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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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hätten Millionen von Südafrikanern und Menschen in aller Welt die Hoffnung eingeflößt, daß ein neues Südafrika im Entstehen sei. Der allererste Schritt auf dem Weg zu Versöhnung, sagte ich, sei die völlige Abschaffung der Apartheid und aller Maßnahmen, mit denen diese erzwungen worden war.
    Ich sagte aber auch, vom Geist dieser Rede sei in letzter Zeit nicht viel erkennbar gewesen. Viele nähmen die Regierungspolitik als eine Fortsetzung der Apartheid mit anderen Mitteln wahr. Die Regierung, sagte ich, habe zuviel Zeit damit verbracht, mit schwarzen Homeland-Führern und anderen vom System Gewählten zu verhandeln; diese Männer, versicherte ich, seien die Agenten einer unterdrückerischen Vergangenheit, welche die Masse der schwarzen Südafrikaner ablehne.
    Ich wiederholte meinen Vorschlag, Gespräche könnten in zwei Stadien stattfinden. Ich teilte ihm mit, ich unterstütze die Leitlinien des ANC in der Erklärung von Harare aus dem Jahr 1989 voll und ganz, die der Regierung auferlegte, die Verhandlungshindernisse zu beseitigen, die der Staat selbst geschaffen hatte. Zu diesen Forderungen gehörten die Entlassung aller politischen Gefangenen, die Aufhebung aller Beschränkungen für mit Restriktionen belegte Organisationen und Personen, das Ende des Ausnahmezustandes und der Abzug aller Truppen aus den Townships. Ich betonte, ein von beiden Seiten vereinbarter Waffenstillstand zur Beendigung der Feindseligkeiten sollte der erste Punkt der Geschäftsordnung sein, denn ohne diesen könne man nicht verhandeln. Der Brief wurde Mr. de Klerk am Tag vor unserem Zusammentreffen ausgehändigt.
    Am Morgen des 13. Dezember wurde ich wieder nach Tuynhuys gebracht. Ich traf de Klerk im gleichen Raum, in dem ich mit seinem Vorgänger Tee getrunken hatte. Mr. de Klerk war in Gesellschaft von Kobie Coetsee, General Willemse, Dr. Barnard und seines Kollegen Mike Louw. Ich gratulierte Mr. de Klerk zu seiner Präsidentschaft und drückte die Hoffnung aus, wir könnten zusammenarbeiten. Er war außerordentlich herzlich und teilte diese Gefühle.
    Von Anfang an merkte ich, daß Mr. de Klerk dem zuhörte, was ich zu sagen hatte. Das war eine neuartige Erfahrung. Im allgemeinen hörten die Führer der National Party bei Diskussionen mit schwarzen Führern, was sie hören wollten, doch Mr. de Klerk schien sich wirklich um Verständnis zu bemühen.
    Einer der Punkte, die ich an diesem Tag betonte, war der kürzlich eingeführte Fünfjahresplan der National Party, der das Konzept von »Gruppenrechten« enthielt. Die Idee der »Gruppenrechte« war, daß keine rassische oder ethnische Gruppe die Priorität vor irgendeiner anderen haben sollte. Obwohl sie »Gruppenrechte« als Mittel definierten, in einem neuen Südafrika die Freiheit von Minderheiten zu schützen, diente ihr Vorschlag faktisch der Aufrechterhaltung der weißen Dominanz. Ich sagte Mr. de Klerk, das sei für den ANC unannehmbar.
    Ich fügte hinzu, es liege nicht in seinem Interesse, dieses Konzept beizubehalten, denn es vermittle den Eindruck, er wolle die Apartheid modernisieren, ohne sie aufzugeben; dies schädige sein Image und das der National Party in den Augen der progressiven Kräfte in diesem Land und in aller Welt. Ein Unterdrückungssystem könne nicht reformiert werden, sagte ich, es müsse abgeschafft werden. Ich erwähnte einen Leitartikel, den ich kürzlich in Die Burger gelesen hatte, dem Sprachrohr der National Party am Kap, und der besagte, der Begriff der Gruppenrechte sei als Versuch gedacht, die Apartheid durch die Hintertür wieder einzuführen. Ich fragte Mr. de Klerk, was er wohl meine, wie wir sie auffaßten, wenn sogar seine Partei die Gruppenrechte als nur auf dem Papier bestehend sähe. Ich fügte hinzu, der ANC habe nicht 75 Jahre lang gegen die Apartheid gekämpft, um sich ihr dann in einer verkleideten Form zu unterwerfen, und wenn er im Grunde die Absicht habe, mit dem Trojanischen Pferd der Gruppenrechte die Apartheid zu bewahren, dann glaube er nicht wirklich an ihr Ende.
    Wie ich an diesem Tag sehen konnte, reagiert Mr. de Klerk langsam. Es war kennzeichnend für ihn, daß er dem zuhörte, was ich zu sagen hatte, und nicht mit mir argumentierte. »Wissen Sie«, sagte er, »mein Ziel ist nicht anders als Ihres. Ihr Memo an P. W. Botha sagte, der ANC und die Regierung sollten zusammenarbeiten, um mit den weißen Ängsten vor schwarzer Dominanz fertig zu werden, und die Idee der ›Gruppenrechte‹ ist unser Vorschlag dazu.« Ich war von

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