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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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auch verschwiegen, dass ich ihn in London getroffen habe.
    Oder … und der Bleistift fiel zurück aufs Blatt.
    Er hatte genug von ihr, nachdem er sie ins Bett gekriegt hatte.
    Er mochte den Geruch meines Körpers nicht, die kleine geplatzte Ader an meiner linken Hüfte, den Geschmack meines Mundes, die kleine Falte an meinem rechten Knie, den Umriss meiner Oberlippe, die Beschaffenheit meines Zahnfleischs … Ich habe geschnarcht, ich war zu offen, zu verschlossen, ich war eine dumme Gans, albern, ich küsse nicht gut, ich bin langweilig im Bett.
    Man trennt sich doch nicht von einer Frau, weil der Abstand zwischen ihrer Nase und ihrem Mund zu klein oder ihr Zahnfleisch zu weich ist! Und warum nicht? Wenn man auf genau diesen Abstand sein ganzes Ideal von Schönheit und Perfektion projiziert hat? Sie erinnerte sich daran, wie sie im letzten Schuljahr Jean-François Coutelier abgewiesen hatte, weil er behauptete, Vater Goriot habe zwei Söhne gehabt. »Nein! Zwei Töchter, Anastasie de Restaud und Delphine de Nucigen«, hatte sie widersprochen. »Bist du sicher? Und ich dachte, es wären zwei Söhne gewesen.« Sie hatte ihn angeschaut, und Jean-François Couteliers ganze Schönheit war mit einem Schlag verflogen.
    Begehren. Dieses Parfüm, das niemand in Flakons abzufüllen vermag. Wie sehr man es auch erflehte, wie sehr man die Hände rang, es blieb flüchtig und flatterhaft.
    Sie rief ihren Vater. Ich brauche dich, gib mir ein Zeichen. Ich bin in tausend Scherben zerbrochen.
    »… aber wenn du hinausgehst, mein Engel, das Herz trunken vor Glück, dann achte im Dunkel auf die tückische Orange.«
    »Was ist das? Ein Zitat?«
    »Nein. Eine Warnung! Vielfältig anwendbar.«
    Sie war die Treppe im Hotel hinuntergefallen, nachdem sie auf einer Orange ausgerutscht war.
    Würde sie Philippe wegen einer »tückischen Orange« verlieren?
    Sie tippte »Orange« bei Google ein. Der Telefonanbieter Orange, die Frucht Orange, die Stadt Orange, Uhrwerk Orange , die Chorégies von Orange, die Genealogie des Hauses Orange. Sie klickte »Genealogie« an. Ging zurück bis zu Philibert de Chalon, Prince d’Orange, geboren in Lons-le-Saunier, der den französischen König Franz I. verriet und sich auf die Seite Karls V. schlug. Ein Verräter. Philippe hat mich verraten. Er ist in die Arme der tückischen Engländerin zurückgekehrt. Lons-le-Saunier, las sie auf dem Bildschirm, Geburtsstadt von Rouget de Lisle.
    Sie kauerte sich auf ihrem Lieblingsstuhl zusammen, die Sitzfläche war gepolstert, die Armlehnen schön gerundet, und die Rückenlehne stützte ihr Kreuz. Meine Liebe zerbröselt: ein Kuss an der Ofentür, ein Zitat von Sacha Guitry, ein heimlicher Ausflug nach London und ein langes Warten, das mir den Atem raubt.
    Sie konzentrierte sich auf ihre Habilitation und arbeitete. Sie blätterte ihre Aufzeichnungen durch. Wie weit war sie? Bei dem Magneten, den man sich auf den Bauch legte, um das erwünschte Kind zu behalten, oder sich zwischen die Beine hielt, um das ungewollte abzutreiben? Bei den Zunftordnungen, die vorschrieben, dass nur bei Tageslicht gearbeitet werden durfte? Um mehr herzustellen, ließen manche Meister ihre Arbeiter nach Einbruch der Dunkelheit im Kerzenschein weiterarbeiten, was verboten war. Daher stammt auch der Ausdruck »schwarzarbeiten«. Ihre Gedanken schweiften haltlos umher.
    Sie hatte Luca gesehen, von Weitem, unter den Bäumen im Park. Er strich um das Haus, die Hände in den Taschen seines Dufflecoats vergraben. Sie hatte sich mit Du Guesclin hinter einen Baum geflüchtet und gewartet, bis er wieder fort war. Was wollte er? Hatte die Concierge ihm erzählt, dass sie bei ihm gewesen war und von seiner doppelten Identität wusste? Sie wagte es sich nicht einzugestehen, aber sie hatte Angst. Was, wenn er auf sie losging? Du Guesclin hatte geknurrt, als er ihn bemerkte. Seine Nackenhaare hatten sich aufgerichtet.
    Die Polizei schien zu glauben, dass der Mörder in ihrem Haus wohnte.
    »Die Ermittlungen konzentrieren sich immer stärker auf Sie und Ihre Nachbarn«, hatte Inspecteur Garibaldi gesagt und dabei das Gesicht verzogen. »Warum haben Sie nicht gleich Anzeige erstattet, als Sie im November überfallen wurden? Wollten Sie den Täter schützen? Kennen Sie ihn?«
    »Nein, natürlich nicht!«, stammelte Joséphine jedes Mal, wenn er ihr diese Frage stellte. Es musste eine Verhörtechnik sein, hundertmal die gleiche Frage zu stellen. »Ich wollte meine Tochter Zoé nicht beunruhigen. Ihr Vater

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