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Der Lavendelgarten

Der Lavendelgarten

Titel: Der Lavendelgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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Blackmoor Hall.«

16
    Am nächsten Morgen wachte Emilie nach einer unruhigen Nacht früh auf. Das lag nicht zuletzt an der für sie ungewohnten bitteren Kälte. Sebastian hatte sich wortreich entschuldigt und ihr erklärt, dass die altersschwache Heizung nicht funktioniere, weil jemand vergessen habe, den Öltank zu füllen. Er würde sich so schnell wie möglich darum kümmern.
    Emilie wärmte ihre eisigen Zehen an Sebastians Schienbein. Im Zimmer war es dunkel; durch die verschlissenen Damastvorhänge drang kein bisschen Licht. Sie fragte sich, ob es Sebastian etwas ausmachen würde, bei offenen Vorhängen zu schlafen. Emilie war es gewöhnt, im Licht des neuen Tages aufzuwachen.
    Sie grübelte über das nach, was Sebastian ihr am Abend über seinen Bruder erzählt hatte. Nach der Eröffnung, dass Alex in Blackmoor Hall lebe, hatte er ihr erklärt, dass er im Rollstuhl sitze, weil bei dem Autounfall sein Rückgrat verletzt worden sei. Er wohne in einer nach seinen Bedürfnissen gestalteten Wohnung im Erdgeschoss des Ostflügels und habe eine Pflegerin, die rund um die Uhr für ihn da sei.
    »Natürlich kostet die Pflegerin ein Vermögen, ganz zu schweigen von den Umbauten, die wegen seiner Behinderung nötig waren, aber was bleibt mir anderes übrig?«, hatte Sebastian geseufzt. »Zerbrich dir bitte nicht den Kopf über Alex. Er taucht nur selten im Hauptgebäude auf.«
    »Ist es ihm seit dem Unfall gelungen, sich von Drogen und Alkohol fernzuhalten?«, hatte Emilie vorsichtig gefragt.
    »Die meiste Zeit schon. Aber wir haben eine ganze Reihe von Pflegerinnen durch, von denen ich zwei entlassen musste, weil mein Bruder sie überredet hat, ihm Alkohol zu besorgen. Alex kann, wenn er möchte, ausgesprochen charmant und überzeugend sein.«
    Trotz der Versicherung ihres Mannes, dass Alex in einem anderen Flügel wohne, schauderte Emilie, wenn sie an den Gelähmten dachte, der – egal ob in einer eigenen Wohnung oder nicht – eindeutig unter demselben Dach lebte wie sie.
    Sebastian hatte erwähnt, dass Alex ein geschickter Lügner sei. »Glaub ihm kein Wort, Emilie. Mein Bruder ist in der Lage, dir weiszumachen, dass Schwarz Weiß ist und umgekehrt.«
    »Schatz?«
    Emilie spürte eine warme Hand.
    »Ja?«
    »Um Himmels willen!«, rief Sebastian aus, als er Emilies Schulter unter all den Lagen ertastete, in die sie sich im Verlauf der Nacht gehüllt hatte. »Du bist ja eingepackt wie ein Weihnachtsgeschenk.« Er lachte. »Komm, lass dich drücken.«
    Als Emilie sich in seine herrlich warmen Arme schmiegte und er sie küsste, verflogen alle ihre Ängste.
    »Ich habe das Gefühl, heute ist kein Tag für Ausflüge«, bemerkte Sebastian, als sie in der Küche Kaffee tranken und in den Schnee hinausschauten. »Schätze, wir haben fast einen halben Meter Schnee, und es dürfte noch mehr werden. Ich ruf mal meinen Nachbarn Jake an und frage ihn, ob er mit seinem Traktor die Auffahrt freiräumen kann. Unsere Vorräte neigen sich dem Ende zu, ich muss in den Laden im Ort. Wie wär’s, wenn du dich im Salon vor den warmen Kamin setzt? Am anderen Ende des Flurs ist eine Bibliothek, da findest du sicher ein Buch, mit dem du dir die Zeit vertreiben kannst.«
    »Okay«, sagte Emilie, die den Eindruck hatte, dass ihr keine andere Wahl blieb.
    »Ich kümmere mich um Öl für die Zentralheizung. Öl ist schrecklich teuer geworden, und die meiste Wärme verpufft sowieso durch die undichten Fenster.« Er seufzte. »Tut mir leid, Schatz. Ich hab dir ja schon gesagt, dass ich mich in den letzten Monaten nicht richtig um die englische Seite meines Lebens gekümmert habe.«
    »Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Nein, aber danke fürs Angebot. Im Ort schaue ich auch gleich bei Mrs Erskine, unserer Exhaushälterin, vorbei und versuche, sie zur Rückkehr zu bewegen. Ich versprech dir, in ein paar Tagen läuft alles wieder«, sagte Sebastian, als sie zum Salon gingen. »Du fragst dich jetzt sicher, wo ich dich da hingebracht habe«, fügte er hinzu, während er sich über den Kamin beugte, um ihn zu säubern. »Es wird besser, das verspreche ich dir. Dieser Teil der Welt ist nämlich eigentlich sehr schön.«
    »Lass mich das machen.« Emilie kniete neben Sebastian nieder. »Fahr du und erledige, was zu erledigen ist.«
    »Bist du sicher? Wir haben leider keine Bediensteten. Ich weiß, dass du Besseres gewöhnt bist.«
    »Sebastian …« Emilie wurde rot. »Ich kann mich anpassen.«
    »Natürlich, war bloß ein Scherz. Sieh dich ruhig in dem

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