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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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den Leuten um uns herum ablenken lassen. Ich muss die Tür im Auge behalten, sehen, wer hereinkommt. Und mit wem.
    »Du brauchst nur wegzugehen, und schon bist du geliefert. Sie sagen dir, dass es den Norden und den Süden gibt und dass ein Umzug innerhalb ein und desselben Landes gleichbedeutend mit Auswanderung ist. Anfangs regst du dich darüber auf, dann triffst du nach ein paar Jahren deine Freunde und bist der Erste, der diesen Scheiß von sich gibt.«
    Einige verlassen das Lokal, andere kommen herein. Ich kann hier nicht sitzen bleiben, um zu warten, es reicht. Massimiliano fixiert mich.
    »Wenn du Mailänderin wirst, werden sie dich für immer verstoßen.«
    Ich erhebe mich, verspreche, dass das nicht geschehen wird.
    »Du weißt doch, dass ich in Turin bin.«
    »Das ist fast noch schlimmer.«
    Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. »Ich muss ein bisschen Schlaf nachholen.«
    Er hält mich zurück und umarmt mich.
    »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Hm?«
    »Vorhin am Handy.«
    »Du kennst sie nicht.«
    Ich entschlüpfe seiner Umarmung, und er kneift die Augen zusammen, bleibt stehen, bis ich das Lokal verlassen habe. Er weiß ganz genau, dass ich gelogen habe, dass ich mich nicht auf den Heimweg mache, sondern durch die Innenstadt laufen und wieder eine bestimmte Straße entlanggehen werde, wie ich es bis zum Sommer gewohnt gewesen war. Als ich am Ziel angelangt bin, ist mein Antrieb weg, und ich bleibe vor der Haustür stehen. Sie ist aus Eisen, und auch das ganze Gebäude scheint aus Eisen zu sein mit den hinter den Fenstern eingeschlossenen Menschen, die in den Zimmern schlafen, die nach hinten hinausgehen, auf den Innenhof, wo sich die Wäscheleine hoch über die geparkten Autos spannt.
    Jeden Moment könnte einer der Nachbarn auftauchen, mich fragen, was ich hier mache. Trotzdem bleibe ich, wo ich bin, um dieser Tür, die mich nicht einlassen will, die Stirn zu bieten.
    Wie einschüchternd das ganze Eisen auch wirken mag, verbergen kann es mir nichts. Denn alles, was sich dahinter befindet, habe ich noch genau in Erinnerung. Ich weiß, wie die Türen und Fenster aussehen, wo die Pflanzen im Hof stehen, dass die Treppen grau sind. Monatelang bin ich sie, mit Einkaufstüten und Büchern bepackt, hochgestiegen. Im Juni schleppte ich den letzten Koffer hinunter.
    »Entschuldigung.«
    Mit einer schnellen Handbewegung trockne ich mir die Augen. Unschlüssig bleibt die junge Frau stehen, geht dann an mir vorbei und steckt den Schlüssel ins Schloss. Sie dreht ihn um, drückt einmal, zweimal gegen die Tür, ohne Erfolg. Sie stöhnt, versucht es wieder, nichts.
    »Warte.«
    Ich stecke den Schlüssel hinein und ziehe, bevor ich ihn herumdrehe, den Türgriff heran.
    »Danke.«
    »Ich habe hier gewohnt«, sage ich zu ihr, aber sie ist schon im Haus und hat die Tür hinter sich geschlossen.
 
    Es ist nicht deine Schuld. Schuld daran sind ich und diese widerwärtige Stadt, die mich allmählich krank macht. Unterwegs komme ich mir wie ein tollwütiger Hund vor, du solltest mich sehen. Du hast mich gesehen. Vielleicht hätten wir in Turin nicht wegen jeder Kleinigkeit gestritten, vielleicht wären wir in Turin noch zusammen, ich weiß es nicht. Vielleicht ist dir in Turin weniger bewusst, dass dieses Italien ein beschissenes Land ist.
 
    Meine Mutter betraut mich mit der getrockneten Wäsche und schließt die Balkontür. Heute Nacht wird es in der Stadt heiß hergehen, es ist besser, den Platz vor dem Fenster frei zu machen für mögliche Feuerwerkskörper, die dort landen könnten.
    Ich gehorche, während sie zu meinen Tanten in die Küche geht. Ich höre sie über irgendetwas lachen. Zu meiner Überraschung denke ich an nichts anderes als an die Handgriffe, die ich gerade vollführe: Ich falte zusammen, ordne, räume ein.
    Immer wieder haben Riccardi, die Belcari und De Lucia versucht, mich bis nach Hause zu verfolgen, aber ich war so geschickt, sie nicht reinzulassen.
    Es ist erst acht Uhr, aber ein paar Leute unten auf der Straße haben bereits angefangen zu böllern.
    Anscheinend finden einige Geschmack daran, einen Teil der Stadt in die Luft zu jagen. Was sie das ganze Jahr über machen, tun sie an Sylvester mit den Knallfröschen.
    Ich fühle mich von Giannis Stimme hinters Licht geführt. So geschickt bin ich letztendlich dann doch nicht.
    Ich lege meinem Bruder eine Hose und ein Sweatshirt aufs Bett. Er schaut kurz von der Gitarre auf, spielt mir einen falsch klingenden Akkord vor.
    Zwei Handtücher

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