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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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ans Fenster und sah, wie die große Buche vor dem Haus auf ihr Auto fiel. Mein Auto! Sie stürzte zum Lichtschalter. Der Strom war weg. Ein weiterer Blitz erhellte den dunklen Himmel und ließ ihr gerade genug Zeit, um zu erkennen, dass ihr Auto platt wie ein Pfannkuchen war.
    Am nächsten Morgen rief sie Monsieur Fauvet an. Die Frau des Dachdeckers antwortete, dass ihr Mann vor lauter Arbeit nicht mehr wisse, wo ihm der Kopf stehe.
    »Sie sind nicht die Einzige! Alle Häuser in der Region sind betroffen. Er kommt im Laufe des Vormittags vorbei.«
    Dann würde sie eben warten. Sie verteilte Schüsseln, um das Wasser aufzufangen, das an verschiedenen Stellen hereinlief. Hortense rief an. Maman, ich fahre zu Freunden nach Saint-Tropez. In Korčula war es sterbenslangweilig. Ich habe endgültig genug von reichen Leuten! Nein, war bloß ein Scherz. Ich mag intelligente, brillante, bescheidene, kultivierte reiche Leute … Glaubst du, so etwas gibt es?
    Zoé rief an. Die Verbindung war so schlecht, dass sie nur jede zweite Silbe verstand. Sie hörte, alles in Ordnung, Akku bald leer, hab dich lieb, bleiben eine Woche länger, Philippe ist einv…
    »Einverstanden«, murmelte sie in die Stille, die auf den Anruf folgte.
    Sie ging in die Küche, öffnete die Schränke, nahm ein Paket Zwieback und Marmelade heraus. Dachte an die Gefriertruhe und die ganzen Vorräte, die verderben würden. Ich muss Iris anrufen, sie fragen, was ich tun soll …
    Sie rief Iris an. Schilderte ihr die Situation möglichst wenig besorgniserregend, erwähnte aber den Stromausfall und die Tiefkühltruhe.
    »Mach, was du willst, Jo. Wenn du wüsstest, wie gleichgültig mir das ist …«
    »Es wird alles verderben!«
    »Das ist doch kein Drama«, antwortete Iris matt.
    »Du hast recht. Mach dir keine Sorgen, ich kümmere mich darum. Und bei dir? Alles in Ordnung?«
    »Ja. Er ist zurück … Ich bin so glücklich, Jo, so glücklich. Ich glaube, ich entdecke endlich, was Liebe ist. Mein ganzes Leben lang habe ich mich nach diesem Moment gesehnt, und jetzt ist es so weit. Dank ihm. Ich liebe dich, Jo, ich liebe dich …«
    »Ich liebe dich auch, Iris.«
    »Ich war nicht immer nett zu dir …«
    »Ach, Iris, das ist doch nicht schlimm!«
    »Ich war zu niemandem nett, aber ich glaube, ich wartete auf etwas Großes, etwas sehr Großes, und jetzt habe ich es endlich gefunden. Ich lerne. Ich streife Stück für Stück meine alte Haut ab. Weißt du, dass ich mich nicht mehr schminke? Irgendwann hat er mir gesagt, dass er künstliche Schönheit nicht mag, und hat mein Rouge mit dem Finger weggewischt. Ich bereite mich auf ihn vor …«
    »Es freut mich so, dass du glücklich bist.«
    »Oh, Jo, so unglaublich glücklich …«
    Ihre Stimme klang belegt, sie zog manche Silben in die Länge, verschluckte andere. Sie hat gestern Abend getrunken, dachte Joséphine bedrückt.
    »Ich rufe dich morgen an, um dich auf dem Laufenden zu halten.«
    »Das ist nicht nötig, Jo, kümmere dich einfach um alles, ich vertraue dir. Lass mich meine Liebe leben. Es fühlt sich an, als fiele eine alte Haut von mir ab … Ich musste allein sein, das verstehst du doch, oder? Wir haben nur sehr wenig Zeit, um ungestört zusammen zu sein. Und die will ich voll und ganz genießen. Vielleicht ziehe ich zu ihm …«
    Sie lachte wie ein kleines Mädchen. Joséphine dachte an das kahle Zimmer, an das Kruzifix, an die heilige Therese von Lisieux und an die Gebote für die perfekte Ehefrau. Er würde sie nicht mit in seine Wohnung nehmen.
    »Ich liebe dich, Schwesterchen. Danke, dass du immer so gut zu mir warst …«
    »Iris! Hör auf, sonst fange ich noch an zu weinen!«
    »Nein, im Gegenteil, freu dich darüber! Das ist ein ganz neues Gefühl für mich …«
    »Ich verstehe. Sei glücklich. Ich werde hierbleiben. Es gibt mehr als genug zu tun! Hortense und Zoé kommen frühestens in zehn Tagen nach Hause. Genieße die Zeit!«
    »Danke. Und denk daran, du brauchst mich nicht anzurufen… Ich werde nicht mehr ans Telefon gehen.«
    Am darauf folgenden Abend hörte Iris eine Oper, dann seine Stimme am Telefon. Sie erkannte den Troubadour und summte, in ihrem schönen elfenbeinfarbenen Kleid auf ihrem Stuhl sitzend, die Melodie mit. Elfenbein, Elfenbeinturm. Wir sitzen jeder für sich in seinem Elfenbeinturm. Aber, dachte sie plötzlich und sprang auf, vielleicht glaubt er ja, ich sei weggefahren? Oder ich sei immer noch böse auf ihn! Ja, natürlich! Außerdem ist es nicht an ihm, zu mir zu

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