Der Lauf in die Vergangenheit: Teil 1 (German Edition)
von den Blicken der anderen nicht beeinflussen lassen.“
„ Ich denke, ich verstehe das besser, als du dir jetzt vorstellen kannst. Dort wo ich herkomme, gibt es immer noch Kriege. Kriege, die in ihrer Brutalität noch schlimmer wurden, als die heutigen. Aber davon werde ich dir ein anderes Mal erzählen, wenn wir mehr Zeit haben.“
„ Genau darüber wollte ich mit dir reden.“ Sie schaute mich etwas verlegen an. „Ich kenne dich eigentlich nicht und ich weiß nicht, woher du kommst oder wie du zu unserer Sache stehst. Du weißt, dass ich mit meinem Sohn alleine und beim Packen schwerer Dinge immer auf andere angewiesen bin.“
Ich nickte und sagte: „Ja, das habe ich von Immanuel gehört. Du hast deinen Mann im Kampf verloren.“
„ Ja, und ich soll den Wagen nach Masada alleine lenken. Es ist nicht einfach, auf den Sohn aufzupassen und gleichzeitig den Wagen zu lenken, um den anderen zu folgen. Kurz gesagt, wollte ich dich fragen, ob du mich bei der Fahrt nach Masada begleiten würdest?“
Ich schaute sie eine Weile an, lächelte und sagte ihr mit klopfendem Herzen: „Gerne würde ich dich auf deinem Wagen begleiten. Ich denke, ich bin morgen schon wieder so weit gestärkt, dass ich dir sogar beim Packen helfen kann.“
Noch immer klopfte mein Herz wie verrückt. Ich hatte zwar gehofft, es aber nicht erwartet, dass Elena mich so direkt fragen würde, mit ihr zu fahren. Wir schritten langsam zurück und Elena hakte sich, während unseres Spaziergangs, bei mir ein. Ein altbekanntes Kribbeln ging durch meinen Körper und zum ersten Mal, seit dem Wüstenlauf fühlte ich mich glücklich. Ja, ich war sogar mit der momentanen Situation zufrieden und vermisste weder Carrie noch meine Freunde Frank und Harry. Zwischen uns beiden wurde es auf dem Rückweg zum Zelt wieder still. Jeder genoss die Ruhe und keiner benötigte ein Gespräch. Ab und zu trafen sich unsere Blicke, jedoch getraute sich keiner, mehr zu tun, als nur zu schauen. In meinen Gedanken kam es mir vor, als würde ich durch den Park in Edinburgh laufen. Aber ich war hier fast 2000 Jahre von meinem alten Leben entfernt. In einer Zeit, in der ich die gesprochene Sprache zwar gut beherrschte, aber von den Gepflogenheiten des Alltags nichts wusste. Der Irrsinn an dieser ganzen Situation war, dass ich keine Ahnung hatte, wie es weitergehen sollte. Immer noch überlegte ich, wie man aus dieser prekären Situation heraus kam. Ich wurde hier mitten in einen Krieg gezogen, und mal im Ernst, ich konnte mich nicht einmal richtig verteidigen. Sollte ich mit einer Tastatur werfen, die ich nicht einmal dabei hatte? Einem Krieg, dessen Ausgang mir aus der Geschichte bekannt war und bei dem ich mich eindeutig auf der Verliererseite befand. Und gerade ich sollte eine Wende einleiten? Also die Geschichte verändern? Noch hatte ich keine Möglichkeit gefunden, mich dem zu entziehen. Und Elena machte es mir dabei nicht unbedingt leichter. Denn ihre Haut, die ich an meinem Arm spürte, war mehr als angenehm.
„ Tom, Tom, wir sind da“, sagte Elena und gab mir einen freundschaftlichen Rippenstoß. Ich hatte nicht einmal bemerkt, dass wir schon wieder an meinem Zelt angekommen waren.
„ Du siehst sehr nachdenklich aus. Was bedrückt dich, Tom?“
„ Mich bedrückt? Nun, ich weiß es nicht Elena, ob mich etwas bedrückt. Es ist in den letzten Wochen sehr viel passiert, was ich nicht verstehe.“ Ich lächelte sie an.
„ Ist es wegen mir?“, fragte sie und zog ihren Arm schnell weg.
„ Nein, wirklich nicht, Elena, im Gegenteil. Deine Nähe tut mir gut, sogar sehr gut“, antwortete ich, nahm ihre Hände und zog sie sanft an mich.
Sie schaute verlegen nach unten und ich schob ihren Kopf mit meiner rechten Hand liebevoll nach oben.
„ Dich stört es nicht, dass ich eine Frau bin, die schon einmal vergeben war?“, fragte sie unsicher.
„ Nein, das stört mich nicht.“
Ihr Gesicht erhellte sich, sie nahm meine rechte Hand und küsste sie. Mein Puls pochte vor Nervosität, ich versuchte aber eine gewisse Gelassenheit an den Tag zu legen.
„ Lass uns schlafen gehen, denn du bist bestimmt sehr müde“, sagte Elena und sprach mir dabei aus dem Herzen.
„ Ja, ich denke, ich sollte mich jetzt hinlegen, denn morgen wird es ein anstrengender Tag. Wirst du mich wecken?“
Sie lächelte kurz und sagte: „Vielleicht.“
Sie löste sich von mir und lief den Weg hinunter. Verwirrt und müde, ging ich zu meiner Liege und legte mich hin. Ich schaffte es nicht
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