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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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kein Nein.«
    »Ein bisschen muss ich noch dran arbeiten.«
    »Erlauben Sie mir, die Geschichte zu redigieren?«, bat er und steckte das Notizbuch in seine Tasche, ehe Gabriella protestieren konnte.
    Um sie abzulenken, schlug er ihr eine Partie Domino vor. Nach der harten Arbeit freute sie sich so sehr über sein Lob, dass sie mit allem einverstanden gewesen wäre. Wie sie selber zugeben musste, wenn auch widerstrebend, hatte sie noch nie eine bessere Geschichte geschrieben. An diesem Abend besiegte sie den Professor sogar beim Dominospiel. Voller Genugtuung ging sie schlafen, maßlos erleichtert, weil das Werk vollendet war. In manchen Nächten hatte sie bis drei Uhr morgens daran gearbeitet – und am Schluss zum ersten Mal den Eindruck gewonnen, das Metier perfekt zu beherrschen. Ein Schwindel erregendes, berauschendes Gefühl ...
    Immer noch aufgeregt, ging sie am nächsten Tag zur Arbeit. Wegen des Verdienstausfalls an dem langen Wochenende öffnete Mr Baum sein Lokal ausnahmsweise am Montag. Professor Thomas kam immer noch täglich hierher, mit Mitbewohnern oder allein. Als er sich an diesem Nachmittag verabschiedete, warnte sie ihn vor den vereisten Straßen.
    Den ganzen Tag erschienen gut gelaunte, weihnachtlich gestimmte Gäste. Auch die Baums, die das Erntedankfest mit ihren drei Töchtern gefeiert hatten, wirkten viel fröhlicher als sonst und fragten Gabriella, wie sie die freien Tage verbracht hatte. Das war ungewöhnlich. Normalerweise interessierten sie sich nicht für ihr Privatleben, nur für ihre Dienstleistung.
    In die Pension zurückgekehrt, wurde sie von Mrs Boslicki ins Wohnzimmer gebeten und machte sich sofort Sorgen um den Professor. Aber die alte Frau lächelte nur zufrieden. »Wir haben einen neuen Mieter!«, verkündete sie voller Stolz. Wochenlang hatte sie einen Nachfolger für den Vertreter gesucht.
    »Oh, das freut mich sehr.« Gabriella gratulierte ihr und atmete erleichtert auf, nachdem ihrem alten Freund offenbar nichts zugestoßen war. Innerhalb weniger Wochen hatte sie ihn ins Herz geschlossen, und sie betrachtete ihn als den wichtigsten Menschen in ihrem Leben. Manchmal sorgte sie sich so sehr um ihn, dass sie Albträume heraufbeschwor. Mit ihren zweiundzwanzig Jahren schlief sie immer noch zusammengerollt am Fußende des Betts.
    »Er sieht sehr gut aus.«
    »Wie nett ...« Gabriella verstand nicht, was das mit ihr zu tun hatte.
    Aber für Mrs Boslicki schien es viel zu bedeuten. Belustigt fragte sich Gabriella, ob die alte Dame in den neuen Mieter verliebt war.
    »Er ist siebenundzwanzig – ein sehr kluger Mann, der am College studiert hat.«
    Mochte er noch so intelligent und attraktiv sein – er interessierte Gabriella nicht. »Gute Nacht, Mrs Boslicki«, verabschiedete sie sich energisch. Ein langer, anstrengender Abend lag hinter ihr. Aber sie hatte ziemlich viel Trinkgeld bekommen. Inzwischen hatte sie eine neue Garderobe gekauft. Darüber freuten sich auch die Baums, die mehrmals Bemerkungen über ihre beiden hässlichen, schäbigen Kleider gemacht hatten. Jetzt trug sie meistens Röcke, Blusen und Pullover. Sogar eine falsche Perlenkette hatte sie sich geleistet. Einmal blickte sie in den Spiegel und fürchtete, allmählich würde sie ihrer Mutter gleichen. Aber dem Professor gefiel es, wie sie aussah. Das versicherte er stets von neuem. Er behauptete sogar, sie würde ihn an Grace Kelly erinnern.
    Während sie die Treppe hinaufstieg, entsann sie sich erleichtert, dass eines der Zimmer im ersten Stock frei gewesen war. Also musste sie das Bad nicht mit dem neuen Mieter teilen. Ihres wurde nur von Frauen benutzt. Sie hoffte, dem Mann vorerst nicht zu begegnen.
    Aber sie traf auf ihn schon am nächsten Tag, bevor sie zur Arbeit ging, in ihrem neuen grauen Wintermantel, mit weißen Ohrenschützern. Er half Mrs Boslicki, ein paar Einkaufstüten in die Eingangshalle zu tragen, und grinste Gabriella freundlich an. »Hi, ich bin Steve, Ihr neuer Mitbewohner.«
    »Gabriella Harrison«, stellte sie sich mit kühler Stimme vor. »Freut mich, Sie kennen zu lernen.«
    Diesen großen, schlanken, aber breitschultrigen Mann mit dem dichten dunklen Haar und den schwarzen Augen fand sie kein bisschen attraktiv. Irgendetwas missfiel ihr an ihm. Wahrscheinlich seine Arroganz, dachte sie auf dem Weg zum Baum's. Er wirkte viel zu selbstsicher – und er begegnete ihr etwas zu vertraulich. Welch ein Unterschied zu Joe, der in ihren Augen den vollkommenen Mann verkörpert hatte. Steve Porter

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