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Der Lavendelgarten

Der Lavendelgarten

Titel: Der Lavendelgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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vor dem Kamin saßen, begann Sebastian seine Geschichte.
    »Ich muss dir von meinem Bruder Alex erzählen. Leider ist das keine schöne Geschichte. Ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich dir nichts von ihm gesagt habe, aber ich hielt es bisher nicht für so wichtig.«
    »Dann mal raus mit der Sprache«, forderte Emilie ihn auf.
    »Okay.« Sebastian nahm einen Schluck Tee. »Du weißt schon, dass unsere Mutter uns damals bei unserer Oma abgeladen hat und einfach verschwunden ist. Alex ist achtzehn Monate jünger als ich, und wir könnten gegensätzlicher nicht sein, ähnlich wie Falk und Frederik aus deiner Geschichte. Wie du weißt, bin ich organisiert, wogegen Alex immer schon ein … Freigeist gewesen ist, ein Suchender, nicht bereit und auch nicht fähig, Routine zu ertragen. Jedenfalls wurden wir beide aufs Internat geschickt, und während es mir dort gefiel, hatte Alex Mühe, sich einzufügen«, erklärte Sebastian. »Am Ende ist er von der Schule geflogen und hat sich seinen Platz an der Uni wegen Trunkenheit am Steuer verscherzt. Mit achtzehn ist er dann ins Ausland gegangen, und wir haben Jahre nichts von ihm gehört.«
    »Wo war er?«, fragte Emilie.
    »Wir hatten keine Ahnung, bis Oma eines Tages einen Anruf von einem Krankenhaus in Frankreich bekam. Alex hatte sich eine Überdosis Heroin gespritzt und war dem Tod gerade noch mal von der Schippe gesprungen.« Sebastian seufzte. »Oma ist rübergeflogen, um ihn zu holen und in England in eine Entziehungsklinik zu stecken. Der Ehrlichkeit halber muss ich sagen, dass Alex clean nach Hause kam. Aber dann hat er sich noch mal ins Ausland abgesetzt, und wir haben ihn erst wiedergesehen, als Oma gestorben ist. Ich glaube, ich brauche jetzt was Stärkeres. Du auch?«
    »Danke, nein.«
    Als Sebastian den Raum verließ, stand Emilie auf, um die Vorhänge zu schließen. Draußen schneite es noch immer. Was für eine schreckliche Geschichte, dachte sie und setzte sich wieder vor den Kamin.
    Sebastian kehrte mit einem Gin Tonic zurück und ließ sich von Emilie trösten, die ihm über die Haare strich.
    »Was ist dann passiert?«, fragte sie.
    »Kurz nach Omas Tod, als Alex wieder hier eingezogen war, haben wir uns furchtbar gestritten. Er ist zum Wagen rausgelaufen. Ich habe ihm angeboten, ihn zu chauffieren, weil ich wusste, dass er getrunken hatte, aber er wollte unbedingt selber fahren. Dummerweise bin ich zu ihm ins Auto gestiegen, und an einer gefährlichen Kurve ist er auf die Gegenfahrbahn geraten und frontal mit einem entgegenkommenden Wagen zusammengestoßen. Dabei wurde mein Bruder schwer verletzt. Ich hatte mehr Glück als Verstand und bin mit ein paar gebrochenen Rippen, einem gebrochenen Arm und einem Schleudertrauma davongekommen.«
    »Gütiger Himmel!«, murmelte Emilie. »Du Armer.«
    »Wie gesagt: Alex hat’s schlimmer erwischt.«
    »Wie traurig.« Emilie schüttelte den Kopf. »Das hättest du mir schon früher erzählen sollen, Sebastian.«
    »Dann hättest du mir vielleicht einen Korb gegeben, solange noch Zeit dazu war.« Er verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln.
    »Nein, so war das nicht gemeint!«, versicherte Emilie ihm. »Ich habe von dir gelernt, dass es gut ist, über Probleme zu sprechen.«
    »Stimmt«, pflichtete Sebastian ihr bei. »Alex ist ein intelligentes Kerlchen. Viel intelligenter als ich. Er hat sämtliche Prüfungen mühelos bestanden, während ich immer hart arbeiten musste. Alex hätte alles haben können, wenn er nicht so schwierig und unberechenbar gewesen wäre.«
    »Intelligente Menschen leiden genauso wie andere, die sich abmühen müssen. Mein Vater hat immer gesagt, Begabungen sind am besten, wenn man sie in überschaubarem Maß besitzt. Zu viel oder zu wenig bringt Probleme.«
    »Dein Vater scheint ein kluger Mann gewesen zu sein. Schade, dass ich ihn nicht kennenlernen konnte.« Sebastian küsste sie auf die Nase und sah sie an. »Tja, das war sie also, die Geschichte von meinem Bruder. Du hast bestimmt Hunger. Komm mit in die Küche, nachsehen, was im Kühlschrank ist. Wenn der Ofen brennt, ist es da wenigstens warm. Und hinterher, würde ich vorschlagen, ziehen wir uns ins eisige Schlafzimmer zurück. Uns fallen sicher Möglichkeiten ein, uns warm zu halten.« Sebastian nahm sie an der Hand. »Lass uns so schnell wie möglich etwas essen und dann nach oben gehen.«
    Auf dem kalten Flur zur Küche fragte Emilie: »Und wo ist Alex jetzt?«
    »Habe ich das nicht erwähnt?«
    »Nein.«
    »Hier. Alex wohnt in

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