieder zu spielen. Als er bei der dritten Zeile angelangt war, hatte sich sein Gesicht vollends verfinstert.
Verdammt, die Melodie war flach.
Freddie legte in ihrer Wohnung letzte Hand an den Begrüßungsimbiss, den sie für ihre Familie vorbereitet hatte. Fast begann sie es schon zu bereuen, dass sie nicht eine größere Wohnung gemietet hatte. Wenn sie zwei Schlafzimmer hätte, könnte die ganze Familie bei ihr übernachten, statt sich bei Alex und Bess einquartieren zu müssen.
Nun, zumindest hatte sie noch ein bisschen Zeit für sich, ehe das Fest anfing. Und sie wollte, dass alles perfekt war.
Das ist genau dein Problem. Ihre Schultern fielen herab, während sie den Käse und die Früchte auf dem Teller arrangierte. Immer muss alles perfekt sein, um dich zufriedenzustellen. Gut ist nicht genug. Wundervoll ist nicht genug. Perfekt muss es sein, ansonsten gehört es rausgeschmissen.
Sie hatte Nick gerade eben fertiggemacht, weil er nicht perfekt war.
Obwohl er es verdient hatte, wie sie sich eilig versicherte. Sie als ein verwöhntes Gör hinzustellen, das nur nach Lust und Laune arbeitete! Das hatte wehgetan, vor allem
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