Der Leichenkeller
aufregte.
»Also, was haben Sie versäumt mir zu sagen?« Ich klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch. »Kannten Andrew und Harry sich?«
»Nein«, antwortete Paige schnell. Sie dachte kurz nach. »Jedenfalls nicht dass ich wüsste. Wieso hätten sie sich kennen sollen? Warum spielt das eine Rolle?«
»Weil alles, was passiert ist, eine Rolle spielt, ob Sie es glauben oder nicht. Ich muss genauso viel wissen wie Andrews Anwalt. Ich muss alle Details kennen, die er Robelon geben kann, weil Robelon sie benutzen wird, um Sie – und mich – in diesem Gerichtssaal zur Schnecke zu machen. Das ist der einzige Weg, wie ich Sie beschützen kann. Wenn ein Fremder durch Ihr Fenster eingestiegen wäre, Sie vergewaltigt hätte und dann wieder verschwunden wäre, dann wüsste er gar nichts über Sie, was er seinem Anwalt erzählen könnte.«
Sie nickte verständig.
»Aber dieser Mann hat drei Abende mit Ihnen verbracht und sich jedes Mal stundenlang mit Ihnen unterhalten. Und Sie haben mit ihm gesprochen. Sie haben ihm Dinge erzählt, von denen ich nicht erwarte, dass Sie sich an sie erinnern – kleine Dinge, persönliche Dinge, die vor der Vergewaltigung bedeutungslos erschienen. Aber ich kann unmöglich rekonstruieren, was Sie ihm erzählt haben, und ich habe keine Ahnung, was Andrew Peter Robelon erzählt hat. Wissen Sie, was schlimmstenfalls passieren kann?«, fragte ich.
Paige war verwirrt. Sie antwortete nicht.
»Ich werde es Ihnen sagen. Sie gehen am Abend des sechsten März mit Andrew aus. Hat Harry an jenem Abend in Ihrer Wohnung auf Sie gewartet?«
»Nein. Zu dem Zeitpunkt –«
»Denn alles, was Mr. Robelon tun muss, ist, den Geschworenen diesen Gedanken einzupflanzen. Er braucht nur ein Motiv, warum Sie gelogen haben.«
»Aber ich –«
»Hören Sie zu, Paige. Er muss sie nur überzeugen, dass Andrew Sie überredet hat, die Nacht mit ihm in seiner Wohnung zu verbringen. Sie wachen am Morgen auf, und Ihnen wird bewusst, dass Sie einem wütenden Freund erklären müssen, warum Sie nicht nach Hause gekommen sind –«
»Zu dem Zeitpunkt war Harry nicht mehr mein Freund. Ich hatte Wochen vorher mit ihm Schluss gemacht. Aber ich konnte ihn einfach nicht loswerden. Er wollte mich nicht in Ruhe lassen«, sagte sie flehentlich.
»Das ist alles, was Robelon braucht. Harry ist stocksauer, weil Sie die Nacht mit einem anderen Mann verbracht haben. Also sagen Sie Harry, dass es nicht Ihre freie Entscheidung war. Er glaubt Ihnen nicht, also schmücken Sie die Geschichte ein bisschen aus. Sie erzählen, dass Andrew Sie gezwungen hat. Dass er Sie gegen Ihren Willen festgehalten und vergewaltigt hat.«
»Auf wessen Seite sind Sie eigentlich?« Es war nicht das erste Mal, dass sich ein Opfer zu dieser Frage gedrängt fühlte. »Andrew hat mich vergewaltigt. Ich schwör’s. Und Harry war in der Nacht vom sechsten März nicht in meiner Wohnung. Warum sollte eine Frau über eine Vergewaltigung lügen?«
»Um ihren Hals zu retten. Um jemandem eins auszuwischen, der ihr anderweitig wehgetan hat. Ich habe keine Zeit, Ihnen alle Gründe aufzuzählen.«
Maxine klopfte erneut und steckte ihren Kopf zur Tür herein. »Der Richter lässt bitten.«
»Letzte Chance, Paige?« Ich stand jetzt so nah vor ihr, dass sich unsere Nasenspitzen fast berührten. »Wenn Sie mich zum Narren halten, werde ich dafür sorgen, dass man Sie wegen eidlicher Falschaussage anklagt. Gibt es noch etwas, das ich nicht weiß?«
»Nein, ich verspreche es Ihnen, Alex. Harry Strait hat mir Todesangst eingejagt, er war so eifersüchtig, so fordernd. Ich wollte seinen Namen nicht in diese Sache mit hineinziehen. Ich hatte keine Ahnung, dass er Kontakt zu Andrew Tripping hat. Ich weiß noch immer nicht, wie oder wann sie sich getroffen haben oder warum er heute hier ist.«
»Werden Sie mir dieses Wochenende von Harry erzählen? Kommen Sie entweder am Sonntag Nachmittag für ein paar Stunden in mein Büro oder rufen Sie mich an.«
Paige nickte.
»Sie müssen sich an alles erinnern. Wir müssen irgendetwas finden, was Strait und Tripping miteinander verbindet. Wer ist Harry Strait, und was wissen Sie über ihn? Warum hat er Ihnen Angst gemacht, und was meinen Sie mit ›fordernd‹?« Ich hoffte nach wie vor, um vier Uhr mit Trippings Sohn sprechen zu können, aber ich wollte wissen, warum Paige so viel Angst vor Strait hatte.
»Ja«, flüsterte Paige Vallis zögerlich. »Ja, ich werde Ihnen alles erzählen.«
»Und falls er jetzt wieder im
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