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Der lange Weg zur Freiheit

Der lange Weg zur Freiheit

Titel: Der lange Weg zur Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Mandela
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würde. Ich neigte dazu, die Nacht in den Cape Fiats zuzubringen, den geschäftigen schwarzen und farbigen Townships von Kapstadt, um meine Solidarität mit dem Volk zu zeigen. Doch meine Kollegen und später meine Frau meinten, aus Sicherheitsgründen solle ich bei Erzbischof Desmond Tutu in Bishop’s Court bleiben, einer feudalen Residenz in einem weißen Vorort. Dies war keine Gegend, in der man mir zu wohnen gestattet hätte, ehe ich ins Gefängnis kam, und ich dachte, es sei ein falsches Signal, meine erste Nacht in Freiheit in einem vornehmen Weißenviertel zuzubringen. Doch die Mitglieder des Komitees erklärten, in Tutus Amtszeit sei Bishop’s Court multirassisch geworden und repräsentiere einen offenen, großzügigen Antirassismus.
    Der Gefängnisservice lieferte mir Kisten und Kartons zum Packen. Während meiner ersten etwa 20 Jahre im Gefängnis hatte ich sehr wenige Besitztümer angehäuft, doch in den letzten paar Jahren war genug zusammengekommen – hauptsächlich Bücher und Papiere –, um die vergangenen Jahrzehnte auszugleichen. Ich füllte mehr als ein Dutzend Kisten und Kartons.
     
     
    Die eigentliche Entlassung war auf drei Uhr nachmittags angesetzt, aber Winnie und Walter und die anderen Passagiere des Charterfluges kamen erst nach 14 Uhr an. Schon waren Dutzende von Leuten im Haus, und die ganze Szene nahm das Aussehen einer Feier an. Warrant Officer Swart bereitete eine letzte Mahlzeit für uns alle, und ich dankte ihm nicht nur für das Essen, für das er in den letzten beiden Jahren gesorgt hatte, sondern auch für seine Gesellschaft. Warrant Officer James Gregory war ebenfalls da, und ich umarmte ihn herzlich. In den Jahren, in denen er mich von Pollsmoor bis zu Victor Verster betreut hatte, hatten wir nie über Politik diskutiert, aber es gab eine unausgesprochene Bindung zwischen uns, und ich hätte seine beruhigende Gegenwart nicht missen mögen. Männer wie Swart, Gregory und Warrant Officer Brand bestärkten mich in dem Glauben an die Menschlichkeit selbst derer, die mich in den letzten siebenundzwanzigeinhalb Jahren hinter Gittern gehalten hatten.
    Für ausführliches Abschiednehmen war sehr wenig Zeit. Geplant war, daß Winnie und ich in einem Auto an das Eingangstor des Gefängnisses gefahren werden sollten. Ich hatte den Behörden gesagt, ich wolle mich gern von den Wachen und Wärtern verabschieden, die sich um mich gekümmert hatten, und bat darum, daß sie und ihre Familien am Eingangstor auf mich warten sollten, damit ich ihnen einzeln danken konnte.
    Um kurz nach drei wurde ich von einem bekannten SABC-Moderator angerufen, der verlangte, ich solle ein paar hundert Meter vor dem Tor aus dem Auto aussteigen, damit sie filmen könnten, wie ich in die Freiheit schritt. Das erschien mir vernünftig, und ich willigte ein. Dabei schwante mir zum erstenmal, daß die Sache vielleicht nicht so ruhig verlaufen würde, wie ich mir vorgestellt hatte.
    Gegen halb vier wurde ich unruhig, da wir bereits Verspätung hatten. Ich sagte den Mitgliedern des Empfangskomitees, mein Volk habe 27 Jahre lang auf mich gewartet und ich wolle es nicht noch länger warten lassen. Kurz vor vier brachen wir mit einer kleinen Wagenkolonne vom Haus aus auf. Etwa 400 Meter vor dem Tor verlangsamte der Wagen und hielt an, und Winnie und ich stiegen aus und gingen auf das Gefängnistor zu.
    Zuerst konnte ich nicht genau erkennen, was vor uns geschah, aber als ich auf etwa 200 Meter an das Tor herangekommen war, sah ich einen ungeheuren Tumult und eine große Menschenmenge: Hunderte von Fotografen und Fernsehkameras und Reportern und mehrere tausend Sympathisanten. Ich war erstaunt und ein bißchen alarmiert. Eine solche Szene hatte ich wirklich nicht erwartet; ich hatte mir höchstens ein paar Dutzend Leute vorgestellt, hauptsächlich die Wärter und ihre Familien. Doch wie sich herausstellte, war das erst der Anfang; mir wurde klar, daß wir uns nicht gründlich auf das vorbereitet hatten, was nun geschehen würde.
    Etwa 30 Meter vor dem Tor begannen die Kameras zu klicken, ein Geräusch, das sich anhörte wie eine riesige Herde metallischer Tiere. Reporter begannen Fragen zu schreien; Fernsehteams strömten herbei; ANC-Anhänger riefen und jubelten. Es war ein glückliches, wenn auch etwas verwirrendes Chaos. Als ein Fernsehteam ein langes, dunkles, pelziges Objekt auf mich richtete, wich ich ein wenig zurück und fragte mich, ob das irgendeine neue Waffe sei, die während meiner Haft entwickelt worden

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