Der lange Traum vom Glück
sie noch mehr zusammenzuschrumpfen. „Ich weiß nicht, was er dann tun würde. Er würde durchdrehen, Nick. Du weißt doch, wie Reece sein kann, wenn er getrunken hat“.
„Ja, das weiß ich sehr gut“. Gedankenverloren strich er sich mit der Hand über die Brust. Er hatte die Narben, um sich zu erinnern. „Du hast gesagt, dass du ihn verlässt, Maria“.
„Das habe ich ja. Ich habe es wirklich, ich schwöre es. Ich würde dich nicht anlügen, Nick. Noch vor der Geburt des Babys bin ich in die Wohnung gezogen, die du mir verschafft hast. Ich würde ihn nie wieder zurücknehmen, nicht nach dem letzten Mal“.
Beim letzten Mal hatte Reece sie die Treppe hinuntergeworfen, wie Nick sich erinnerte. Sie war im sechsten Monat schwanger gewesen.
„Und woher hast du dann die aufgeplatzte Lippe und das blaue Auge?“
Maria schaute müde in ihren Kaffee, dann hob sie mechanisch die Tasse, um zu trinken.
Rio stellte einen Teller vor sie hin. „Ich nehme die Kinder mit nach draußen. Sie können dort essen“.
„Danke“. Sie wischte sich noch eine Träne ab. „Seid schön brav, ihr beiden. Macht Mr. Rio keinen Ärger, habt ihr verstanden?“ Als Freddie sich auf einem Stuhl niederließ und begann, das Baby zu füttern, verzog sich Marias Gesicht zu einem kleinen Lächeln. „Sie heißt Dorothy – wie die Dorothy aus ‘Der Zauberer von Oz’. Die Kinder haben den Namen ausgesucht“.
„Sie ist ein süßes Baby“.
„Ja, das ist sie. Und so lieb. Sie weint fast nie und schläft die ganze Nacht durch“.
Nicks Geduld war erschöpft. „Maria“.
Sie hielt inne und holte tief Luft. „Er hat mich angerufen, behauptete, er wolle die Kinder sehen“.
„Er macht sich einen Dreck aus den Kindern“.
„Das weiß ich“. Marias Lippen zitterten, doch sie hielt die Tränen zurück. „Und sie wissen das auch. Aber er hörte sich so traurig am Telefon an. Und er ist auch einmal vorbeigekommen und hat ihnen ein Eis spendiert. Deshalb hoffte ich, dass es vielleicht dieses Mal …“
Ihre Stimme erstarb. Ihr war klar, wie dumm diese Hoffnung war. Sie war nicht nur dumm, sie war tödlich.
„Ich wollte nicht zu ihm zurück. Ich dachte mir nur, er könnte ja ab und zu die Kinder sehen. Solange ich dabei war, um sicher zu sein, dass er nicht trank oder brutal wurde. Heute Abend ist er vorbeigekommen, als ich mit dem Baby im Schlafzimmer war. Jenny hat ihn hereingelassen. Es war zu spät, Nick. Ich sah sofort, wie betrunken er war. Ich habe ihm gesagt, er solle gehen. Aber es war zu spät“.
„Okay, nur ruhig, ganz ruhig“. Er hatte Eiswürfel in ein Handtuch gewickelt und kühlte Marias geschwollene Lippe.
Aber sie konnte nicht ruhig sein, nicht jetzt, da sie mit dem Reden angefangen hatte und alles in ihr danach schrie, dieses Gift aus ihrem Körper ausströmen zu lassen. „Er hat Sachen durchs Zimmer geworfen, wie irre herumgeschrien. Ich habe die Kinder ins Schlafzimmer gebracht, damit er ihnen nichts antun kann. Das hat ihn nur noch wütender gemacht. Also ist er auf mich losgegangen, aber ich konnte mich auch ins Schlafzimmer flüchten und die Tür abschließen. Wir sind dann über die Feuertreppe hinunter. Und einfach gerannt“.
„Nick“, murmelte Freddie, „nimm du das Baby“. Vorsichtig reichte sie ihm das schlafende Kind. „Erst mal werden wir Sie ein bisschen sauber machen“. Sie ließ Wasser übers Handtuch laufen und wischte damit behutsam über Marias Gesicht.
Und während sie die Wunden reinigte und die Blutergüsse kühlte, redete sie unablässig leise auf Maria ein. Über die Kinder, über das wunderbare neue Baby. Und allmählich, ganz allmählich, reagierte Maria auf das Gespräch. Freddie setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
„Es gibt Stellen, an die Sie sich wenden können. Wo Ihre Kinder in Sicherheit sind“.
„Zuallererst sollte sie die Cops verständigen“. Auch wenn Nicks Stimme hart und unnachgiebig klang, hielt er das Baby ganz sanft in seinen Armen.
„Ich muss ihm recht geben“. Freddie reichte Maria das Handtuch mit den Eiswürfeln. „Aber ich verstehe auch, was es heißt, Angst zu haben. In einem Frauenhaus können sie Ihnen weiterhelfen. Und auch Ihren Kindern, Maria“.
„Nick hat auch schon davon geredet, aber ich dachte, es sei besser, wenn ich allein damit fertig werde“.
„Jeder Mensch braucht irgendwann mal Hilfe von anderen“.
Maria schloss die Augen und sammelte ihren ganzen verbliebenen Rest an Mut zusammen. „Ich werde nicht zulassen, dass
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