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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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Unruhestifter. Du wirst für den Rest deines Lebens in der D-Gruppe sein.«
    Alle sechs Monate hatten die Gefangenen vor dem Prison Board zu erscheinen, um ihre Klassifizierung neu einschätzen zu lassen. Das Verhalten sollte im Rahmen der Vorschriften gewertet werden, doch wir stellten fest, daß der Board es vorzog, als politisches Tribunal statt nur als Beurteiler von Verhalten zu fungieren. Bei meiner ersten Begegnung mit dem Board befragten mich die Beamten zum ANC und zu meinen Überzeugungen. Obwohl dies mit dem Klassifizierungssystem nichts zu tun hatte, war ich eitel genug zu antworten und mir einzubilden, ich könnte sie vielleicht zu meinen Überzeugungen bekehren. Der Board war eine der wenigen Gelegenheiten, wo wir wie Menschen behandelt wurden, und ich für meinen Teil reagierte darauf entsprechend. Später wurde mir klar, daß dies schlicht eine Technik seitens der Behörden war, um uns Informationen abzuluchsen, und daß ich darauf reingefallen war. Kurz danach kamen wir überein, mit dem Prison Board nicht mehr über Politik zu sprechen.
     
     
    Als D-Gruppe-Gefangener durfte ich alle sechs Monate nur einen Besucher empfangen, nur einen Brief schreiben und nur einen empfangen. Ich empfand dies als eine der unmenschlichsten Restriktionen des Gefängnissystems. Die Kommunikation mit der eigenen Familie ist ein Menschenrecht; es sollte durch die künstliche Klassifizierung eines Gefängnissystems nicht eingeschränkt werden. Aber es war eine der Tatsachen des Gefängnislebens.
    Besuche und Briefe waren beschränkt auf Verwandte »ersten Grades«. Diese Beschränkung fanden wir nicht nur infam, sondern ausgesprochen rassistisch. Der afrikanische Sinn für die unmittelbare Familie unterscheidet sich grundlegend von dem des Europäers oder des westlichen Menschen. Unsere Familienstrukturen sind größer und beziehen mehr Menschen mit ein; jeder, der behauptet, von einem gemeinsamen Ahnen abzustammen, gilt als Mitglied derselben Familie.
    Im Gefängnis ist das einzige, was noch schlimmer ist als eine schlechte Nachricht über die eigene Familie, überhaupt keine Nachricht. Es ist immer schwerer, mit den Katastrophen und Tragödien fertig zu werden, die man sich einbildet, als mit Realitäten, und seien sie noch so unangenehm und grausam. Ein Brief mit schlimmen Neuigkeiten war allemal besser als gar kein Brief.
     
    Aber selbst diese elende Beschränkung wurde von den Behörden mißbraucht. Die Erwartung von Post war überwältigend. Einmal im Monat war Postappell, doch manchmal verging ein halbes Jahr ohne Brief. Die Erlaubnis zu haben, einmal in sechs Monaten einen Brief zu empfangen, und dann doch keinen zu bekommen ist ein furchtbarer Schlag. Man fragt sich: Was ist mit meiner Frau und meinen Kindern geschehen, mit meiner Mutter und meinen Schwestern? Wenn ich keinen Brief erhielt, fühlte ich mich so ausgetrocknet und dürr wie die große Karoo-Wüste. Oft hielten die Behörden Post aus Bosheit zurück: Ich erinnere mich, daß Aufseher sagten: »Mandela, wir haben einen Brief für dich bekommen, aber wir können ihn dir nicht geben.« Keine Erklärung, warum nicht oder von wem der Brief stammt. Es erforderte meine ganze Selbstdisziplin, bei solchen Gelegenheiten nicht zu explodieren. Danach protestierte ich über die richtigen Kanäle, und manchmal bekam ich die Post.
    Wenn Briefe eintrafen, herrschte Hochstimmung. Ein Brief war wie Sommerregen, der selbst die Wüste erblühen lassen kann. Wenn mir die Behörden einen Brief aushändigten, so stürzte ich mich nicht darauf und riß ihn an mich, wie ich das am liebsten getan hätte, sondern nahm ihn eher beiläufig entgegen. Obwohl ich mich danach sehnte, ihn aufzureißen und auf der Stelle zu lesen, dachte ich nicht daran, den Behörden die Befriedigung zu gewähren, meine Ungeduld und Anspannung zu erleben, und so kehrte ich langsam zu meiner Zelle zurück, als hätte ich noch vieles zu erledigen, bevor ich einen Brief meiner Familie öffnen würde.
    Während der ersten Monate bekam ich einen Brief von Winnie, der jedoch so stark zensiert war, daß außer der Anrede nicht viel übrigblieb. Die Zensoren auf der Insel machten die beanstandeten Stellen mit schwarzer Tinte unkenntlich, änderten diese Methode jedoch, als sie erkannten, daß wir die Tinte abspülen und lesen konnten, was darunter stand. Sie fingen an, mit Rasierklingen ganze Absätze herauszutrennen. Da die meisten Briefe auf beiden Seiten eines Blattes beschrieben waren, wurde auch Text

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