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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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nicht beantworten muss, oder? Ich gehe davon aus, dass Ihnen Dulles’ Wohlergehen genauso am Herzen liegt wie mir.«
    Schweigen. Taggart gestand mir offensichtlich nicht zu, an etwas anderem als einem Sieg vor Gericht interessiert zu sein.
    »Ich kenne den Namen der Pflegemutter nicht.« Ein neuer Vorstoß, um Taggart in Sicherheit zu wiegen. »Aber sie hörte sich verzweifelt an, als sie mit meiner Assistentin sprach. Sie sagte, dass sie den Jungen an einen ›sicheren Ort‹ bringen würde.«
    »Ich glaube, dass sie grundlos in Panik verfallen ist«, erwiderte die gesetzliche Vertreterin des Waisenhauses. »Andrew Tripping hat keine besonderen äußeren Merkmale. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Verwechslung. Ich glaube, das ist viel Lärm um nichts.«
    »Wollen Sie, dass ich das morgen Vormittag zu Protokoll gebe?«
    »Ich würde Ihnen raten, dem Richter gegenüber nichts zu erwähnen, bis ich im Gericht erscheine. Seine Sekretärin bat mich, um vier Uhr nach Schulende zu kommen. Wir werden diesen Termin wahrnehmen.«
    »Aber jetzt wissen Sie, dass Dulles nicht einmal in die Schule gehen wird.«
    »Ich gehe davon aus, dass die Pflegemutter – die sehr zuverlässig ist – mich morgen früh als Allererstes kontaktieren wird. Dann können wir nach wie vor Richter Moffetts Plan einhalten.«
    »Hören Sie«, versuchte ich es erneut, »Sie brauchen nur ein Wort zu sagen, und die Polizei wird Ihnen helfen, die beiden zu finden. Wir können den Anruf zurückverfolgen, wir können mit dem Schuldirektor zusammenarbeiten. Ich verspreche Ihnen, dass ich die Gelegenheit nicht ausnutzen werde, um mit dem Jungen zu reden. Falls er tatsächlich in Gefahr sein sollte, dann ist es Sache der Polizei –«
    »Meinen Sie nicht, dass die Polizei schon genug Schaden angerichtet hat, als sie den Vater des Kindes in Handschellen abgeführt hat? Ihn über eine Woche auf Rikers Island festgehalten hat? Die Familie auseinander gerissen hat? Lassen Sie dieses Mal die Polizei aus dem Spiel«, sagte Taggart.
    »Dann sehen wir uns morgen Nachmittag, außer Sie brauchen vorher noch die Hilfe meiner Assistentin.«
    Ich legte auf und ging in die Küche. Im Kühlschrank fand sich ein einsames Stück köstliche cremige Entenmousse, die noch von meinen Wochenendeinkäufen übrig war. Ich stöberte noch ein paar Cracker und Cornichons auf, schenkte mir eine Diet Coke ein und ging ins Wohnzimmer, um mich vor der letzten Durchsicht des morgigen Plädoyers etwas zu entspannen.
    Das Telefon klingelte, noch bevor ich mich auf das Sofa setzen konnte. »Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben«, sagte Jake. »Ich dachte, du würdest früher zu Hause sein. Ich habe dir bereits drei Nachrichten hinterlassen.«
    »Ich war noch nicht einmal im Schlafzimmer, um meinen Anrufbeantworter abzuhören. Ich wollte mich gerade setzen, um etwas zu essen.« Ich beschrieb ihm mein Mahl.
    »Hört sich nicht so an, als ob es genug wäre, um Leib und Seele zusammenzuhalten. Das werde ich morgen Abend wieder gutmachen, müssen.«
    »Was ist das für ein Lärm im Hintergrund?«, fragte ich.
    »Die Party in der britischen Botschaft, von der ich dir erzählt habe. Alle Washington-Korrespondenten sind hier, so eine Art jährliches Pressetreffen. Mit Abendessen und Tanz, aber es löst sich gerade auf.«
    Ich hätte Jake gern gefragt, wer seine Begleitung war, aber nach unserem neuen Arrangement stand es uns beiden frei, unsere Freizeit mit jemand anderem zu verbringen, da unsere Jobs so häufig mit unserem Privatleben kollidierten. Stattdessen sagte ich ihm, dass ich es kaum erwarten konnte, ihn zu sehen, und versuchte ihm zu glauben, als er ins Telefon flüsterte, dass er mich liebte.
    Ich wählte die Nummer meiner besten Freundin Nina Baum in Kalifornien. Wir hatten im College ein Zimmer geteilt.
    »Tolles Timing. Ich komme gerade zur Tür rein.«
    Im Hintergrund hörte ich ihren vierjährigen Sohn vor Freude quietschen. »Ich häng schon wieder auf. Ruf mich am Wochenende an.«
    »Du hörst dich flau an, Alex. Was ist los?«
    Niemand kannte mich besser als Nina. Wir waren in guten wie in schlechten Zeiten immer füreinander da gewesen. Ich erzählte ihr von meinem Fall, davon, wie deprimierend es gewesen war, im Leichenschauhaus die Fotos von Queenie anzusehen, und wie eifersüchtig ich auf Jakes Begleitung war.
    »Du kennst meine Meinung zu dem Thema, Alex.« Nina mochte Jake Tyler nicht besonders. Im Gegensatz zu Adam Nyman, dem Medizinstudenten, den ich während

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