Der lange Weg zur Freiheit
iMfecane in der Transkei niederließ.
Ich rief Winnie am nächsten Tag im Hospital an und bat sie, dabei mitzuhelfen, für den Treason Trial Defense Fund an der Jan-Hofmeyr-Schule Geld zu sammeln. Es war nur ein Vorwand, sie zum Essen einzuladen, was ich auch tat. Ich holte sie von ihrem Platz in der Stadt ab und nahm sie mit zu einem indischen Restaurant in der Nähe meines Büros, einem der wenigen Lokale, in dem auch Afrikaner bedient wurden und in dem ich häufig aß. Winnie war hinreißend, und selbst die Tatsache, daß sie noch nie zuvor Curry gekostet hatte und ein Glas Wasser nach dem anderen trank, um ihren Gaumen zu kühlen, erhöhte nur ihren Charme.
Nach dem Essen fuhr ich mit ihr zu einem Gelände zwischen Johannesburg und Evaton, einem offenen Veld gleich hinter dem Eldorado Park. Wir gingen durch das lange Gras, Gras so sehr ähnlich dem in der Transkei, wo wir beide groß geworden waren. Ich erzählte ihr von meinen Hoffnungen und den Schwierigkeiten beim Hochverratsprozeß. Ich wußte schon dort, daß ich sie heiraten wollte – und das sagte ich ihr auch. Der Geist, der sie erfüllte, ihre Leidenschaft, ihre Jugend, ihr Mut, ihr Eigenwille – all dies fühlte ich im Augenblick, als ich sie sah.
In den nächsten Wochen und Monaten sahen wir uns, sooft wir konnten. Sie besuchte mich in der Drill Hall und in meinem Büro. Sie kam, um mich beim Training in der Sporthalle zu beobachten; sie lernte Thembi, Makgatho und Makaziwe kennen. Sie kam zu Meetings und politischen Diskussionen. Ich machte ihr gleichzeitig den Hof und politisierte sie. Als Studentin hatte sie sich angezogen gefühlt von der Non-European Unity Movement (NEUM), denn sie hatte einen Bruder, der dieser Partei verbunden war. In späteren Jahren zog ich sie mit diesem ihrem frühen Engagement auf und sagte ihr, daß sie, hätte sie nicht mich kennengelernt, einen Führer der NEUM geheiratet hätte.
Kurz nachdem ich die Scheidung von Evelyn eingereicht hatte, sagte ich zu Winnie, sie solle Ray Harmel besuchen, die Frau von Michael Harmel, um sich die Maße für das Hochzeitskleid nehmen zu lassen. Ray war nicht nur Aktivistin, sondern auch eine ausgezeichnete Schneiderin. Ich fragte Winnie, wie viele Brautjungfern sie haben wollte, und schlug vor, daß sie nach Bizana reisen sollte, um ihren Eltern mitzuteilen, daß wir heiraten würden. Winnie hat Leuten lachend erzählt, ich hätte ihr niemals einen Heiratsantrag gemacht, doch ich habe ihr immer erklärt, ich hätte sie doch bei unserer allerersten Verabredung gefragt, und von jenem Tag an sei die Hochzeit für mich beschlossen gewesen.
Der Hochverratsprozeß stand im zweiten Jahr, und er war für unsere Anwaltspraxis eine erdrückende Last. Mandela und Tambo fielen als Praxis auseinander, weil wir ja nicht anwesend sein konnten, und sowohl Oliver als auch ich befanden uns in großen finanziellen Schwierigkeiten. Seit die Anklage gegen Oliver fallengelassen worden war, hatte er einiges retten können, doch der wirkliche Schaden war bereits eingetreten. Aus unserer blühenden Praxis, in der wir Leute oft hatten abweisen müssen, war ein Büro geworden, das dahinkümmerte und geradezu um Klienten flehte. Ich konnte es mir nicht einmal leisten, die restlichen 50 Pfund für das in Umtata gekaufte Grundstück zu bezahlen, und mußte es aufgeben.
All dies erklärte ich Winnie. Ich sagte ihr, es sei mehr als wahrscheinlich, daß wir von ihrem kleinen Gehalt als Sozialarbeiterin würden leben müssen. Winnie verstand und erklärte sich bereit, das Risiko einzugehen und ihr Leben an meines zu binden. Ich versprach ihr niemals Gold und Diamanten, und ich war auch niemals in der Lage, ihr welche zu schenken.
Die Hochzeit fand am 14. Juni 1958 statt. Ich beantragte eine Lockerung meiner Bannungsverfügungen. Ich erhielt sechs Tage Abwesenheitsurlaub von Johannesburg. Ich sorgte auch dafür, daß Winnies Vater das erhalten würde, was man bei uns »Lobola« nennt, den traditionellen Brautpreis.
Die Hochzeitsgesellschaft verließ Johannesburg ganz früh am Morgen des 12. Juni, und wir trafen am späten Nachmittag in Bizana ein. Mein erster Halt, wie stets bei einem Gebannten, war die Polizeistation, um meine Ankunft zu melden. Gegen Einbruch der Dunkelheit fuhren wir zum Ort der Braut, Mbongweni, wie es Brauch war. Begrüßt wurden wir von einem großen Chor von Frauen, die helle Glücksschreie darbrachten, und Winnie und ich wurden voneinander getrennt; sie ging ins Brauthaus, während ich
Weitere Kostenlose Bücher