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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Radiosendung?«, fragte Capitaine Gallois.
    »Nein … Wäre das jetzt alles?«
    »Vorerst!«
    Sie hat eindeutig etwas gegen mich, dachte Joséphine, während sie auf den Aufzug wartete.
    Zoé war noch nicht zu Hause, Iris lag auf dem Sofa vor dem Fernseher, das Telefon zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt. Auf dem Bildschirm schüttete Céline Dion Michel Drucker mit näselnder Stimme ihr Herz aus.
    Als Gaétan und Zoé an diesem Sonntag, dem 24. Mai, aus dem Kino nach Hause kamen, trennten sie sich am Eingang des Parks vor ihrem Haus. »Mein Vater bringt mich um, wenn er uns zusammen sieht! Du gehst vorne rum und ich hinten.« Sie hatten sich ein letztes Mal geküsst, hatten sich widerstrebend aus den Armen des anderen gelöst und waren rückwärts weggegangen, um einander noch so lange wie möglich sehen zu können.
    Ich bin glücklich, so glücklich!, sagte sich Zoé, während sie quer über die Rasenfläche ging und freudig den Duft der weichen Erde einsog. Alles ist schön, alles riecht gut. Es gibt nichts Schöneres als die Liebe.
    Mir ist vorhin vor dem Kino etwas Komisches passiert …
    Ich wartete auf Gaétan, ich hatte seinen Pullover in der Tasche, ich habe ihn rausgeholt und in beide Hände genommen, und mit einem Mal war der Geruch da. Sein Geruch. Wir haben alle einen Geruch. Man weiß nicht, woher er kommt, man kann ihn nicht definieren, aber man erkennt ihn wieder. Ich wusste noch nicht, wie sein Geruch war, ich hatte noch nie richtig darüber nachgedacht. Und als ich seinen Pullover gerochen habe, da war ich plötzlich hin und weg vor Glück. Ich habe ihn schnell zurück in meine Tasche gesteckt, damit der Geruch nicht verfliegt. Es klingt vielleicht blöd, aber ich habe gedacht, dass das Liebe sein muss, wenn einem das Herz so stark anschwillt, weil man an einem alten Pullover gerochen hat. Und dann bekommt man Lust, herumzuspringen und alle Leute zu küssen. Schöne Dinge werden sehr schön, und blöde Dinge werden egal! Es ist mir so was von egal, dass Maman Philippe geküsst hat! Vielleicht ist sie ja in ihn verliebt, vielleicht hat sie ja auch einen Luftballon in ihrem Herzen.
    Ich bin nicht mehr böse auf sie, weil ICH VERLIEBT BIN ! Ich glaube, das Leben wird ein langer, hell erleuchteter Weg voller Lachen und Küsse, ich werde an seinen Pullovern schnüffeln und Pläne schmieden. Wir werden ganz viele Kinder haben und lassen sie alles machen, was sie wollen. Nicht wie Gaétans Vater. Der ist irgendwie komisch. Er verbietet ihnen, Freunde nach Hause einzuladen. Redeverbot am Esstisch: Sie müssen den Finger heben und warten, bis man ihnen das Wort erteilt. Fernsehverbot. Radioverbot. Manchmal besteht er abends darauf, dass alles weiß ist: die Kleider, das Essen, die Tischdecke und die Servietten, die Schlafanzüge der Kinder. An anderen Tagen muss alles grün sein. Dann essen sie Spinat und Brokkoli, grüne Lasagne und Kiwis. Seine Mutter kratzt sich vor Verzweiflung die Arme auf. Sie haben die ganze Zeit Angst, dass sie eine Dummheit macht, dass sie sich mit einem Messer die Pulsadern aufschneidet oder vom Balkon springt. Und er erzählt mir nicht einmal alles … Manchmal wollen die Wörter raus, aber er schluckt sie im letzten Moment wieder runter. Gaétan hat eine Abmachung mit Domitille: Sie verrät uns nicht, und er hält still über alles andere … Er hat mir nicht genau gesagt, was dieses andere ist, aber es ist bestimmt was Fieses, denn Domitille ist echt eklig drauf. Und dann diese Sachen mit den Jungs! Das muss man gesehen haben! Sie schließt sich mit ihnen auf dem Klo ein und kommt mit knallrotem Gesicht und total verwuschelten Haaren wieder raus. Die macht da drin garantiert Zungenküsse oder so was. Sie und ihre Freundin Inès machen einen auf sexy und Bitch. Sie stecken einander Briefchen und Fünfeuroscheine zu und malen kleine Kreuzchen an den Rand ihrer Hefte. Wer die meisten Kreuzchen und das meiste Geld hat, der hat gewonnen!
    Das ist eine echt komische Familie! Aber irgendwie sind alle Familien komisch. Sogar meine. Ein Vater, von dem keiner weiß, wo er ist, und eine Mutter, die am Heiligabend in der Küche ihren Schwager küsst! Sogar die Leute, die man für total normal hält, drehen durch. Madame Merson lässt sich anpinkeln, und Monsieur Merson lacht sich darüber kaputt. Monsieur van den Brock geht immer ganz dicht an mir vorbei, sodass er mich berührt, darum nehme ich nie den Aufzug mit ihm alleine, und Madame van den Brock schielt so stark, dass man manchmal

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