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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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uns selbst. Dazu bekamen wir eine große Tasse voll Wasser, das man als Kaffee bezeichnete. In Wirklichkeit war es gemahlener Mais, der geröstet worden war, bis er schwarz war, und der mit heißem Wasser überbrüht wurde. Nachdem wir auf den Hof gehen durften, um uns selbst zu bedienen, lief ich gewöhnlich vorher hinaus und joggte, bis das Frühstück eintraf.
    Wie alles andere im Gefängnis ist auch die Verpflegung diskriminierend. Im allgemeinen erhielten Farbige und Inder eine etwas bessere Kost als Afrikaner, wenngleich der Unterschied nicht groß war. Die Behörden erklärten gern, wir erhielten eine ausgeglichene Kost; ausgeglichen war sie in der Tat: zwischen ungenießbar und nicht eßbar. Das Essen löste oft Proteste bei uns aus, doch in jenen frühen Tagen pflegten die Aufseher zu sagen: »Ach, ihr Kaffern eßt im Gefängnis besser, als ihr jemals zu Hause gegessen habt!«
     
     
    Mitten beim Frühstück pflegten die Wächter zu brüllen »Val in! Val in!« (»Antreten! Antreten!«), und wir standen dann bereit zur Inspektion vor unseren Zellen. Jeder Gefangene mußte die drei Knöpfe an seiner Khakijacke ordnungsgemäß zugeknöpft haben. Wenn die Wärter vorbeigingen, mußten wir unsere Hüte abnehmen. Waren unsere Knöpfe nicht geschlossen, wurden unsere Hüte nicht gelüftet oder sahen unsere Zellen unordentlich aus, wurde uns Verletzung der Vorschriften vorgeworfen, und wir wurden entweder mit Einzelhaft oder mit dem Entzug von Mahlzeiten bestraft. Nach der Inspektion klopften wir Steine bis zur Mittagszeit.
    Pausen gab es nicht; arbeiteten wir langsamer, trieben uns die Wärter brüllend zu schnellerer Arbeit an. Zur Mittagszeit erklang die Glocke als Zeichen zum Essen, und wieder wurde ein Metallbehälter mit Essen in den Hof gekarrt. Für Afrikaner bestand Lunch aus gekochtem Mais (Mealies), das heißt aus den rauhen Maiskernen. Indische und farbige Gefangene erhielten Reis mit Mais, die zu einer Art Suppe aufbereitet wurden. Dieser »Samp« wurde manchmal mit Gemüse serviert, während wir Mealies ohne irgendwelche Zutaten bekamen.
    Allerdings erhielten wir zum Lunch oft »Phuzamandla«, was soviel heißt wie »Krafttrunk«, ein Pulver aus Mais und ein wenig Hefe. Es wird in Wasser oder Milch eingerührt, und wenn es dick ist, kann es schmackhaft sein, doch die Gefängnisbehörde gab uns so wenig von dem Pulver, daß es kaum das Wasser färbte. Für gewöhnlich versuchte ich, das Pulver von mehreren Tagen zu sammeln, bis ich genügend beisammen hatte, um ein richtiges Getränk zubereiten zu können, doch wenn die Wärter entdeckten, daß man Lebensmittel hortete, beschlagnahmten sie das Pulver, und der Gefangene wurde bestraft.
    Nach dem Mittagessen arbeiteten wir bis vier Uhr. Dann ließen die Wachen ihre Pfeifen schrill ertönen, und wir mußten wieder antreten, um uns abzählen und inspizieren zu lassen. Eine halbe Stunde gab man uns Zeit, um uns zu säubern. Der Baderaum am Ende unseres Korridors hatte zwei Seewasserduschen, einen Wasserhahn, aus dem Salzwasser kam, und drei große verzinkte Metallkübel, die als Badewannen zu benutzen waren. Heißes Wasser gab es nicht. Wir standen oder hockten in diesen Kübeln, seiften uns mit brackigem Wasser ein, spülten den Staub des Tages ab. Sich mit kaltem Wasser zu waschen, wenn draußen Kälte herrscht, ist nicht angenehm, doch wir machten das Beste daraus. Manchmal sangen wir, wenn wir uns wuschen, was das Wasser weniger eisig erscheinen ließ. In jenen frühen Tagen war das Waschen eine der wenigen Gelegenheiten, da wir miteinander sprechen konnten.
    Um genau 4 Uhr 30 klopfte es laut an die Holztür am Ende unseres Korridors, was bedeutete, daß das Abendessen eingetroffen war. Gewöhnliche Gefangene teilten uns unser Essen zu, und wir kehrten in unsere Zellen zurück, um zu essen. Wieder gab es Mais-Porridge, manchmal mit Karotten oder einem Stück Kohl oder Rübenwurzel; gewöhnlich suchte man jedoch vergeblich danach. Bekamen wir Gemüse, dann gewöhnlich wochenlang von einer Sorte, bis die Mohrrüben oder der Kohl alt und schimmelig waren und wir das Zeug gründlich satt hatten. Alle zwei Tage bekamen wir zu unserem Porridge ein kleines Stück Fleisch, nur daß es weniger Fleisch war als Knorpel.
    Zum Abendessen bekamen die farbigen und die indischen Gefangenen einen Viertellaib Brot (»katkop« genannt, »Katzenkopf«, nach der Form des Brotes) und ein Stück Margarine. Afrikaner, davon ging man aus, wollten kein Brot, da es ein

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