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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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Kleine umher und klatschte in die roten Fäustlinge. An ihrer Mütze hing ein winziges Glöckchen, das bei jedem Sprung bimmelte und Gabriella an ein Weihnachtslied erinnerte. Plötzlich stolperte das Kind und stürzte.
    Die Mutter packte es unsanft am Arm, zerrte es auf die Beine und schrie: »Habe ich nicht gesagt, du sollst mit diesem Unsinn aufhören? Wenn du das noch einmal machst, Allison, schlage ich dich windelweich!«
    Schluchzend umklammerte Allison ihren misshandelten Arm. Gabriella starrte die Frau erschrocken an und vergaß die Gäste, deren Bestellungen sie gerade aufgenommen hatte. Was sie soeben beobachtet hatte, war ihr nur allzu vertraut. Das Kind, das seinen schmerzenden Arm festhielt, erinnerte sie an eine ganz bestimmte Szene. Einmal hatte die Mutter ihr den Ellbogen ausgekugelt, und sie wusste genau, wie sich das anfühlte. So behutsam wie möglich hatte der Vater ihn eingerenkt. Später hatten die Eltern wegen dieses Zwischenfalls heftig gestritten. Nun ging Gabriella zögernd zu der Frau, deren Tochter immer noch herzzerreißend schluchzte, und wies sie auf die Gefahr hin, der Ellbogen könnte ausgerenkt sein.
    »Machen Sie sich nicht lächerlich!«, fauchte die Mutter. »Die will sich nur aufspielen. Also? Willst du ein Lebkuchenhaus oder nicht?«, herrschte sie das Kind an und zerrte noch einmal an seinem Arm – so kraftvoll, dass alle Zuschauer zusammenzuckten. »Hör sofort zu heulen auf! Sonst ziehe ich dir die Hose runter und versohle dir den Hintern, vor all diesen Leuten.«
    »Nein, das werden Sie nicht tun«, erklärte Gabriella in ruhigem, entschiedenem Ton, von einer inneren Energie erfüllt, die sie noch nie zuvor empfunden hatte. Mit aller Macht würde sie dieses Kind vor weiteren Qualen bewahren.
    »Mit welchem Recht mischen Sie sich in die Erziehung meiner Tochter ein?«, zischte die Frau, die einen kostbaren Nerzmantel trug. Auf dem Rückweg von der Madison zu ihrem Apartment an der Park Avenue war sie zufällig am Baum's vorbeigekommen. »Irgendwie muss ich ihr doch Disziplin beibringen.«
    Disziplin?
Dieses Wort kannte Gabriella nur zu gut. In ihren Ohren klang es wie eine Totenglocke.
    »O nein, auf diese Weise bringen Sie ihr keine Disziplin bei.« Sie erkannte ihre eigene Stimme nicht wieder. »Stattdessen demütigen Sie Ihre Tochter vor all den Leuten. Entschuldigen Sie sich bei ihr! Und kümmern Sie sich um den Ellbogen. Wenn Sie ihr den Mantel ausziehen, werden Sie sehen, dass er ausgerenkt ist.«
    Entrüstet wandte sich die Frau zu Mr Baum. »Wer ist diese Person? Wie kann sie es wagen, so mit mir zu reden?« Vor lauter Wut riss sie noch einmal am Arm des Kindes, das einen gellenden Schrei ausstieß. Beinahe fürchtete Gabriella, ihr zweites, noch intaktes Trommelfell würde platzen. Ohne lange zu überlegen, befreite sie den Arm des kleinen Mädchens möglichst sanft von der Hand seiner Mutter und half ihm aus dem roten Mantel. Wenige Sekunden später sah sie ihren Verdacht bestätigt. Der Arm hing schlaff herab, und als Gabriella den Ellbogen berührte, begann Allison wieder zu schreien. »Lassen Sie sofort mein Kind los!«, kreischte die Frau und starrte Mr Baum an. »Rufen Sie die Polizei!«
    »O ja, rufen wir die Polizei«, stimmte Gabriella zu und lächelte frostig. »Erzählen wir den Beamten, wie Sie sich hier aufgeführt haben. Und wenn Sie noch einen einzigen Laut von sich geben, schlage ich Sie mitten ins Gesicht.« Während die Frau entgeistert nach Luft schnappte, drehte sich Gabriella wieder zu dem Kind um. Hoffentlich würde sie sich erinnern, was ihr Vater damals getan hatte ... Mit einem blitzschnellen Griff renkte sie Allisons Ellbogen ein. Ein beängstigendes, knackendes Geräusch ertönte. Dann hörte das kleine Mädchen zu weinen auf und wimmerte nur noch erleichtert.
    Zitternd vor Wut, zog die Frau ihrer Tochter den Mantel an und zerrte sie zur Tür. »Wenn Sie mein Kind je wieder anfassen, lasse ich Sie verhaften!«, schrie sie Gabriella an.
    »Und wenn ich noch einmal mit ansehen muss, wie Sie Ihr Kind misshandeln, bringe ich Sie vor Gericht!«, konterte Gabriella.
    Ohne ihr für die fachkundige Hilfe zu danken, öffnete die Frau die Tür des Lokals. Gabriella hatte natürlich auch keinen Dank erwartet. Sie war einfach nur froh, weil sie es geschafft hatte, das arme Kind von seinen Schmerzen zu erlösen. Die Mutter wollte die Kleine auf die Straße führen. Aber Allison wehrte sich entschlossen und erinnerte sie an das versprochene

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