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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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weil du mir nie aus dem Kopf gehen wirst. Es gibt nämlich etwas, das dich von allen anderen Frauen unterscheidet. Und, was das betrifft, auch von allen Männern. Die Leute verstehen nicht, du aber schon.
 
    Es ist fast fünf Uhr morgens, es ist spät. Gianni schläft, hat das Gesicht im Kopfkissen vergraben. Er ist mager geworden, die Haare hängen ihm tiefer in die Augen und länger über die Ohren als früher.
    Er ist wieder der Junge, der vor drei Jahren auf einer Wiese in den Tuilerien lag und las. Ich lief damals denWeg entlang und ging dann langsamer, um die Mädchen zu beobachten, die in seiner Nähe saßen und durch Gekicher und Annäherungsversuche seine Aufmerksamkeit auf sich lenken wollten. Er war in ein Buch vertieft, an dessen Titel ich mich nicht mehr erinnere und das er zuklappte, als ich zu ihm trat.
    Ich stehe auf, bringe die Kleidungsstücke ins Badezimmer. Das Mädchen im Spiegel hat die Augenringe einer durchwachten Nacht und mustert mich mit einem Lächeln um die Lippen.
    Lass das, bitte.
    Sie wäscht sich das Gesicht, putzt sich die Zähne, schminkt sich ein wenig die Augen. Ich weiß nicht, was sie denkt.
    Als ich fertig bin, gehe ich wieder hinüber. Ich habe keine Angst, mich im Finstern zu bewegen, vertraue mich ganz selbstverständlich meinen Beinen an, um das Sofa zu umrunden, ohne zu stolpern oder gegen den Couchtisch zu stoßen. Alles ist ruhig und behaglich, weicht, wenn nötig, zur Seite, macht mir Platz.
    Es ist alles in Ordnung, sage ich mir. Es gibt mich noch. Nichts hat sich verändert oder ist verloren gegangen. Nichts Neues konnte zwischen uns treten, sich einschleichen, sich einnisten, etwas säen, das mit der Zeit aufkeimt wie andere Gewohnheiten, Redensarten, Liebkosungen, die sich von unseren so unterscheiden, dass nur eine andere Frau dahinterstecken kann, die Art und Weise, wie diese andere oder diese anderen mit ihm schliefen. Ich war sehr aufmerksam, ob er sich irgendwie anders verhielt, aber es war wie immer: Bei allem, was Gianni heute Nacht tat, waren wir beide allein.
    Ich trete ans Bett, um ihn zu wecken: Es ist spät. Neben dem Nachttisch auf der Seite, die immer meine gewesen war, steht ein Karton. Meinen mit rotem Filzstift draufgekritzelten Namen kann man kaum lesen. Da sind sie also, meine illustrierten Ausgaben der Ilias, der Odyssee, der Ritter der Tafelrunde , dicht an dicht, versandbereit.
 
    Doch jetzt reicht es.
    Ich glaube nicht mehr, dass du es dir anders überlegen wirst. Tag für Tag, morgens und abends, habe ich mir gesagt: Sie kommt nicht zurück. Nun glaube ich daran.
    Es ist noch zu früh, um dir alles Gute zu wünschen und dass du mit einem anderen glücklich werden mögest. Ich schaffe es nicht, dennoch finde ich, dass es richtig wäre, daher sage ich es dir trotzdem, ohne es eigentlich zu wollen. Eines Tages werde ich die Kraft haben, es dir von Herzen zu wünschen, dem Menschen ins Gesicht zu blicken, mit dem du lebst, und mich geschlagen zu geben.
    Das wird passieren, ich weiß es. Das Leben geht weiter, sagst du.

10
    Als die Trojaner die Schiffe der Achaier in See stechen sahen, strömten sie durch die Tore der Stadtmauer nach draußen. Das hölzerne Pferd sah aus wie ein riesiges Spielzeug, das am Strand vergessen worden war, die schnelle Huldigung irgendeiner Gottheit, damit diese die Heimkehr erleichtern würde.
    Im Bauch des hölzernen Ungetüms atmete schweigend eine Handvoll Krieger. Sie pressten die Schilde gegen die Brust, als wären es wundertätige Gegenstände, die sie vor dem Feuer zu schützen vermochten. In der Dunkelheit konnten sie nur mit Mühe ihre Füße erkennen, aber sie blickten dennoch auf sie hinab. Von dort unten nämlich stiegen die wilden Schreie der Trojaner und die Glut ihrer Fackeln empor. Und beides zusammen drang unheilvoll zwischen die Bretter, ließ sie erglühen.
    So, dachten die Griechen. Uns steht ein unrühmlicher Tod bevor, während sie hinters Licht geführt wurden.
    Am heftigsten brannte die alte Stimme des Priesters Laokoons. Kurz darauf durchbohrte seine Lanze das Holz, stocherte nach einem Bein oder einem Arm, nach Feindesfleisch.
    O nein, dachten die Achaier, schwitzend und zitternd, vor Angst verrückt geworden im Inneren des Pferds. Sie machten sich darauf gefasst zu sterben.
    Doch nein: Nach und nach sorgte Sinon mit seinen Lügen dafür, dass die brennenden Fackeln erloschen, undüberredete die Trojaner, das Pferd in die Stadt zu ziehen, ja sogar die Mauern einzureißen, damit es

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