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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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schmerzverzerrtem Gesicht über sich ergehen ließ.
    »Hör auf, Marcel, das ist ein Kind, kein Knetmännchen!«
    Marcel lockerte den Druck. Junior atmete erleichtert auf und streckte die Hand nach Ginette aus, um ihr für ihr Eingreifen zu danken.
    »Hast du das gesehen?«, rief Ginette verblüfft.
    »Ich weiß, er ist ein Genie! Aber bald ist er bloß noch ein armer kleiner Waisenjunge.«
    »Wegen Josiane? Ist sie krank?«
    »Die schlimmste aller Krankheiten: Die Schwermut hat sie gepackt. Und dagegen, meine Schöne, kann man einfach nichts machen!«
    »Ach was, komm schon«, versuchte Ginette ihn aufzumuntern. »Das ist der Babyblues. Den kriegen alle Frauen irgendwann! Das geht auch wieder vorbei.«
    »Es ist schlimmer! Viel schlimmer!«
    Er beugte sich vor und flüsterte: »Wo ist René?«
    »Der zieht sich gerade an. Wieso?«
    »Weil … weil das, was ich dir erzählen will, ein Geheimnis ist. Wehe, du verrätst ihm auch nur ein Sterbenswörtchen davon.«
    »Ich soll René etwas verschweigen?«, empörte sich Ginette. »Das kann ich nicht! Behalte du dein Geheimnis, und ich behalte meinen Mann!«
    Marcels Miene verfinsterte sich. Er zog Junior an sich und begann aufs Neue, ihn durchzukneten. Ginette rettete das Kind aus den Händen seines Vaters.
    »Gib ihn mir, du reißt ihm ja noch die Eingeweide raus!«
    Marcel legte beide Ellbogen auf den Tisch und sackte in sich zusammen.
    »Ich kann nicht mehr! Ich bin fix und fertig! Wir waren so glücklich! So glücklich!«
    Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her, fuhr sich immer wieder mit der Hand über den Schädel und biss sich in die Faust. Der Stuhl ächzte unter seinem Gewicht. Ginette hatte Junior an ihre Schulter gelegt und ging mit ihm im Zimmer auf und ab. Es war lange her, seit sie zuletzt ein Baby im Arm gehalten hatte, und das Gefühl rührte sie. Die Zärtlichkeit, die sie für Junior empfand, strahlte auch auf Marcel ab, diesen gutmütigen Marcel, der auf seinen Fingern herumkaute und dem der Schweiß auf der Stirn stand.
    »Du bist ja krank!«, rief sie, als sie sah, dass sich sein Gesicht tiefrot verfärbt hatte.
    »Ich nicht, ich hab nur Angst, aber Josiane … Wenn du sie sehen könntest! Ein Gespenst! Ein Schatten ihrer selbst! Bald fährt sie noch zum Himmel auf.«
    Er sank in sich zusammen und ließ seinen Tränen freien Lauf.
    »Ich kann nicht mehr, meine Nerven sind im Eimer. Ich laufe durch die Wohnung wie ein alter Hirsch, dem das Geweih weggefeilt wurde. Ich röhre nicht mehr, ich bin wie ein nasser Putzlumpen. Ich weiß nicht mehr, was ich unterschreibe, ich weiß meinen eigenen Namen nicht mehr, ich schlaf nicht mehr, ich ess nichts mehr, ich rieche meilenweit gegen den Wind nach Unglück. DENN DAS UNGLÜCK IST IN UNSER HAUS GEKOMMEN! «
    Er hatte sich auf die Ellbogen abgestützt und brüllte sein Elend hinaus. Fluchend kam René in die Küche.
    »Meine Fresse! Was hat der alte Mohikaner denn jetzt schon wieder? So ein Krach am frühen Morgen!«
    Ginette erkannte, dass sie die Situation in die Hand nehmen musste. Sie setzte Junior aufs Sofa, umringte ihn mit Kissen, damit er nicht herunterfallen konnte, stellte je eine Tasse mit duftendem Kaffee vor Marcel und René, schnitt das Brot, bestrich die Scheiben mit Butter und hielt den Männern den Zuckerstreuer hin.
    »Jetzt frühstückt ihr zwei erst mal, und danach setz ich mich mit Marcel hin, und er erzählt mir in Ruhe, was los ist …«
    »Du willst nicht mit mir reden?«, fragte René misstrauisch.
    »Es ist etwas speziell«, erklärte Marcel verlegen, »darüber kann ich nur mit deiner Frau sprechen.«
    »Ach, und ich darf es nicht wissen, oder was?«, wunderte sich René. »Bin ich jetzt nicht mehr dein alter Kumpel, dein Vertrauter, deine rechte Hand, deine linke Hand und manchmal sogar dein Gehirn?«
    Marcel ließ verstört den Kopf hängen.
    »Es ist privat«, sagte er und kratzte unter seinen Fingernägeln herum.
    René strich sich übers Kinn.
    »Meinetwegen! Soll er dir eben erzählen, was los ist! Sonst erstickt er ja noch daran …«
    »Iss erst. Wir reden später …«
    Sie frühstückten zu dritt. Schweigend. Dann griff René nach seiner Mütze und ging hinaus.
    »Ist er jetzt beleidigt?«
    »Natürlich ist er beleidigt. Aber mir war es lieber, dass er davon weiß. Ich bin nicht gut in Heimlichkeiten …«
    Sie warf einen Blick auf Junior, der inmitten seiner Kissen saß und zuhörte.
    »Vielleicht sollten wir ihn beschäftigen …«
    »Gib ihm was zu lesen. Das liebt

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