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Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home

Titel: Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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anfangen. Deshalb hasste sie ihn nicht – sie empfand nur tiefe Trauer, die ihr Herz jedes Mal erfüllen würde, wenn sie an ihn dachte. Nie wieder würde sie jemanden so lieben wie ihn.
    Während sie in dieser Nacht aus dem Fenster blickte, sah sie sein Gesicht so deutlich vor sich, dass sie beinahe glaubte, sie könnte es berühren, sein sanftes Lächeln, seine blauen Augen. Sie erinnerte sich voller Wehmut an seine Umarmung, seine Küsse ... Aber sosehr der Verlust auch schmerzte – er hatte ihr etwas Wichtiges bewiesen: Sie war im Stande, ein so schweres Leid zu überleben. Obwohl Joe sie verlassen hatte, war sie nicht gestorben. Und zum ersten Mal, seit sie denken konnte, freute sie sich rückhaltlos auf die Zukunft.

18
    Zwei Tage vor Weihnachten, eine knappe Woche nach ihrer Kündigung, betrat sie eine Buchhandlung, um ein Geschenk für Professor Thomas zu kaufen. Es musste etwas Besonderes sein – etwas, das er sich wirklich wünschen würde und das noch nicht in den überfüllten Regalen seines Zimmers stand. Inzwischen hatte sie beschlossen, erst nach Weihnachten wieder auf Arbeitssuche zu gehen. Da sie genug verdient hatte, konnte sie die Januarmiete bezahlen. Und der Scheck vom
New Yorker
war ein unverhoffter Glücksfall. Mit diesem Geld wollte sie dem Professor eine Freude machen. Für die anderen Mitbewohner hatte sie bereits kleine Geschenke besorgt. Nur für Steve Porter nicht. Sie fand, sie würde ihn nicht gut genug kennen, um ihn zu beschenken.
    Sie hatte überlegt, ob sie etwas für Mutter Gregoria kaufen sollte. Aber nach allem, was geschehen war, würde die Kirche der Oberin des St. Matthew's wahrscheinlich nicht gestatten, ein Geschenk von der sündhaften einstigen Postulantin anzunehmen. Stattdessen wollte Gabriella ihr im März, wenn ihre Geschichte veröffentlicht wurde, eine Ausgabe des
New Yorker
schicken. Darüber würde sich die alte Nonne sicher freuen und stolz auf sie sein. Gabriella wusste, dass Mutter Gregoria sie immer noch liebte. Der Gedanke an das erste Weihnachtsfest seit der Kindheit, das sie ohne ihre Ersatzmutter verbringen würde, tat ihr in tiefster Seele weh.
    Fasziniert schaute sie sich nun in der exklusiven Buchhandlung an der Third Avenue um. Hier gab es neben neuen Büchern zahlreiche antiquarische, in Leder gebundene Kostbarkeiten und seltene Erstausgaben. Als Gabriella diese Schätze inspizierte, stellte sie erschrocken fest, wie teuer sie waren. Einige kosteten sogar ein paar tausend Dollar. Schließlich entschied sie sich für die gesammelten Werke von einem Autor, den ihr der Professor mehrmals als leuchtendes Beispiel genannt hatte. Zweifellos würde ihn dieses Geschenk hellauf begeistern. Die drei alten Lederbände waren offensichtlich häufig gelesen und von liebevollen Händen festgehalten worden. An der Kasse zählte sie langsam und sorgfältig das Geld ab. So viel auf einmal hatte sie noch nie ausgegeben. Aber es würde sich sicher lohnen.
    »Da haben Sie eine gute Wahl getroffen«, bemerkte der junge Engländer, der hinter der Kasse stand und die Summe entgegennahm. »Letztes Jahr kaufte ich diese Ausgabe in London und war überrascht, als sie mir nicht sofort aus der Hand gerissen wurde.« Eine Zeit lang unterhielten sie sich über Bücher, dann fragte er, ob sie Schriftstellerin sei.
    »Ja«, antwortete sie zögernd, »das heißt – damit fange ich eben erst an. Gerade habe ich eine Geschichte an den
New Yorker
verkauft, mit der Hilfe des Mannes, dem ich diese Bücher schenken will.«
    »Ist er Ihr Agent?«, fragte der Engländer interessiert.
    »Nein, ein Freund.«
    »Oh, ich verstehe.« Auch er würde schreiben, erklärte er, und seit einem Jahr mit seinem ersten Roman kämpfen.
    »Ich schreibe immer noch Kurzgeschichten«, gestand sie lächelnd, »und ich weiß nicht, ob ich mich jemals an einen Roman heranwagen werde.«
    »Ganz bestimmt – obwohl ich Ihnen diese Tortur nicht wünsche. Ich habe ebenfalls mit Kurzgeschichten angefangen. Und mit Gedichten. Aber davon kann man natürlich nicht leben.« Offenbar glaubte er, das wüsste sie bereits.
    »Deshalb habe ich als Kellnerin gearbeitet.«
    »Ich war Barkeeper in East Village, dann Kellner im Elaine's – und jetzt arbeite ich hier. Ich bin der Geschäftsführer. Teilweise kümmere ich mich um den Einkauf. Die Besitzer der Buchhandlung leben auf den Bermudas. Nachdem sie in den Ruhestand getreten waren, kauften sie den Laden, weil sie Bücher über alles lieben. Beide sind Schriftsteller«,

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