Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home
und später wieder zu verkaufen. Doch der Dealer hatte ihn hereingelegt und ihn um den letzten Rest von Gabriellas Geld betrogen.
»Dürfte ich kurz mit Ihnen sprechen, Steve?«, begann der Professor höflich.
»Jetzt nicht!«, herrschte Steve ihn an. Mittlerweile bemühte er sich nicht mehr um gute Manieren. »Ich muss was erledigen.« Da er wusste, dass Gabriella manchmal ihr Geld versteckte, wollte er ihr Zimmer gründlich durchsuchen, bevor sie nach Hause kam.
»Es ist wichtig«, beharrte der Professor in jenem strengen Ton, der früher seine Studenten eingeschüchtert hatte, aber auf Steve jede Wirkung verfehlte.
»Was gibt's denn?« Seufzend nahm Steve die Briefe entgegen – die diskriminierenden Dokumente, die Professor Thomas benutzt hatte, um seine Ermittlungen durchzuführen. Nicht nur mit Yale und Stanford hatte er telefoniert, sondern auch mit der Polizei in vier verschiedenen Bundesstaaten. Steve wusste sofort, worum es ging. »Wo haben Sie das her?«, fragte er langsam und gefährlich leise.
Doch er konnte dem Professor keine Angst einjagen. »Diese Briefe habe ich versehentlich geöffnet. Und ich glaube, wir sollten Gabriella verschweigen, was sie enthalten.«
»Verstehe ich Sie richtig, Professor? Möchten Sie mich erpressen?«
»Nein, ich bitte Sie nur zu verschwinden, damit ich Gabriella nicht informieren muss.«
Sie waren allein im Haus. An diesem Nachmittag besuchte Mrs Boslicki ihren Arzt. Das wusste Steve. »Und wenn ich nicht gehe?« Mit schmalen Augen starrte er den alten Mann an, der sich im Vorteil glaubte.
»Ganz einfach – dann zeige ich Sie an.«
»Tatsächlich?« Steve versetzte ihm einen sanften Stoß, und der Professor schwankte ein wenig, aber er fand sein Gleichgewicht sofort wieder. »Das bezweifle ich. Natürlich werden Sie Gabriella nichts erzählen, mein Freund, oder Sie könnten einen schlimmen Unfall erleiden, wenn Sie sich nächstes Mal auf die Straße wagen. Dann wäre Gabriella sehr traurig. Zum Beispiel könnten Sie überfahren werden und sich alle Knochen brechen. Ich habe ein paar tüchtige Freunde in New York.«
»Mieser kleiner Bastard!«, stieß der Professor hervor. Wie hatte er diesem Verbrecher jemals vertrauen können, der Gabriellas Naivität so skrupellos ausnutzte? »Das verdient sie nicht. Sie war so freundlich zu Ihnen. Und Sie haben ohnehin schon genug aus ihr herausgeholt. Lassen Sie das arme Mädchen in Ruhe!«
»Warum sollte ich? Gabbie liebt mich.«
»Aber sie kennt Sie nicht einmal, Mr Johnson, Mr Stevens, Mr Houston. Wer zum Teufel sind Sie eigentlich? Jedenfalls ein verdammter kleiner Betrüger, der sich an nichts ahnende Frauen heranmacht, um ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen.«
»Nun, man muss eben nehmen, was man kriegt.«
»Sie gottverdammter Schurke!« Herausfordernd ging der Professor auf Steve zu. Er unterschätzte den jungen Mann und dachte immer noch, er könnte ihn veranlassen, aus New York zu verschwinden – ein fataler Irrtum.
Wortlos sprang Steve vor und stieß den alten Mann weg. Professor Thomas stolperte und stürzte, sein Kopf prallte gegen eine Tischkante. Aus seiner Schläfe quoll Blut. Halb benommen blieb er liegen, und Steve bückte sich, um ihn am Kragen zu packen.
»Wenn Sie mir jemals wieder drohen, Sie armseliger alter Knacker, bringe ich Sie um – verstanden?«
Würgend begann der Professor zu husten, rang verzweifelt nach Atem, und dann verzerrte sich sein Gesicht. Dieses Ziel hatte Steve angestrebt. Ein Herzanfall würde seinen Zwecken bestens dienen.
Wenige Sekunden später erschlaffte der Professor, und Steve ließ ihn zu Boden fallen. Dann rückte er den Tisch gerade, ließ seinen Blick aufmerksam durch das Zimmer wandern, um festzustellen, ob alles in Ordnung war, und schließlich wählte er ganz langsam eine Telefonnummer. Als sich jemand am anderen Ende der Leitung meldete, erklärte er in hektischem Ton, in Mrs Boslickis Pension habe ein alter Mann die Besinnung verloren, und man versprach ihm, in fünf Minuten eine Ambulanz hinzuschicken.
Steve hob die Briefe auf, die der Hand des Professors entglitten waren, und steckte sie in seine Tasche. Als der Krankenwagen eintraf, erklärte er den Sanitätern, er habe den Professor am Boden gefunden. Wahrscheinlich sei sein Kopf gegen die Tischkante geschlagen.
Sie leuchteten mit einer grellen Lampe in die Augen des Bewusstlosen, fühlten ihm den Puls und maßen den Blutdruck. Hastig legten sie ihn auf eine Trage und verschwendeten keine Zeit
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