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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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zurückgekehrt war. Sie hatte keine Angst mehr vor seinem Geist. Fast sehnte sie seine Rückkehr herbei. Sehnte den Tag herbei, an dem die Zweifel endlich endeten. Nichts ist schlimmer als Ungewissheit.
    Gibt es diese Dottie Doolittle wirklich, oder hat Iris sie nur erfunden, um ihre Trennung von Philippe zu begründen? Zweifel keimten in ihr auf. Manchmal redete Iris einfach drauflos. Es ist viel leichter, zu behaupten, der Ehemann verlasse einen wegen einer anderen, statt einzugestehen, dass er wegen einem selbst gegangen ist. Ich sollte zu ihm fahren. Ich würde ihn nicht einmal zu fragen brauchen, ich würde mich ihm einfach gegenübersetzen und ihm tief in die Augen sehen.
    Nach London fahren …
    Mein englischer Verleger will mich kennenlernen. Diesen Vorwand könnte ich nutzen. Das wäre eine Idee. Beim Gehen oder Laufen kamen ihr immer gute Ideen. Sie sah auf die Uhr und beschloss umzukehren.
    Iphigénie wollte gerade ihren Müll rausbringen, und Joséphine bot an, ihr zu helfen.
    »Wir brauchen die Säcke nur in den Müllraum zu legen«, sagte Iphigénie.
    »Wie Sie wollen … Du Guesclin, komm sofort her!«
    Wie ein Pfeil war er in den Hof geschossen.
    »Mein Gott! Wenn jemand sieht, wie er in den Hof pinkelt, kann ich ihn gleich ins Tierheim bringen!«, presste Joséphine hervor, während sie hinter vorgehaltener Hand ein Lachen unterdrückte.
    Er drängte sich an die Tür des Müllraums und schnüffelte hektisch herum.
    »Was hat er denn?«, fragte Joséphine verwundert.
    Er kratzte an der Tür und versuchte, sie mit der Schnauze aufzudrücken.
    »Vielleicht will er uns helfen …«, rätselte Iphigénie.
    »Komisch … Es sieht ganz so aus, als hätte er etwas gewittert. Verstecken Sie da drin etwa Drogen, Iphigénie?«
    »Lachen Sie nicht, Madame Cortès, meinem Ex wäre das durchaus zuzutrauen! Einmal ist er wegen Drogenhandels verknackt worden.«
    Joséphine griff nach einer mit Papptellern und Plastikbechern gefüllten Tüte und ging zum Müllraum. Iphigénie folgte ihr, zwei große Müllsäcke hinter sich herschleifend.
    »Glas und Papier trenne ich morgen, Madame Cortès.«
    Sie öffneten die Tür des Müllraums, und Du Guesclin stürmte, die Nase dicht über dem Boden, so hastig hinein, dass seine Krallen über den Beton scharrten. Drinnen konnte man kaum atmen, die Luft war warm und stank. Joséphine spürte, wie ihr vom widerlich stechenden Geruch verdorbenen Fleischs übel wurde.
    »Was sucht er denn da bloß?«, fragte sie und hielt sich die Nase zu. »Mein Gott, stinkt das hier drin! Ich glaube fast, die Bassonnière hat doch recht!«
    Sie hob eine Hand vor den Mund, weil sie plötzlich das Gefühl hatte, sich übergeben zu müssen.
    »Du Guesclin …«, murmelte sie, von Ekel überwältigt.
    »Er muss irgendwo eine alte Wurst entdeckt haben!«
    Der Geruch blieb hartnäckig, setzte sich fest. Du Guesclin hatte ein altes Stück Teppichboden gepackt, das zusammengerollt an der Wand lag, und zerrte es, die Hinterbeine in den Boden gestemmt, in Richtung Tür.
    »Er will uns etwas zeigen«, sagte Iphigénie.
    »Ich glaube, ich muss mich übergeben …«
    »Doch, doch. Sehen Sie! Da … dahinter …«
    Sie gingen näher heran, schoben drei große Mülltonnen zur Seite und warfen einen Blick auf den Boden. Was sie dort sahen, versetzte ihnen einen Schock: Aus dem dreckigen Teppich schaute ein bleicher Frauenarm heraus.
    »Iphigéniiiie!«, schrie Joséphine.
    »Nicht bewegen, Madame Cortès … Das ist vielleicht ein Geist!«
    »Ach was, Iphigénie! Das ist eine … Leiche!«
    Sie starrten den aus der Teppichrolle ragenden Arm an. Er schien um Hilfe zu rufen.
    »Wir sollten die Polizei rufen! Sie bleiben hier, ich laufe schnell in die Loge …«
    »Nein!«, antwortete Joséphine zähneklappernd. »Ich komme mit …«
    Die Schnauze von Schaum und Geifer verschmiert, zerrte Du Guesclin immer noch an dem Teppich, bis schließlich ein bleiches, graues Gesicht auftauchte, das von verklebten, beinahe glitschigen Haaren bedeckt war.
    »Die Bassonnière!«, rief Iphigénie, während Joséphine sich an der Wand abstützte, um nicht umzufallen. »Sie wurde …«
    Entsetzt schauten sie einander an, unfähig, sich zu rühren, als befähle ihnen die Tote, an ihrer Seite zu bleiben.
    »Ermordet?«, fragte Joséphine.
    »Sieht ganz danach aus …«
    Sie blieben reglos stehen und starrten das entstellte, verzerrte Gesicht der Leiche an. Iphigénie erholte sich als Erste und ließ ihr trompetendes Schnauben

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