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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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nicht immer ein so trauriges Ende. Eigentlich dürfte sie niemals aufhören. Nach vierzig Jahren hätte ich Charlotte noch so viel zu sagen.«
    Sie nickte verständnisvoll. Zu diesem traurigen Thema konnte sie nichts beisteuern, und so hörte sie nur zu, während er von seiner Frau erzählte. Wie ist jener Mann gestorben?, überlegte er währenddessen. Bei einem Unfall? Natürlich würde er niemals danach fragen. Gabriellas Herz war gebrochen, nur das stand fest.
    Sie war davon überzeugt, dass nicht einmal er ihre Geschichte schreiben könnte. Für seine schöngeistige Fantasie waren die Ereignisse zu hässlich.
    An diesem Abend fuhren sie in einem Taxi zur Pension zurück. Die Nacht war eiskalt und der Professor gut bei Kasse, da er soeben seinen monatlichen Scheck erhalten hatte.
    Wie schwer es Gabriella gefallen sein musste, von ihrem toten Liebsten zu sprechen, wusste er. Deshalb wollte er etwas Besonderes für sie tun und lud sie halt zu dieser Taxifahrt ein. Dafür war sie ihm dankbar. Als sie vor Mrs Boslickis altem Sandsteinhaus aus dem Wagen stiegen, schauten sie beide gleichzeitig zum Himmel auf. Die ersten Schneeflocken dieses Winters schwebten herab. Plötzlich fiel ihr ein, wie märchenhaft der verschneite Klostergarten ausgesehen und wie gern sie früher darin gespielt hatte. Davon erzählte sie dem Professor auf dem Weg ins Haus, und er freute sich über ihr Lächeln. Wir alle brauchen schöne Erinnerungen, an die wir uns klammern können, dachte er.
    Ein paar Minuten später blieben sie vor seiner Zimmertür stehen. »Das ist ein sehr schöner Abend gewesen«, sagte sie leise. »Vielen Dank, Professor Thomas.«
    »Keine Ursache, meine Liebe, das Vergnügen war ganz auf meiner Seite«, erwiderte er lächelnd und verneigte sich. Sie ahnte nicht, wie viel ihm diese Montagabende bedeuteten. Inzwischen liebte er Gabriella wie eine Tochter oder eher wie eine Enkelin, und es beglückte ihn, dass sie ihn endlich ins Vertrauen gezogen hatte. »Ich freue mich schon aufs Erntedankfest.«
    »Oh, ich auch«, beteuerte sie. Bis vor kurzem hatte sie dem festlichen Dinner voller Unbehagen entgegengeblickt. Jetzt nicht mehr. Sie hatte viel verloren, aber auch etwas gefunden – gewissermaßen einen Diamanten, der im Schnee glitzerte. Während sie langsam die Treppe hinaufstieg, dachte sie, wie öde und leer ihr Leben wäre, wenn sie ihn womöglich nie kennen gelernt hätte.

17
    Die Pensionswirtin und ihre Gäste feierten ein wunderbares Erntedankfest. Draußen lag eine dicke Schneedecke, im Central Park liefen die Leute begeistert Ski, und die Kinder bauten Schneemänner auf den Straßen oder bewarfen sich mit Schneebällen. Mrs Boslicki briet einen denkwürdigen Truthahn, der so groß war, dass er kaum in den Backofen passte. So wie jedes Jahr tranchierte Professor Thomas das Geflügel, und jeder wusste amüsante Geschichten über Pannen bei früheren Erntedankfesten, lästige Verwandte oder alberne Streiche in der Kindheit zu erzählen.
    Nach der Mahlzeit gingen sie spazieren und verkündeten, sie hätten so viel gegessen, dass sie fast platzen würden. An diesem Tag war das Baum's geschlossen, und Gabriella freute sich, weil sie diese vergnüglichen Stunden mit den alten Leuten verbringen konnte. Inzwischen wurde sie von allen wie eine Tochter, Enkelin oder Nichte geliebt, obwohl sie erst seit zwei Monaten in der Pension wohnte.
    Während des restlichen Wochenendes unterhielten sie sich über Weihnachtseinkäufe. Mrs Boslicki und Mrs Rosenstein gingen ins Kaufhaus Macy's. Bei ihrer Rückkehr erzählten sie staunend von prächtigen Dekorationen und dicht gedrängten Menschenmassen.
    Gabriella verbrachte das gesamte freie Wochenende in ihrem Zimmer, um eine neue Geschichte zu schreiben. Am Sonntagabend warf sie das Notizbuch triumphierend in Professor Thomas' Schoß. »Da! Und jetzt hören Sie endlich auf, sich zu beschweren!«
    »Schon gut, schon gut. Mal sehen, was Sie zu Stande gebracht haben ...« Mit wachsender Verblüffung las er eine absolut fesselnde Weihnachtsgeschichte, die ihn zu Tränen rührte. Sie war stilvoll geschrieben und die überraschende Wende am Schluss einfach brillant. Nach der Lektüre stieß er einen Freudenschrei aus.
    In einen bequemen alten Clubsessel zurückgelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, hatte sie ihn beobachtet. »Gefällt Ihnen die Geschichte?«, fragte sie nun nervös.
    »Und wie! Ich bin hellauf begeistert. Dieses Werk werden Sie veröffentlichen. Diesmal dulde ich

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