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Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der Leguan will das nicht: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giusi Marchetta
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Januar in die Klasse zurückkehrt.«
    »Halleluja«, sagt sie und hebt ihr Glas.
    »Auf mich.«
    Ich reagiere auf ihren ungläubigen Blick mit einem langsamen Kopfnicken. Nun ja.
    »Es gibt keine andere Wahl: Für Lehrer fehlt das Geld. De Lucia und die Belcari ziehen mit Santojanni in Klassenzimmer 9 um. Und ich bleibe mit Riccardi in der Klasse.«
    Schweigend trinken wir den restlichen Wein.
    »Machst du dir Sorgen?«, frage ich nach einer Weile.
    Margherita überlegt, sagt aber nichts: Ich habe den Eindruck, dass sie sich das noch nie gefragt hat.

9
    Ich habe zu Hause gesagt, dass du nicht mehr zurückkehrst. Luigi hat mich gefragt: Und du, was hast du gemacht? Ich habe zu ihm gesagt: Nichts. Er hat gesagt: Du hast einen Fehler gemacht. Deshalb schreibe ich dir, um etwas zu tun und eine bessere Antwort parat zu haben, wenn wir das nächste Mal von dir sprechen.
 
    Auf dem Parkplatz des Flughafens ziehe ich zuallererst meinen Mantel aus. Gegen ihr Auto gelehnt, betrachtet Anna meinen dicken Pullover, meine Stiefel: Zeugen einer kalten, nicht gastfreundlichen Stadt.
    »Schau doch mal nach oben und versuch, aufzutanken«, sagt sie und setzt sich hinters Lenkrad.
    »Ob du es glaubst oder nicht, auch im Norden scheint die Sonne.«
    Sie schüttelt den Kopf.
    »Reine Propaganda.«
    Wir nehmen die Umgehungsstraße und fädeln uns in den Weihnachtsverkehr ein, der die Stadt in Beschlag nimmt. Der nervenaufreibende Ansturm von Automobilen und Motorrädern hält während der gesamten Fahrt in die Innenstadt an, bis wir zu der Straße gelangen, die von Capodimonte hinunter ins Zentrum führt.
    So leicht, wie dich ein Fahrfehler das Leben kosten kann, wird er auch verziehen. In Neapel lebt man so, wie man Auto fährt.
    »Ich muss meinen Wohnsitz jetzt in Turin anmelden«, sage ich. »Ganz klar.«
    Anna wirft mir einen wütenden Blick zu und lächelt dann. Da sie sich so sehr über meine Rückkehr freut, dauert es einen Moment, bis sie merkt, dass die dumme Bemerkung von eben eine Tür geöffnet hat, die zumindest heute verschlossen bleiben und uns nicht weiter kümmern sollte.
    »Hast du was von Gianni gehört?«
    Ich verneine. Die Tür schließt sich wieder, wir atmen auf und stürzen uns gierig darauf, über die gemeinsamen Freundinnen zu reden, über den Typen, den sie gerade trifft, über die Familie, über jedes beliebige Thema, das uns beweisen wird, dass sich nichts verändert hat.
    Ich höre mich von Riccardi erzählen: Mit jedem Wort wird das Gymnasium zu einer beängstigenden Höhle, in der ein Monster, halb Schüler, halb Krankheit, sein Unwesen treibt.
    »Er hasst mich, es ist nichts zu machen.«
    Anna fährt schweigend weiter. Als wir an einer Ampel halten, schaltet sie in den ersten Gang und legt mir die Hand auf den Arm.
    »Ich hätte da auch geweint. Aber es hat bestimmt niemand gemerkt.«
    Ich wende den Blick nicht vom Seitenfenster. Es ist schließlich nur ein Job, denke ich. Apropos.
    »Und du?«
    Anna zuckt mit den Schultern und antwortet nicht.
    Während ich von den Stunden in Klassenzimmer 9 und den Klassenkonferenzen aufgesogen wurde, beteiligte sie sich an Kundgebungen und verfasste Beschwerdeschreiben. Sie hat die Bestimmungen studiert. Sie erduldet.
    »Sie nennen es Schutz für Angestellte im öffentlichen Dienst mit befristeten Arbeitsverträgen. Es ist ein Beschluss, der weitere Ranglisten aufstellt, die den Schulleitern als Grundlage dienen sollen, um neue Lehrvertretungen zu vergeben.«
    »Und das ist gut?«
    »Miserabel: Wenn du im vergangenen Jahr nicht gearbeitet hast, wirst du mit Sicherheit auch dieses Jahr nicht arbeiten, nicht einmal, wenn du an erster Stelle der offiziellen Rangliste stehst.«
    »Und gibt es Aussicht auf Verbesserung?«
    »Nein.«
    Mit sicherem, geübtem Einschlagen des Lenkrads manövriert Anna das Fahrzeug zwischen zwei schlecht eingeparkte Autos.
    »Und was jetzt?«
    Sie legt den Rückwärtsgang ein, stützt die Hand auf die Rückenlehne meines Sitzes und stellt dann den Motor ab.
    »Wir machen jetzt Repetitorien. Repetita iuvant. «
 
    Du hast immer von Neapel gesprochen: der Innenstadt, der Piazza del Gesù, dem Meer und all dem andern Scheiß. Du hast gesagt, dass es dir leidtäte, fortzugehen und alles zurückzulassen. Ich dachte, du wolltest zurückkehren, damit wir zusammen leben können, dass es vielleicht auch damit zu tun hatte. Ich habe dir aber trotzdem gesagt, dass Neapel es nicht wert sei, hierzubleiben. Und du blöde Kuh hast mir Recht gegeben.

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