Der lange Weg nach Hause - The Long Road Home
kontrollieren. Von heftigem Zittern erfasst, erreichte er seinen Höhepunkt, stammelte ihren Namen, und sie klammerte sich keuchend an ihn, in einer seltsamen Mischung aus Qual und Freude gefangen. Unbekannte Gefühle schienen sie in eine andere Welt zu entführen. Danach streichelte er sie zärtlich und sah Tränen in ihren Augen. Aber es waren Tränen des Glücks, die dem neuen gemeinsamen Leben galten. Alle Sorgen blieben hinter ihnen, denn dieser Nachmittag vereinte sie für immer. Jetzt stand es endgültig fest – niemals würden sie sich trennen. Er küsste ihre Lippen, ihre Lider, ihr Haar. Eng umschlungen lagen sie nebeneinander. Und als er es endlich ertrug, sie loszulassen, rückte er ein wenig zur Seite und schaute sie an, voller Ehrfurcht vor ihrer Schönheit, die sie unter der unvorteilhaften Tracht versteckt hatte.
»Wie zauberhaft du bist ...« Die Wirklichkeit übertraf seine kühnsten Träume, und seine Lust erwachte wieder. Aber er fürchtete, er würde ihr wehtun, und begnügte sich mit verzehrenden Küssen. Damit erregte er auch Gabriella. Diesmal war es anders. In wilder Ekstase schenkten sie einander alles, was sie zu geben hatten, und verloren alle Hemmungen. Sehr viel später gingen sie ins Bad und duschten. Sie staunte, weil sie einander trotz der mangelnden Erfahrung und der natürlichen Scheu so unbefangen begegneten. Lachend standen sie unter der Dusche und ließen sich vom warmen Wasser berieseln, fest aneinander geschmiegt. Was die Zukunft betraf, gab es keinen Zweifel mehr. Nun waren die Würfel gefallen.
Gemeinsam wechselten sie die Bettwäsche und steckten die benutzten Bezüge, Laken und Handtücher in die Waschmaschine. Dann kehrten sie ins Wohnzimmer zurück, setzten sich auf die Couch und warteten das Ende des Waschgangs ab.
»So geht's nicht weiter, Liebste«, entschied Joe. Dieser Nachmittag hatte sein und ihr Leben für ewig verändert.
Was sollte sie der Oberin erklären? Daran konnte sie nicht denken – nur an ihn, an das Glück dieser Stunden. Bis ans Ende ihrer Tage würde sie zu Joe gehören, was die Zukunft auch bringen mochte. »Und was werden wir unternehmen?«
»Wärst du bereit, in Armut zu leben?«, fragte er besorgt.
Im Kloster genoss sie zwar keinen Luxus, aber sie hatte alles, was sie brauchte, und sie fühlte sich geborgen. Wenn er sie heiratete, würde sie in der ersten Zeit auf einiges verzichten müssen. »Ich möchte Geld verdienen«, entgegnete sie. Dank ihrer guten Ausbildung könnte sie an einer Schule unterrichten oder für eine Zeitschrift arbeiten. Die Nonnen empfahlen ihr doch ständig, ihre Geschichten zu veröffentlichen.
»Vielleicht bekäme ich einen Job an einer anderen Schule«, meinte er nervös. Aber er fürchtete, die Kenntnisse, die er in der St. Stephen's verwertete, würden ihm an einer weltlichen Schule nichts nützen.
»So vieles kannst du tun, wenn du's wirklich willst«, entgegnete sie ermutigend. Er sollte nicht glauben, sie würde ihn drängen, das Priesteramt aufzugeben. Dazu musste er sich selbst entschließen. Sonst würde er sie womöglich ein Leben lang hassen, vor allem, wenn sie am Anfang der gemeinsamen Zukunft einem schwierigen, steinigen Weg folgen müssten.
»Mit dir zusammenzuleben – das ist mein größter Wunsch«, beteuerte er und küsste sie wieder, von den Emotionen der letzten beiden Stunden überwältigt. Er war sehr glücklich, nachdem er ja niemals mit einer anderen Frau geschlafen und sich – bewusst – für Gabriella aufgehoben hatte. Was ihnen an Erfahrung fehlte, glichen sie durch ihre Leidenschaft aus.
»Jetzt muss ich zurückfahren«, erklärte sie bedauernd. Sie konnte sich nicht mehr vorstellen, weiterhin im Kloster zu wohnen. Aber Joe brauchte erst einmal Zeit für sich selbst, um alles zu überdenken – obwohl die Entscheidung bereits gefallen war. So wie bisher wollten sie nicht mehr leben. Das Versteckspiel erschien ihnen unerträglich. Deshalb mussten sie sich zu ihren Sünden bekennen und die Zukunft planen. Noch länger durften sie Mutter Gregoria nicht belügen.
Gabriella stand auf und glättete ihre Tracht. Bevor sie das Apartment verließen, umarmte er sie ein letztes Mal. »Ich werde dich schrecklich vermissen«, sagte er, heiser vor Leidenschaft. »An diese Stunden werde ich bis zum Ende meiner Tage denken.«
»Ja, ich auch«, flüsterte sie, hin und her gerissen zwischen ihrer Liebe und heftigen Gewissensbissen. Mit ihrer Hingabe hatte sie die Nonnen betrogen, die so gut zu
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